Mazda MX-30 R-EV: Der rotierende Selbstversorger

Mazda MX-30 R-EV: Der rotierende Selbstversorger
Der Verbrauch des Mazda MX-30 R-EV ist trotz Zusammenspiel von Verbrenner und E-Motor nicht gerade gering. © Axel F. Busse

Das gibt es nur bei Mazda: Ein Plug-In-Hybrid, der seinen Strom nicht nur an der Steckdose holt, sondern mittels Kreiskolbenmotor unterwegs selbst erzeugt. Wie sich der MX-30 R-EV in der Praxis schlägt, zeigt unser Alltagstest.

Seit der deutsche Ingenieur Felix Wankel vor fast genau 70 Jahren den nach ihm benannten Kreiskolbenmotor erfand, hat dieses Antriebskonzept allerlei Höhen und Tiefen erlebt. Nicht nur Pkw (bei Mercedes und Volkswagen), auch Boote und Flugzeuge hat dieses Aggregat angetrieben. Heute pflegt nur noch Mazda das einzigartige Rotationsprinzip und kann dabei auch auf einen nie mehr wiederholten Sieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans verweisen.

Das Wankels Erfindung noch zum Stromerzeuger mutiert, war nicht abzusehen, ist aber einleuchtend. Im Unterschied zum Hubkolbenmotor baut das Aggregat sehr kompakt, so dass er sich auch in ein bestehendes Fahrzeug-Konzept integrieren lässt. Nach den Sportwagen Cosmo, RX-7 und RX-8 ist der MX-30 nun das vierte Mazda-Serienmodell, das einen Wankelmotor an Bord hat. Der MX-30 begnügt sich mit einer Rotations-Scheibe, als Leistung werden 75 PS erreicht.

Hersteller verspricht 680 Kilometer

Für den Vortrieb über die Vorderachse sorgt jedoch ein 170 PS starker Elektromotor, der damit sogar 25 Pferdestärken mehr mobilisiert, als in der rein elektrischen Variante des MX-30. Beide Versionen sind in der Basis-Ausführung für 36.000 Euro zu haben. Der Plug-In-Hybrid mit Top-Ausstattung kostet 45.000 Euro. Der Vorteil der Stromerzeugung durch Verbrenner soll unter anderem darin liegen, dass der Motor anforderungsunabhängig mit einer weitgehend konstanten Drehzahl läuft, was den Verbrauch auf gleichbleibendem Niveau halten würde. Ein 50-Liter-Tank und eine 17,8-kWh-Batterie ermöglichen laut Hersteller eine Gesamtreichweite von 680 Kilometern, wovon 85 km vom Elektrokonto abgebucht werden.

Optiscj ansprechend: das Cockpit des Mazda MX-30 R-EV. Foto: Axel F. Busse

Soweit die Theorie. In der Praxis spielen bekanntlich auch Faktoren wie Beladung und Außentemperatur eine Rolle, wenn es um die Einlösung solcher Versprechen geht. In unserem Test war in der Regel nach 65 bis 70 Kilometern Strecke die Batterie leergesaugt, so dass der Wankel in Aktion trat. Beim Stromverbrauch ist also mit einer 20 vor dem Komma zu rechnen, der Wankelmotor verlangte zwischen sieben und acht Litern auf 100 km.

Laden mit bis zu 36 Kilowatt

Eine nachahmenswerte Idee im Cockpit-Design ist die Tacho-Darstellung. Statt mit irritierenden Jingles oder nervigen Sprachhinweisen auf eine geringfügige Überschreitung des Limits hinzuweisen, wird in der Skala des Rundtachos ein roter Bereich aufgemacht, der klar und wirksam die Information vermittelt, dass sich die fahrende Person jetzt auf „dünnem Eis“ bewegt. Die Rekuperationsleistung ist über Lenkrad-Paddel einstellbar. Der Fahrer kann die Ladefunktion mit einem „Charge“-Schalter zu jeder Zeit selbst aktivieren, an der Stromtanke wird der Akku mit maximal 36 kW in einer halben Stunde von 20 auf 80 Prozent Füllstand gebracht.

Wenn der Kreiskolben rotiert, ist es mit der sonst sehr angenehmen Ruhe an Bord leider vorbei. Im Schnitt können bei 100 km/h Tempo mehr als 62 dB in der Kabine gemessen werden, woran allerdings Abroll- und Windgeräusche ihren Anteil haben. Dass von dem Wankelmotor nur geringe Vibrationen ausgehen, ist im Alltagsbetrieb durchaus zu bestätigen, die anhaltend brummige Soundkulisse kann auf der Langstecke aber leicht als störend empfunden werden. Das Geräuschniveau ist kaum zu mindern, da der Verbrenner 4500 Umdrehungen braucht, um seine volle Leistung zu generieren. Wer den Akkustand permanent hoch hält, hat’s ruhiger.

Gegenläufige Türen

Nicht nur beim Antrieb setzt der MX-30 eigenwillige Maßstäbe, auch in der Kabine wird konsequent daran erinnert, dass man in einem rundum eigentümlichen Pkw unterwegs ist. Das Prinzip der gegenläufig öffnenden Türen ohne B-Säule hat gewiss einen exklusiven Charme, besonders praktisch ist es hingegen nicht. Dieses Erbteil vom RX-8 führt zwangsläufig dazu, dass vorne Sitzende aussteigen müssen, wenn hinten jemand das Fahrzeug verlassen will. Das ist natürlich bei Coupés nicht anders, aber die haben auch nicht auf jeder Fahrzeugseite zwei Türen.

Mazda verspricht eine Reichweite von 680 Kilometer für den MX-30 R-EV. Foto: Axel F. Busse

Die objektiv vorhandene Enge auf der hinteren Sitzbank, wo die Kabine 1,35 Meter breit ist, wird subjektiv verstärkt durch die relativ kleinen und nicht zu öffnenden Seitenfenster. Klaustrophobisch veranlagte Menschen sollten deshalb lieber ausgiebig Probesitzen, bevor eine Kaufentscheidung getroffen wird. Für die vorn Sitzenden ist zwischen den Türverkleidungen 1,43 Meter Platz, ein Durchschnittswert in der Kompaktklasse, ebenso wie die Ladekante, die 73 Zentimeter hoch ist. 350 Liter Kofferraum stehen zur Verfügung, nach Umlegen der Rücksitzlehnen sind es 1155 Liter. Die Möblierung des Fahrgastraumes weiß durch wohnlich-zweckmäßiges Ambiente sowie die Verwendung außergewöhnlicher Materialien zu gefallen. Korkabdeckungen und Textilbezüge unterstreichen den extravaganten Charakter des Fahrzeugs.

Am Fahrverhalten gibt es nichts zu tadeln, weil die angenehm direkte Lenkung einen sicheren Zugriff auf das Verkehrsgeschehen garantiert. Trotz der eher straffen Abstimmung des Fahrwerks können Federn und Dämpfer ihre Fähigkeit zum Komfort nicht verleugnen. Ob das Herausstechen aus der Masse durch Karosserie-Konzept und Antrieb allein für anhaltend glückliche Kunden sorgen kann, obliegt dem individuellen Empfinden jedes Einzelnen. Das gilt erst recht für die Tatsache, dass einem sportlich-dynamisch gestylten Crossover-Pkw bei Tempo 140 generell der „Saft“ abgedreht wird. Der weitaus größte Teil der deutschen MX-30-Kunden entschied sich vergangenes Jahr für den reinen Elektroantrieb.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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