Glas nimmt beim Autobau eine immer weiter tragende Rolle ein. Dabei stehen nicht nur Designelemente im Vordergrund, auch die Sicherheit muss gewährleistet sein.
Glas spielt im Automobilbau zunehmend eine buchstäblich tragende Rolle. So sollen Autoscheiben inzwischen nicht nur für den nötigen Durchblick beim Fahren sorgen, sondern auch die Sicherheit und Stabilität des Wagens gewährleisten. Damit wachsen aber auch die Anforderungen an das Material. Deshalb bestehen Autoscheiben längst nicht mehr allein aus Glas: Manche Frontscheiben setzen sich bereits aus sieben verschiedenen Lagen Glas, Kunststoff und Beschichtung zusammen.
Größer und geräumiger
Grundsätzlich steigt der Anteil der Fensterflächen von Autos seit Jahren. Sorgten 1980 im Schnitt noch 3,4 Quadratmeter Glas im Auto für freie Sicht, waren es nach Berechnungen des Herstellers Saint-Gobain Sekurit in Aachen im Jahr 2002 bereits 4,1 Quadratmeter. «Heute liegt der Durchschnitt bereits bei 4,5 Quadratmetern pro Fahrzeug», sagt Volkmar Offermann, Marketing-Manager bei Sekurit.
Als Gründe für diese Entwicklung nennen Designer wie Friedhelm Engler von Opel in Rüsselsheim vor allem zwei Aspekte. «Natürlich genießt man durch größere Scheiben einen besseren Ausblick», sagt Engler und verweist etwa auf die bis weit hinter den Scheitel gezogene Panorama-Scheibe im Astra GTC, die so ähnlich auch im Citroen-Van C4 Picasso gibt. Zudem veränderten große Scheiben die Wahrnehmung des Innenraumes im Auto: «Wenn der Wagen von Licht durchflutet wird, wirkt er größer und geräumiger», erläutert Engler.
Erhöhte Verwindungssteifigkeit
Die Entwickler stellt das aber vor eine schwierige Aufgabe. Sie müssen die Karosserie so konstruieren, dass sie trotz größerer Fensterflächen frei von Verwindungen bleibt. «Während sich Blech unter zu hoher Belastung verbiegt, wird das Glas einfach brechen. Deshalb muss die Konstruktion um die Scheiben herum entsprechend steif sein», sagt Offermann.
Mitunter kann Glas aber sogar stabiler sein als Stahl, sagt Peugeot-Sprecher Bernhard Voss in Saarbrücken und führt als Beispiel das beinahe durchgehende Glasdach im Peugeot 307 SW und 407 SW an. «Aus Untersuchungen wissen wir, dass sich die Verwindungssteifigkeit der Karosserie mit Panorama-Glasdach gegenüber dem herkömmlichen Blechdach deutlich erhöht, was bei Unebenheiten auf der Straße mehr Fahrsicherheit und Komfort bedeutet», sagt Voss. Zwar schätzten viele das Risiko bei einem Unfall höher ein, wenn das Fahrzeug ein Glas- statt eines Stahldachs besitzt. «Doch objektiv gibt es keinen Unterschied in den Crashergebnissen», sagt Voss.
Spezielle Beschichtungen
Allerdings kritisieren Experten etwa vom ADAC oder vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) den wachsenden Anteil an Fensterflächen im Auto. Da die verbleibenden Karosseriestreben immer dicker werden, verschwinde viel im toten Winkel: «Die Gefahr, beim Abbiegen, Spurwechsel oder Einparken Fahrzeuge oder Fußgänger zu übersehen, ist deutlich gestiegen», so die ADAC-Tester.
Die Glashersteller wollen indes auch bei schlechtem Wetter für mehr Durchblick sorgen: So werde das Glas immer häufiger mit einer speziellen Beschichtung versehen, die Wasser leichter abperlen lässt und so die Sicht bei Regen verbessert. Zudem setzt die Industrie nach Angaben eines Sprecher des Glashersteller-Verbandes AAGMA verstärkt auf schalldämmendes Glas, um das Geräuschniveau im Wagen zu senken.
Filter gegen Hautkrebs
Auch die Isolierung gegen Licht und Wärme spielt eine Rolle. «Zwar wollen es alle im Auto schön hell, doch aufheizen soll sich der Wagen bitte nicht», so Sekurit-Manager Offermann. Deshalb bietet die Industrie Verglasung mit einem speziellen UV-Filter an, der heute in den meisten Scheiben eingearbeitet ist. Dass ein solcher Schutz sinnvoll sein kann, zeigen auch Untersuchungen von US-Medizinern: Diese haben bei Autofahrern durch die starke Sonneneinstrahlung ein vergleichsweise höheres Hautkrebsrisiko nachgewiesen. (Von Thomas Geiger, dpa)