ZF AVE 130: Kleine Achse mit großer Wirkung

Elektrischer Antrieb für Stadtbusse

ZF AVE 130: Kleine Achse mit großer Wirkung
Mit der ZF Portalachse AVE 130 wird der Bus elektrisch angetrieben. © ZF

Die Schadstoff-Emissionen müssen nicht nur in den Städten sinken. ZF hat mit der Portalachse AVE 130 einen elektrischen Antrieb entwickelt, der den öffentlichen Nahverkehr sauberer gestaltet.

Fahrverbote und Tempolimits beherrschen derzeit den städtischen Verkehrsalltag. Berlin versucht, mit einzelnen Tempo 30-Zonen in der Innenstadt, mehr Schadstoffemissionen zu vermeiden. ZF setzt dagegen am Fahrzeug selbst an und elektrifiziert die Busse des öffentlichen Nahverkehrs. „Die Portalachse AVE 130 ist eine Antwort, um einen Beitrag zur Elektromobilität im urbanen Bereich zu leisten“, sagt Gerhard Obermaier, Leiter Strategische Entwicklung Achssysteme für Busse, Division Nutzfahrzeugtechnik bei ZF, im Gespräch mit der Autogazette.

Das System ist für Stadtbusse mit einer Maximallast von 13 Tonnen konzipiert. Nahe der beiden Räder arbeiten zwei Elektromotoren mit einer Leistung von jeweils 125 kW/170 PS und einem Drehmoment von zwei Mal 485 Newtonmetern bei Drehzahlen von bis zu 11.000 Umdrehungen pro Minute.

E-Maschine gerade einmal 165 Millimeter lang

„Die E-Maschine der AVE 130 ist als hochdrehender Motor konzipiert“, sagt Obermaier. Aufgrund der „hohen Leistung durch Drehzahl“ könne der Motor kleiner dimensioniert werden und bietet so Vorteile bei der Integration der Elektromaschine. Gerade einmal 165 Millimeter in der Länge bei einem Durchschnitt von 300 Millimetern misst die E-Maschine. „Durch die hohe Integration in den Radkopf der Achse können die identischen Schnittstellen einer konventionellen Antriebsachse realisiert werden. Dies ermöglicht eine Gleichteileverwendung der Achsaufhängungsteile, wie Lenker, Federträger inklusive Luftfedern und Stoßdämpfer. Die mechanische Anbindung der Achse in den Fahrzeugaufbau ist identisch“, sagt der Experte aus dem ZF-Werk in Passau. Das schafft Synergieeffekte.

Die auf der Hinterachse niederflurig angebrachten Motoren schaffen aber auch Platz im Innenraum, sodass die hinteren Sitzreihen individuell eingebaut werden können und sich nicht nach dem Einbau der Aggregate richten müssen. Und was für Obermaier auch noch wichtig ist: „Durch die innovativen Konzepte ist auch hinten ein durchgängiger barrierefreier Zustieg möglich.“ Für einen Stadtbus ein Muss.

AVE 130 spart bis zu 500 Kilogramm Gewicht ein

Die Portalachse AVE 130 nimmt kaum Platz in Anspruch. Foto: ZF
Die ZF AVE 130 ist unterflurig verbaut. Foto: ZF

Neben dem Platz findet auch ein Spareffekt beim Gewicht statt. Gerade einmal 1220 Kilogramm wiegt die gesamte Einheit mit Lenkern, Federn und Dämpfern. Im Vergleich zu anderen Lösungen mit einem zentralen Elektromotor bedeutet das ein Mindergewicht von 500 Kilogramm. 500 Kilogramm weniger, die bewegt werden müssen und somit auch Energie einsparen, die dann in mehr Reichweite umgesetzt werden können.

Ebenso wertvoll ist die Variabilität der Portalachse. So könnte laut Obermaier das System „grundsätzlich mit allen Antriebskonzepten harmonieren.“ Also als Hybrid gemeinsam mit einer Brennstoffzelle oder Batterie oder Oberleitung fungieren. Was aber wohl nicht erfolgen wird. „In der Praxis sehen wir eine zunehmende Fokussierung auf den rein elektrischen Antrieb, dann ausgeführt als batterie-elektrischen Antrieb.“

Portalachse im Bus des Jahres unterwegs

Gerhard Obermaier
Gerhard Obermaier leitet die strategische Entwicklung. Foto: ZF

Dafür hatten die Ingenieure im Versuchsstadium die elektrische Antriebseinheit im landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. Das könnte auch als Serienangebot auf die Serienfertigung für die Stadtbusse folgen. Denkbar wäre dann auch, alle zur Verfügung stehenden Achsen anzutreiben, um über den Acker zu pflügen. Aber auch „in Städten mit einer anspruchsvollen Topographie oder Alpenregionen können beide Hinterachsen bei Gelenkbussen angetrieben werden. Möglich ist dies durch die Nutzung identischer Schnittstellen der konventionellen Niederflurachsen“, so Obermaier.

Seit über einem Jahr ist die Portalachse in der Serienfertigung und wird bereits in verschiedenen Kommunen wie Stuttgart, Mannheim oder Bonn eingesetzt. Dabei ist das System nicht auf einen Hersteller beschränkt, sondern arbeitet bereits im Bozankaya Sileo Solobus und Gelenkbus sowie im Urbino 12 electric – immerhin der aktuelle Bus des Jahres. Und auch bei einem weiteren Titelträger findet die Ave 130 demnächst Unterschlupf. Neu angekündigt wurde der Einsatz im Daimler Citaro, der 2013 zum Bus des Jahres gewählt wurde. Und wer demnächst bei der Stadtrundfahrt den Eifelturm ohne Dieselgeräusche bewundert, sitzt im elektrischen Sight-Seeing Doppeldecker von Ankai. Denn die urbane Elektromobilität bleibt nicht auf deutsche Kommunen beschränkt, die sich derzeit verstärkt um bessere Luft kümmert.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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