Brennstoffzellenfahrzeuge bieten gegenüber reinen Elektroautos deutliche Vorteile. Doch von einem Durchbruch ist diese Technologie noch weit entfernt, vor allem auch wegen der fehlenden Infrastruktur für Wasserstoff.
Alle Welt redet vom batteriebetriebenen Elektroauto. Doch die automobile Zukunft könnte auch andere zukunftsweisende Antriebe bieten, die bislang als zu teuer oder zu umständlich galten. Ein aussichtsreicher Kandidat ist Wasserstoff. Der gasförmige Energieträger kann mit jeder denkbaren Energiequelle erzeugt werden. Selbst überschüssiger Strom aus Sonne und Wind kann mit seiner Hilfe gespeichert werden und der gewonnene Wasserstoff als Kraftstoff für Autos und Lastwagen dienen. Der Durchbruch für eine breite Anwendung ist aber noch lange nicht geschafft. Bislang kommt die Industrie nur schleppend voran.
Wasserstoff bietet keine Reichweitenbegrenzung
Autos können mit Wasserstoff fast genauso lange Strecken wie mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren zurücklegen, ohne dabei Schadstoffe auszustoßen. Das ist ein deutlicher Vorteil gegenüber batteriebetriebenen Elektroautos - die müssen nach derzeitigem Stand nach etwa 150 Kilometern wieder an die Steckdose. Der Durchbruch für den Wasserstoff schien vor knapp zwei Jahren fast geschafft. Schon im September 2009 wollte der damalige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee die Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie etablieren.
Sein Ziel war es, ab 2015 die serienmäßige Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen zu ermöglichen. Voraussetzung dafür wäre eine flächendeckende Versorgung mit Wasserstofftankstellen. Doch die lässt auch zwei Jahre nach der Ankündigung auf sich warten. In Deutschland haben 2010 gerade einmal 27 Wasserstofftankstellen den gasförmigen Kraftstoff angeboten, 13 weitere sind geplant, wie TÜV-Süd-Sprecher Thomas Oberst berichtet. Weltweit gebe es 212 Wasserstoff-Tankstellen, weitere 127 seien konkret geplant.
Vielen Autobauern fehlt Fahrplan
Doch nicht nur die geringe Anzahl entsprechender Tankstellen bremst - auch die Autokonzerne fahren mit angezogener Handbremse. Nur wenige Autobauer haben einen konkreten Fahrplan für die Markteinführung veröffentlicht. Bei Opel sollen ab 2015 die ersten Serienfahrzeuge aus den Hallen rollen. Daimler will spätestens ab 2015 Brennstoffzellenfahrzeuge in Großserie auf den Markt bringen. BMW arbeitet nach eigenen Angaben derzeit vor allem an Lösungen für die Wasserstoff-Speicherung.
Volkswagen sieht zwar das Potenzial der Technologie, glaubt aber nicht, dass diese sich in wenigen Jahren durchsetzen wird. «Es fehlt einfach immer noch die Infrastruktur,» sagt VW-Sprecher Peter Weisheit. «Dass sie in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung stehen wird, ist unrealistisch.»
Auch die Anschaffungskosten drosseln den umweltfreundlichen Antrieb. Fahrzeuge mit Brennstoffzelle würden bis 2020 einige tausend Euro mehr kosten als solche mit Verbrennungsmotoren, ergab eine Studie der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW/Berlin). «Das liegt an den relativ kleinen Stückzahlen, die am Anfang produziert werden», sagt Arnulf Thiemel, technischer Berater beim Autoclub ADAC. Zudem handele es sich um eine neue und sehr teure Technik. Alleine die Brennstoffzelle, die zum Teil aus dem Edelmetall Platin besteht, koste derzeit mehrere tausend Euro. Ferner müssen die Fahrzeuge mit einem Hochdrucktank ausgestattet sein, in denen der Wasserstoff transportiert werden kann.
Weniger als 100 Brennstoffzellenfahrzeuge
Derzeit fahren weniger als 100 Brennstoffzellenautos auf den Straßen Deutschlands, wie das Kraftfahrt-Bundesamt mitteilt. Die Mineralölbranche, die für eine flächendeckende Infrastruktur sorgen soll, hält sich bedeckt. Sie will nicht investieren, ohne sicher zu sein, dass die Wasserstofftankstellen tatsächlich benötigt werden. So schrieb sich Shell schon 2009 den Ausbau der Wasserstoffversorgung auf die Fahnen - doch bislang hapert es an der Umsetzung. Bisher hat der Ölriese noch keine einzige Wasserstofftankstelle in Betrieb genommen. Wann das geschehen soll, vermag das Unternehmen nicht zu sagen, wie Shell Deutschland Oil mitteilt.
Bis die ersten Serienfahrzeuge tatsächlich durch eine mit Wasserstoff-Zapfsäulen gespickte Landschaft rollen, wird es also noch ein paar Jahre dauern. Doch die Technologie ist vielversprechend, denn Wasserstoff und Brennstoffzelle sind ein eingespieltes Team. Das Gas kann aus jeder erdenklichen Energiequelle hergestellt werden, - in Zeiten knapper werdender Ressourcen ein echter Gewinn, als ökologisch sinnvoll werden allerdings nur erneuerbare Energiequellen angesehen. Dank der Brennstoffzelle fallen bei der Umwandlung von Wasserstoff in Energie keine weiteren Umweltbelastungen an, denn dabei entsteht kein einziges Gramm Kohlenstoffdioxid. Stattdessen entweicht lediglich ein wenig Wasserdunst aus dem Auspuffrohr.
Klingt nach einer langfristig idealen Lösung für die Autohersteller, die unter Druck stehen, dass ihre Wagen nach den EU-Vorgaben schadstoffarmer werden müssen. «Da helfen uns auch die emissionsfreien Fahrzeuge», sagte Daimler-Sprecherin Eva Wiese. «Außerdem wird es nicht ewig möglich sein, Kraftfahrzeuge mit Benzin und Diesel anzutreiben. Die Ölquellen werden irgendwann versiegt sein. Für diese Zeit stellen wir jetzt die Weichen.» Daimler ist gerade mit drei Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf einer Welttour unterwegs und wird dabei 30.000 Kilometer absolvieren. Damit wollen die Stuttgarter die Alltagstauglichkeit dieser Technologie unter Beweis stellen. (AG/dpa)