Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat im Streit um das Verbrenner-Aus der EU-Kommission einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Der stößt bei der Deutschen Umwelthilfe auf Kritik.
Wie aus einem Brief aus dem Büro des FDP-Ministers an das Kabinett von Kommissionsvize Frans Timmermans hervorgeht, dringt Wissing auf einen Weg, für den es keine Zustimmung des Europaparlaments und der EU-Staaten braucht. Zugleich fordert er „kurzfristig rechtlich verbindliche Schritte“, wie es in dem Schreiben vom Mittwoch heißt, das der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt.
Konkret schlägt Wissing einen sogenannten delegierten Rechtsakt vor, der die derzeit blockierte Verbrenner-Einigung ergänzen würde. Der erzielte Kompromiss müsste somit nicht geändert werden. Die Europäischen Kommission kann einen solchen Rechtsakt verabschieden, anschließend haben Parlament und EU-Staaten zwei Monate Zeit, Einwände zu erheben.
Abstimmung verschoben
Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich eigentlich bereits im Herbst darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Eine für vergangene Woche vorgesehene Bestätigung durch die EU-Staaten wurde wegen Nachforderungen Deutschlands jedoch abgesagt. Insbesondere die FDP dringt darauf, dass auch nach 2035 noch solche Neuwagen mit Verbrenner zugelassen werden dürfen, die mit Ökostrom erzeugte künstliche Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, tanken.
Der Ansatz des Wissing-Hauses sieht nun vor, zuerst im Rahmen der bestehenden Abgasnorm Euro 6 die Möglichkeit für eine neue Fahrzeugkategorie nur für E-Fuels zu schaffen. Wenn das Gesetz zum Verbrenner-Aus in Kraft ist, soll ein delegierter Rechtsakt die Anrechnung dieser „e-Fuels only“-Fahrzeuge auf die Flottenzielwerte ermöglichen. Die sogenannten Flottengrenzwerte sind Vorgaben für Hersteller, wie viele Treibhausgase neu gebaute Autos im Betrieb ausstoßen dürfen. Eigentlich ist vorgesehen, dass dieser Wert 2035 auf Null sinken soll, was de facto das Aus für neue Verbrenner bedeutet. Es gibt aber Ausnahmen etwa für besondere Fahrzeuge wie Einsatzwagen oder rollstuhlgerechte Autos.
Zuletzt solle „in einem geeigneten Rechtsrahmen“ eine Definition für komplett CO2-neutrale Kraftstoffe geschaffen werden, heißt es in dem Schreiben. Das Ministerium bittet die Kommission dabei um die „Entwicklung eines ambitionierten und verbindlichen Zeitplans“.
Kritik von Deutscher Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte den Vorstoß des FDP-Politikers. „Herr Wissing als Verkehrsminister sollte eigentlich wissen, dass es technisch überhaupt nicht möglich ist, Fahrzeuge ausschließlich mit E-Fuels zu betanken. Das scheint ihn jedoch nicht weiter zu stören. Stattdessen bedient er die Interessen der Öl-Lobby, denn sein Festhalten am Verbrennungsmotor dient dazu, einen gewaltigen Absatzmarkt für fossiles Öl langfristig zu sichern“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch am Freitag.
In einer Pressemitteilungen warf Resch dem FDP-Politker zudem vor, auf Scheinlösungen zu setzen und sich damit die Dekarbonisierung von 47 Millionen Bestandsfahrzeugen auf dem Papier zurecht schummeln zu wollen. „ Mit der von ihm angestrebten Anrechnung von E-Fuels zu den CO2-Flottengrenzwerten für Neuwagen wiederholt er den Kardinalsfehler seiner Amtsvorgänger, die mit der ersten CO2-Verordnung und der Anrechnung sogenannter Biokraftstoffe viel Zeit vergeudet haben – auf Kosten von Biodiversität und Umwelt. Nicht umsonst hatten EU-Parlament, EU-Rat und ursprünglich auch die Bundesregierung ausdrücklich eine weitere Anrechnung jedweder ‚alternativer‘ Flüssigkraftstoffe im Rahmen der Regulierung abgelehnt“, so Resch weiter. (mit dpa)