Dachzelte für Autos werden immer beliebter. Auch Porsche bietet so etwas an. Doch macht so etwas bei einem Sportwagen Sinn?
Auf den Outdoor-Trend hat Porsche mit einem seit November verfügbaren Angebot reagiert. Stolze 5.000 Euro kostet der mit großem Porsche-Schriftzug versehene Kasten, der auf einem Dachträger ruht. Das Zelt stammt zwar von iKamper, doch Porsche hat der äußeren Hartschale einen aerodynamischen Feinschliff verpasst, der sich unter anderem akustisch bezahlt macht.
Störende Windgeräusche zwischen Dach und Aufbau haben wir während unserer mehrstündigen Anfahrt zur Saddlerock Ranch im Hinterland von Los Angeles jedenfalls keine wahrgenommen.
Eher ein Fremdkörper
Trotz der Abenteuer-Optik des Taycan Cross mutet die Box aber eher wie ein Fremdkörper denn schmückendes Beiwerk an. Und trotz Windkanal-Optimierung sorgt der Kasten für einen nicht unerheblichen Mehrverbrauch, wie Porsche einräumt, was sich im Fall des elektrischen Taycan entsprechend negativ auf die Reichweite auswirkt. Konkrete Zahlen, wie viel das im Detail ausmacht, nennt der Sportwagenhersteller nicht. Allerdings kann das Dachzelt auch positiv auf die Reichweite einzahlen, da es zu entspannter Fahrweise nötigt: Mit dem Aufbau sind 130 km/h das obere Limit.
Allein angesichts der Tempobeschränkung werden sich viele die Frage nach dem Sinn der Dachzelt-Sportwagen-Kombination stellen. Sehr viel Sinn sieht darin der US-Amerikaner Brock Keen. Mit einem bereits betagterem 911 der Reihe 996 ist er mit Frau und Hund Lucy ebenfalls zur Ranch angereist. Keen ist Produzent und Protagonist des Social-Media-Formats „996 Roadtrip“, in dessen Zentrum Impressionen von Reisen mit seinem Elfer mit Dachzelt stehen.
Seit 2018 hat er diverse Touren dokumentiert, auf denen er schon hunderte Male auf dem Dach des 996 übernachtet hat. Für Keen ist das Dachzelt generell die bessere Alternative zum klassischen Bodenzelt. Das Nachtlager lässt sich sehr schnell aufbauen. Selbst bei Starkregen bleibt man „untenrum“ trocken. Außerdem ist man vor Tieren besser geschützt. Speziell auf dem Sportwagendach ist im Vergleich zum SUV außerdem die Einstiegshöhe niedrig.
Grandioses Panorama
Auch uns hat sich der Reiz dieser Kombination im Praxistest erschlossen. Mit dem kraxelaffinen Taycan Cross Turismo sind wir auf dem weitläufigen Gelände der Ranch eine steile Schotterpiste zu einem einsamen Plätzchen mit grandiosem Berg- und Pazifik-Panorama hinaufgefahren. Ein idealer Standplatz war schnell gefunden.
Anschließend brauchte es lediglich ein paar Handgriffe, um das Nachtlager mit Deluxe-Aussicht aufzuschlagen. Zunächst wird, unterstützt von Gasdruckdämpfern, die obere Hartschale hochgeklappt und parallel das Fußende des Zeltbodens samt angehängter Leiter ausgeklappt. Schon steht das Zelt. Anschließend müssen noch die solide Teleskopleiter, die das Zelt zusätzlich stützt, ausgerichtet und arretiert sowie mit Hilfe von Metallstangen das Vorzelt aufgespannt werden. Im Zeltboden liegt eine fein gearbeitete, allerdings etwas dünne Schaummatratze. Legt man anschließend Bettzeug oder ein Schlafsack hinein, ist das Nachtlager perfekt.
Platz für zwei Personen
Mit 2,10 x 1,30 Meter ist die Liegefläche für zwei Personen ausreichend dimensioniert. Wird das Zelt auf einer Dachreling montiert, verträgt die Konstruktion 190 Kilogramm. Außen wie innen beeindruckt das Textil-Apartment mit tadelloser Verarbeitung und angenehmen Materialien, was angesichts des Preises allerdings selbstverständlich sein sollte.
Die Zelthaut besteht aus einem atmungsaktiven Baumwollmischgewebe, was für gutes Klima auch im geschlossenen Zustand sorgt. Besonders positiv sind uns während der Nacht der topfebene und vor Kälte schützende Boden sowie die Abwesenheit nerviger Geräusche aufgefallen.
Bewegt man sich im Zelt, wird dies nicht von Quietschen oder Knarzen begleitet. Außerdem schaukelten wir nicht hin und her, denn der Taycan Cross ist ein Sportwagen und also ein alles andere als wankelmütiger Typ. Muss man nachts aufs Töpfchen, kann die schlaftrunkene Kletterpartie auf der Leiter allerdings etwas lästig sein. Doch der flache Sportwagen-Unterbau macht den Abstieg kurz.
Toleranz für Wildcamper
Das Konzept Dachzelt hat natürlich auch Schwächen. Doch wer dieses auf dem Dach seines Pkw mitführt, hat stets die Möglichkeit, an schönen Orten spontan ein Päuschen mit Übernachtung einzulegen. Vor allem in einem Land wie den USA mit großartiger Wildnis und toleranten Regeln für Wildcamper ist das eine reizvolle Outdoor-Option. Deutschland ist enger und reglementierter.
Doch auch hier finden sich charmante Plätze jenseits überfüllter Campinganlagen, die ein durchaus romantisches Setting für einen Dachzelt-Trip bieten können. Man muss sie nur suchen und sich außerdem trauen, der Komfortzone von Hotels zu entsagen. (SP-X)