VW-Arbeiter in Chattanooga kämpfen um Betriebsrat

Gefahr für Expansionsstrategie

VW-Arbeiter in Chattanooga kämpfen um Betriebsrat
VW baut in Chattanooga derzeit nur den Passat. © dpa

Rund um den Globus verfügen die 100 Produktionsstandorte von VW über Arbeitnehmervertretungen. Doch es gibt eine Ausnahme: das Werk in Chattanooga. Doch das wollen die Beschäftigten nicht hinnehmen.

In dem schwelenden Streit um einen Betriebsrat am Volkswagen-Standort Chattanooga in den USA setzt die Arbeitnehmerseite dem Unternehmen nun die Pistole auf die Brust. Der Konzernbetriebsrat droht damit, weiteres Wachstum in Chattanooga zu blockieren, sollte die dortige Belegschaft nicht endlich ein Gremium für die Mitbestimmung erhalten.

Vize-Konzernbetriebsratschef Stephan Wolf sagte der Nachrichtenagentur dpa am Rande der Feier für den 30-millionsten Golf: "Im Aufsichtsrat werden wir einer Erweiterung des Standorts oder einer weiteren Modellvergabe nur zustimmen, wenn klar ist, wie es mit einer Arbeitnehmervertretung in den USA weitergeht." Ansonsten müsse sich Volkswagen wohl oder übel um alternative Standorte für weiteres Wachstum in Nordamerika bemühen.

Einrichtung eines Betriebsrats wird zum Politikum

Nach Betriebsratsdarstellung haben rund um den Globus alle 100 VW-Produktionsstandorte Arbeitnehmervertretungen - nur der bisher einzige US-Standort Chattanooga nicht. Er liegt im konservativen Südstaat Tennessee, wo die Republikaner dominieren. Seit Monaten ist dort die Einrichtung eines Betriebsrates ein Politikum. Denn rein rechtlich ist eine Gewerkschaft nötig, die dahintersteht. In den Startlöchern steht die bei Autoherstellern gefürchtete Gewerkschaft UAW - sie wittert nun ihre Chance, endlich im Süden Fuß zu fassen, wo nahezu alle großen ausländischen Autobauer Werke unterhalten.

US-Senator Bob Corker hatte in der Vergangenheit lautstark gegen die UAW gewettert, sie ist bei den arbeitgebernahen Republikanern als rotes Tuch verschrien. Woran genau es derzeit hakt, blieb am Dienstag zunächst unklar. Über Wolfs Aussage hinaus wollte sich der Betriebsrat nicht äußern. Wie aus US-Konzernkreisen verlautete, erwarte die Arbeitnehmerseite nun Gesprächsangebote der Republikaner. VW ist einer der größten Investoren in der eher strukturschwachen Region und hatte mit dem Werksneubau zahlreiche Zulieferer angelockt.

Gefahr für Expansionsstrategie

Mit ihrer Blockade torpedieren die Arbeitnehmer zentrale Teile der Expansionsstrategie. Anfang des Jahres hatte VW die Geländelimousine Crossblue vorgestellt. Für das neue Modell ist neben Chattanooga auch Mexiko im Gespräch, wo der Konzern drei Standorte hat.

Ein Vertrauter von Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh sagte der dpa am Dienstag: "Die Vereinigten Staaten sind groß. Und es gibt auch gewerkschaftsfreundlichere Flecken als die Südstaaten. Entweder, es gibt dort eine Arbeitnehmervertretung - oder der Vorstand muss alternative Standortvorschläge machen." Im VW-Aufsichtsrat geht ohne die Arbeitnehmerseite nichts. Vom Unternehmen hieß es am Dienstag, man sei grundsätzlich für die betrieblichen Interessenvertretungen. Jedoch gibt der Konzern zu bedenken: "In den USA ist das Thema gewerkschaftlicher Interessenvertretung sehr kontrovers; dazu tragen auch kritische Erfahrungen aus der Geschichte der Automobilindustrie bei." Daher arbeite VW an einem "innovativen Modell der Interessenvertretung", das den Besonderheiten in den USA Rechnung trage. (dpa)

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