Yamaha Tracer 9: Nicht nur für die schnelle Hausrunde

Yamaha Tracer 9: Nicht nur für die schnelle Hausrunde
Unterwegs mit gutem Windschutz: die Yamaha Tracer 9. © Yamaha

Die Yamaha Tracer 9 ist eine Alleskönnerin. Mit ihr kann man sowohl auf die schnelle Hausrunde gehen, als auch mal längere Strecken hinter sich bringen.

So herrlich leicht und locker sich die neue Yamaha MT-09 auch fahren lässt – sie ist kein Motorrad für alle. Einerseits polarisiert ihre an einen japanischen Transmitter erinnernde Optik, andererseits haben viele Motorradfahrer Ansprüche an Platz und auch an Komfort, welche die gertenschlanke MT-09 nicht zu erfüllen vermag.

Insofern ist Yamaha gut beraten, dem sehnigen Handlingwunder eine etwas fülligere Halbschwester zur Seite zu stellen, die diesbezüglich ein dickes Plus bietet, ohne dadurch beim Handling ins Negative abzugleiten.

Tracer 9 wiegt 210 Kilogramm

Mit den 21 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber der MT-09 – die Tracer 9 bringt vollgetankt 210 Kilogramm auf die Waage – hat der 889 Kubikzentimeter große Dreizylinder-Reihenmotor erwartungsgemäß keinerlei Probleme: Der primär in der Drehzahlmitte sehr starke Triple zeigt sich jeder Herausforderung – auch im Zweipersonenbetrieb – mit Leichtigkeit gewachsen. Die Maximalleistung von 119 PS bei 10.000 U/min. ist nur selten vonnöten, weil zwischen etwa 4.500 und 8.000 Touren jede Menge Kraft an der Kette zerrt.

Nicht ganz optimal abzulesen: die Anzeigen bei der Yamaha Tracer 9. Foto: Yamaha

Andererseits ist der nach EU 5 homologierte Motor beim Drehzahlaufbau richtig fix, so dass nie das Gefühl aufkommt, dass man ihn mit hohen Drehzahlen quälen würde. Untenrum ist es nicht anders, so dass wir den Yamaha-Triple zur Spezies der ideal gelungenen Motorradmotoren zählen. Dies umso mehr, als die Tracer 9 mit einem Normverbrauch von fünf Liter pro 100 Kilometer nicht nur als sparsam gelten darf, sondern sich auch mit 5 bis 5,5 Litern sehr flott bewegen lässt. Die Reichweite liegt deshalb bei gut 300 Kilometern.

Neuer Aluguss-Rahmen

Deutlich vom Vormodell Tracer 900 unterscheidet sich die Tracer 9 beim Fahrwerk: Ihr Alugussrahmen ist vollkommen neu und erheblich leichter, auch die Leichtmetallgussräder sind ein volles Kilogramm leichter geworden. Die Tracer 9 legt ein wunderbar agiles Fahrverhalten an den Tag, lässt aber auch nicht zuletzt wegen ihres recht langen Radstandes von 1,50 Metern bei der Stabilität keine Wünsche offen.

Der Radstand rührt insbesondere von einer besonders langen Alugussschwinge her, dem wesentlichsten technischen Unterschied zur Genspenderin MT-09. Auf diese Weise gewinnen die Yamaha-Entwickler deutlich mehr Raum zwischen den Rädern und damit mehr Platz für Fahrer und Sozia. Deren Sitz ist superbequem, der Kniewinkel moderat, der Kontakt zum Fahrer gut, die Haltemöglichkeiten an den seitlich prima positionierten Griffen sind sogar exzellent. Nur wenige Motorräder bieten diesbezüglich ähnlich Gutes oder gar Besseres. Wobei die Zuladung von 193 Kilogramm zumindest respektabel erscheint. Der neue Heckrahmen ist stabil genug auch für zusätzliche Seitenkoffer und ein Topcase.

Neues ABS von Bosch

Stark ins Zeug gelegt hat sich Yamaha auch bei den Bremsen sowie der Fahrzeugelektronik. Die Dreischeiben-Anlage mit radial montierten Frontsätteln wird ergänzt durch ein neues Bosch ABS, das zugleich mehr kann und weniger wiegt als das zuvor montierte Exemplar. Bei der Elektronik fällt insbesondere der neue Sechsachsensensor auf; er macht nicht nur das Kurven-ABS möglich, sondern auch eine schräglagenoptimierte Traktionskontrolle sowie ein Slide-Control-System und ein Lift-Control-System für das Vorderrad. Alle Parameter sind vom Fahrer einstellbar. Zur sehr umfangreichen Elektronik-Ausstattung zählen auch der Tempomat mit Einsatzbereich zwischen 50 und 180 km/h sowie die vier Motor-Settings von superscharf bis lammfromm.

Anders als auf dem hyperagilen Nakedbike MT-09 sitzt man bei der Tracer 9 nicht frei im Fahrtwind, sondern genießen den Schutz einer Halbverkleidung samt zehnstufig verstellbarem Windschild und Handschützern. Zur praxisgerechten Ausstattung gehören auch der Hauptständer, die LED-Scheinwerferanlage und die neuen LED-Blinker. Die Positionsleuchten erfüllen allerdings nicht die Kriterien eines echten Tagfahrlichts. Nicht ganz glücklich wurden wir unterwegs mit dem zweigeteilten TFT-Display im Cockpit: Die Lettern und Ziffern im linken Display sind zu klein für leichtes Ablesen, zudem neigt die Oberfläche zum Spiegeln. Dass Yamaha im Jahr 2021 bei der Tracer 9 dem Thema Smartphone-Einbindung keinerlei Aufmerksamkeit schenkt, verwundert. Auch wäre es nicht falsch, eine automatische Blinkerrückstellung zu spendieren.

Kupplungsloses Schalten

Enduro, Tourer, Sportbike? Die Tracer 9 vereint viele Eigenschaften in sich. Foto. Yamaha

Für Freunde optischer Sportlichkeit bietet Yamaha ein Sport Pack an; wichtigstes Element ist ein Quickishifter zum kupplungslosen Schalten. Wer möchte, kann die Tracer 9 aber auch zum Reisemobil aufwerten; als Zubehör sind 30 Liter große Seitenkoffer und ein 50 Liter fassendes Topcase lieferbar. Wer sein Bike schmaler halten will und trotzdem Stauraum braucht, findet alternativ schmälere Gepäckbehälter mit 24 Litern Volumen.

In einem Travel Pack genannten Paket hat Yamaha die großen Koffer samt Topcase und Montageplatte sowie eine hohe Scheibe und eine USB-Buchse plus Komfortsitz zusammengepackt. Das umfangreicher bestückte Travel Pack Pro weist auch noch Sitzheizungen, Heizgriffe und diverse weitere Komfortfinessen auf. Wer noch mehr will, sollte die Tracer 9 GT anschauen; diese ist zusätzlich mit einem semiaktiv arbeitenden Fahrwerkssystem und zahlreichen weiteren Komfort-Details ausgerüstet, kostet allerdings auch 2.400 Euro mehr als die mit 11.600 Euro relativ preiswert erscheinende Tracer 9. Bei nur 210 Kilogramm Gewicht überzeugt dieser schlanke, sehnige Tourensportler durch prächtige Handlichkeit einerseits und recht gute Komforteigenschaften andererseits. (SP-X)

Keine Beiträge vorhanden