Yamaha hat mit der MT-Baureihe einen Erfolg verzeichnet. Nun schicken die Japaner mit der MT 10 SP das Flaggschiff auf den Markt. Doch lohnt sich der Preis von 16.495 Euro für das Bike? Unser Fahrbericht gibt die Antwort.
Vor vier Jahren konnte sich wohl niemand so recht vorstellen, worin die Premiere der Yamaha MT-09 münden würde. Jetzt ist klar: Die MT-Baureihe, mittlerweile komplettiert durch eine MT-03, MT-07, MT-125 und seit letztem Jahr durch das Familienoberhaupt MT-10, hat sich zum Rückgrat der Yamaha-Modellpalette entwickelt; gut 43 Prozent aller Verkäufe gehen auf das Konto der „Hyper Naked“-Baureihe. Die mit der jetzt aufgelegten MT-10 SP ein 16.495 Euro teures, besonders hochwertig ausgestattetes Flaggschiff bekommt.
Die Optik der MT-10 SP stammt vom verblüffend erfolgreichen Basismodell – überraschend insofern, als die MT-10 kein optisch eingängiges Motorrad ist, das den Mainstream bedient. Ganz im Gegenteil. Doch die polarisierende Techno-Look-Formel, die ihren Kulminationspunkt in der eckig-aggressiven Insektenfront mit Voll-LED-Ausstattung findet, kommt an.
Vierzylinder leistet 160 PS
Die MT-10 SP hat noch eine Reihe weiterer Vorzüge zu bieten, allem voran den Crossplane-Vierzylinder mit 90-Grad-Hubzapfenversatz. Der in seinen Grundzügen vom Kult-Supersportler R1 abstammende Triebsatz ist hier für 160 PS Leistung und 111 Newtonmeter Drehmoment gut. Doch anders als bei Reihenvierzylindern üblich zeigt er einen dumpf bollernden und pulsierenden Charakter, der ihn einzigartig macht.
Für die Leistungsabgabe stehen drei vom rechten Lenker anwählbare Fahrmodi bereit, mit stärkerer Spreizung über die erste Hälfte der Gasgrifföffnung überarbeitet. Will heißen, dass der Reihenvierer im Modus 3 sehr sanft, leicht verzögert einsetzt, bei 2 sauber anspricht und in 3 gefordert werden will, was ansonsten deutliche Lastwechsel zur Folge hat. Wird der Gasgriff voll aufgerissen, stellt sich R1-Feeling ein – dann katapultiert sich die MT-10 SP bemerkenswert kraftvoll voran.
Dafür ist der neue Schaltautomat gemacht, der aber erst ab Drehzahlen von 4.000 Touren aufwärts, besser noch 5.000, das Hochschalten ohne Kupplung und Zugkraftunterbrechung erlaubt. Allein der Antrieb macht die MT-10 SP zum Souverän der Landstraße, bei jeder Drehzahl – man kann Feuer geben, wann immer man will, aber das Triebwerk verlangt nicht unbedingt danach.
Unterwegs mit Racing-Fahrwerk
Die eigentliche Errungenschaft der MT-10 SP ist aber das elektronischen Racing-Fahrwerk (ERS) von Öhlins, das wie bei der exklusiven Yamaha YZF-R1M die Dämpfung während der Fahrt an die Bedingungen automatisch anpasst, hier allerdings ohne die Informationen des Schräglagensensors auskommen muss. Dazu wertet ein spezielles Steuergerät eine Vielzahl von Daten aus und steuert entsprechend die Druck- und Zugstufeneinstellung von Gabel wie Federbein.
Das System bietet zwei Automatik- und drei Manualmodi, die über das Hauptmenü im neuen, übrigens sehr gut ablesbaren farbigen TFT-Display gesteuert werden und sich darüber weiter feinjustieren lassen.
Während der Fahrt können die drei Motormodi, die Einstellungen der dreistufigen Traktionskontrolle und das ERS umgestellt werden. Ein leicht abgesofteter Automatikmodus A2 passt prima zur engagierten Landstraßenhatz und macht die 210 Kilogramm leichte MT-10 SP angenehm stabil und ausreichend agil – ausgeprägt handlich ist die Yamaha mit dem modifizierten R1-Brückenrahmen indes nicht, wenn sie pfeilschnell und satt liegend über den Asphalt pfeilt. Die A1-Abstimmung ist für makellosen Untergrund gedacht, während man die manuellen Einstellungen mit fixer Dämpfung ohne automatische Regelung eigentlich nicht mehr braucht.
Serienmäßig mit Tempomat
Die sportliche Fahrweise wird bestens unterstützt von der vorderradorientierten, aber dennoch entspannten Sitzposition mit aufrechtem Oberkörper und den allzeit bereiten, über jede Kritik erhabenen Stopporganen, die mit hoher Effektivität und sportlich abgestimmtem ABS überschüssigen Schub humorlos vernichten.
Serienmäßig macht ein Tempomat, ebenfalls vom linken Lenkerende bedient, Überbrückungsetappen ertragbar, auch wenn der Windschutz bei einem Nakedbike naturgemäß bescheiden ausfällt. Ungeachtet der langstreckentauglichen Unterbringung vorn – hinten ist der Komfort nicht der Rede wert – wird die MT-10 SP regelmäßig die Zapfsäule anlaufen müssen, denn mit einem vorsichtig kalkulierten Verbrauch von knapp acht Litern sind bei 17 Liter Tankvolumen gerade mal 200 Kilometer Reichweite drin.
Das ist schon der größte Kritikpunkt an der formidablen MT-10 SP, abgesehen vom ambitionierten Preis von 16.495 Euro. Letzteres dürfte trotz der unbestrittenen Vorzüge dafür sorgen, dass die in die Ausnahme-Farbkombination Silver Blu Carbon gehüllte Yamaha MT-10 SP nur sehr selten auf unseren Straßen zu finden sein wird. (SP-X)