VW-Betriebsratschef: Hier läuft ein ganz mieses Spiel

Machtkampf mit Zulieferern

VW-Betriebsratschef: Hier läuft ein ganz mieses Spiel
VW liegt mit dem Zulieferer Prevent im © dpa

Das Machtspiel zwischen VW und zwei kleinen Zulieferern geht weiter. Trotz einer einstweiligen Verfügung wird die Herausgabe wichtiger Teile verweigert. Deshalb wird ab diesem Samstag die Produktion des Golf im Stammwerk Wolfsburg gestoppt.

Die beispiellose Machtprobe zwischen Europas größtem Autobauer Volkswagen und zwei kleinen Zulieferern geht weiter. Der Streit droht große Teile der Produktion lahm zu legen. Das Landgericht Braunschweig betonte am Freitag, dass VW bereits alle nötigen Voraussetzungen für die Herausgabe fehlender Teile erwirkt habe. Der Konzern kündigte an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ein Ende des Lieferstopps bei externen Partnern durchzudrücken. Fehlende Sitzbezüge und Getriebeteile zwingen Volkswagen zu einem teilweisen Fertigungsstopp und Kurzarbeit.

Die Zulieferer wiesen eine Verantwortung für die Misere zurück, VW trage selbst die Schuld an der Eskalation. "Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich", sagte der Geschäftsführer der ES Automobilguss, Alexander Gerstung, einer Mitteilung zufolge. ES und der Sitzspezialist Car Trim - eine ES-Schwester - verweigern trotz der einstweiligen Verfügungen dem Autobauer die Lieferung der Teile, für die VW zumindest kurzfristig keinen Ersatz bei anderen Zulieferern bekommen kann.

Golfproduktion stoppt

Am Samstag wird daher die Fertigung des wichtigsten Modells Golf im Stammwerk Wolfsburg für mindestens eine Woche vorläufig ausgesetzt. Von Montag (22. August) bis einschließlich kommenden Samstag (27. August) soll dann die Arbeit auf den Montagelinien und in anderen Teilen der Produktion ruhen, wie die Deutsche Presse-Agentur vonVW-Mitarbeitern erfuhr. Entsprechende Schichten entfallen.

Der Konzern wolle "bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" Kurzarbeitergeld für die betroffenen Mitarbeiter beantragen. Zuerst müssten aber teilweise Überstunden abgebaut werden. In Emden hatte VW bereits vor einer Woche für 7500 Menschen Kurzarbeit angemeldet. Das Unternehmen prüft dies auch für die Standorte Braunschweig, Zwickau, Kassel und eben Wolfsburg. Die Bänder der ebenfalls am Stammsitz hergestellten Modelle Tiguan und Touran müssen nicht ruhen.

Die genauen Hintergründe des Streits liegen weiter im Dunkeln. Aus Sicht von ES und Car Trim ist die schwierige Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich dafür gewährt. Deswegen "sahen sich Car Trim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen", heißt es in der Mitteilung. Dennoch sei man an einer Einigung interessiert: "Wir streben nach wie vor eine einvernehmliche Lösung mit VW an und sind offen für entsprechende Vorschläge." Auch ein VW-Sprecher sagte, man versuche, weiterhin eine gütliche Einigung herbeizuführen.

Harsche Töne vom Land Niedersachsen

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh
Bernd Osterloh dpa

Harschere Töne kamen am Freitag vom zweitgrößten VW-Aktionär, dem Land Niedersachsen. Der bereits beträchtliche Schaden würde sich mit jedem Tag vergrößern, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover. Sollte die Verhandlungslösung scheitern, müsse Druck ausgeübt werden. "Dann wird man auch Zwangsmaßnahmen aufnehmen müssen", meinte Weil. Auch VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh verurteilte den Lieferstopp. "Hier läuft ein ganz mieses Spiel", sagte er der "Bild"-Zeitung (Samstag).

VW will alle Möglichkeiten nutzen, um an die fehlenden Teile zu kommen. Am Ende könnte also der Gerichtsvollzieher zur Not mit der Polizei im Schlepptau die dringend benötigten Teile vom Lieferanten holen. Der Autobauer sei gezwungen, "die zwangsweise Durchsetzung der Belieferung vorzubereiten, und zwar mit den uns zur Verfügung stehenden gesetzlich vorgesehenen Mitteln. Dazu gehören Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Beschlagnahme, die über das Gericht beantragt werden", sagte ein VW-Sprecher am Freitag und bestätigte entsprechende Informationen der "Süddeutschen Zeitung".

Der VW-Konzern ist in der Branche bekannt für seine Verhandlungsmacht - nur noch Toyota und General Motors bauen ähnlich viele Fahrzeuge. Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz gilt als einer der erfahrensten Einkäufer der Branche. Er schrieb den Zulieferern Ende Juni, der Autobauer müsse auch bei den "Beschaffungskosten deutlich effizienter werden". Er wolle die Reserven mobilisieren. "Das wollen wir kooperativ erreichen, aber auch mit der notwendigen Konsequenz, um wettbewerbsfähig zu bleiben", kündigte er die Marschrichtung an.

Inzwischen bangen auch erste Autokäufer um die Lieferung ihrer Wagen. "Wir haben die ersten Anrufe von Kunden, die sich Sorgen machen, ob ihr Auto pünktlich kommt", sagte der VW-Händler Ernst-Robert Nouvertné aus Solingen der dpa. Nouvertné sitzt zugleich im Vorstand des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). In einem Schreiben an die Händler hieß es vom Volkswagen-Vertrieb zwar, das Unternehmen rechne mit einer Entspannung der Lage. Bei einzelnen Fahrzeugen könne es aber zu Verzögerungen kommen. (dpa)

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