«Frau Merkel muss mit Herrn Obama reden»

Interview mit dem Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer

Ferdinand Dudenhöffer schließt eine schnelle Entscheidung über die Zukunft des Autobauers Opel aus. «GM spielt auf Zeit», sagte der Autoexperte im Interview mit der Autogazette. «Nach der Wahl wird man uns RHJ präsentieren.»

Für Ferdinand Dudenhöffer wird es vor der Bundestagswahl am 27. September keine Entscheidung über die Zukunft des Rüsselsheimer Autobauers Opel geben. «GM spielt auf Zeit. Man weiß, dass man den Finanzinvestor RHJ vor der Bundestagswahl nicht durchbringen würde. Nach der Wahl wird man uns dann aber RHJ präsentieren», sagte der Automobilexperte im Interview mit der Autogazette.

«Finanzinvestor wird favorisiert»

Wie Dudenhöffer hinzufügte, taktiere GM bereits seit zwei Monaten damit, Opel behalten zu wollen. «Bei GM hat man die Bedeutung des europäischen Marktes und auch die des Opel-Entwicklungszentrums erkannt. Deshalb favorisiert man den Finanzinvestor RHJ. Für GM ist RHJ nichts anderes als eine Finanzierungslösung, mit der man Opel in Zukunft bei GM belassen kann.»

Der Automobilexperte hält die Vorfestlegung der Bundesregierung auf den Zulieferer Magna trotz der zunehmenden Kritik für richtig. «Diese Vorfestlegung bringt zum Ausdruck, welche Stärken im Magna-Konzept stecken. Diese Stärken hat nicht nur die Bundesregierung gesehen, sondern auch Opel und die Betriebsräte.»

«GM taktiert seit zwei Monaten»

Autogazette: Herr Dudenhöffer, Wirtschaftsminister Guttenberg setzt bei Opel weiter auf eine Investorenlösung. Glauben Sie, dass GM Opel überhaupt noch verkaufen will?

Ferdinand Dudenhöffer: GM taktiert seit zwei Monaten damit, Opel behalten zu wollen. Bei GM hat man die Bedeutung des europäischen Marktes und auch die des Opel-Entwicklungszentrums erkannt. Deshalb favorisiert man den Finanzinvestor RHJ. Für GM ist RHJ nichts anderes als eine Finanzierungslösung, mit der man Opel in Zukunft bei GM belassen kann.

Autogazette: Sie gehen also davon aus, dass GM Opel ausschließlich an RHJ verkaufen will?

Dudenhöffer: Ja, man will Opel zu 100 Prozent behalten, doch das geht nur über die Finanzierungsoption RHJ. Magna hat man von Anfang an immer in den Hintergrund geschoben, obwohl Magna für Opel die bessere, stabilere und langfristige Alternative ist.

Autogazette: Kann sich GM nach der gerade überwundenen Insolvenz Opel überhaupt noch leisten?

Dudenhöffer: GM spielt auf Zeit. Man weiß, dass man den Finanzinvestor RHJ vor der Bundestagswahl nicht durchbringen würde. Nach der Wahl wird man uns RHJ präsentieren. Sollte die neue Bundesregierung dann die Bürgschaften nicht zur Verfügung stellen, wie Finanzminister Peer Steinbrück bereits gesagt hat, wird GM sagen, dass man Opel in die Insolvenz schicken muss. Bei GM geht man aber davon aus, dass Steinbrück einer neuen Regierung nicht mehr angehören wird.

«Merkel muss mit Obama reden»

Autogazette: Hat die Bundesregierung in den Verhandlungen mit GM überhaupt große Handlungsspielräume, eine Entscheidung herbei zu führen?

Dudenhöffer: Es ist enorm wichtig, dass das Gespräch mit den USA gesucht wird. Nicht auf Ministerialebene, sondern zwischen Frau Merkel und Herrn Obama. Nur sie kann das Bewusstsein für die Vorteile der Magna-Lösung schaffen.«

Autogazette: Warum wurden diese strategischen Vorteile noch nicht vermittelt?

Dudenhöffer: Weil bei uns die Verhandlungspartner sehr amateurhaft in die Gespräche gehen. Das Wirtschaftsministerium selbst hat immer wieder die Magna-Lösung in Frage gestellt. So hat Herr zu Guttenberg ja immer wieder Nachforderungen gestellt und gesagt, dass man alles offen lassen müsse. Wenn so jemand verhandelt, der kann natürlich auch nicht die Vorteile dieser Lösung überbringen.

Autogazette: Der Bundeswirtschaftsminister trägt für Sie eine Mitschuld daran, dass es noch keine Lösung gint?

Dudenhöffer: Durch diesen Verhandlungsstil im Bundeswirtschaftsministerium hat man einen großen Vorteil für Deutschland in den größten Nachteil verwandelt.

»Vorfestlegung war richtig«

Autogazette: EU-Kommissar Verheugen hat sich verwundert darüber gezeigt, dass sich die Bundesregierung zu früh auf Magna festgelegt hat. Hätte es ohne diese Vorfestlegung bereits eine Entscheidung für den Finanzinvestor RHJ gegeben?

Dudenhöffer: Diese Vorfestlegung auf Magna war richtig, nachdem man sich die Konzepte genau angeschaut hat. Diese Vorfestlegung bringt zum Ausdruck, welche Stärken im Magna-Konzept stecken. Diese Stärken hat nicht nur die Bundesregierung gesehen, sondern auch Opel und die Betriebsräte. Es war richtig, sich früh festzulegen. Hätte man das nicht getan, wäre Opel in die Insolvenz gegangen.

Autogazette: Opel-Betriebsratschef Klaus Franz befürchtet, dass im Falle eines Verbleibs bei GM die Werke in Bochum und Antwerpen geschlossen und Eisenach verkauft werden sollen. Eine berechtigte Befürchtung?

Dudenhöffer: Hundertprozentig berechtigt. Herr Franz kennt ja die Zusammenarbeit mit GM aus der Vergangenheit. Was in den vergangenen 30 Jahren nicht geklappt hat, wird auch in den nächsten drei Jahren nicht klappen. Wir dürfen nicht vergessen: GM steht schwächer da als je zuvor. Zwar sind sie gerade aus der Insolvenz herausgekommen, doch sie sind immer noch mit dem gleichen Management und den gleichen Technologien unterwegs.

Das Interview mit Ferdinand Dudenhöffer führte Frank Mertens

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