Der VW Bulli bewegt das Land seit 75 Jahren. Nun kommr Generation 7 – und die basiert auf einr Kooperation mit Ford. Erstmals gibt es sie auch rein elektrisch.
Beim Stichwort E-Auto denken die meisten noch immer an Pkw. Ein Blick in die Städte indes zeigt: Gerade in der City sind auch reichlich Kleintransporter unterwegs. In aller Regel mit Dieselmotoren. Am Steuer: Zusteller, Installateure, Fliesenleger – und selbstverständlich Elektriker. Was alle eint: tagsüber kurze Strecken und nachts Zeit zum Laden. Ideal für den Antrieb per Akku. Ein riesiger Markt.
Hat man sich nun auch bei VW in Hannover gedacht. Lange Zeit kam dort in Sachen elektrische Nutzfahrzeuge keine rechte Spannung auf, der ID.Buzz Cargo war ein eher halbherziger Auftakt. Mittlerweile jedoch steht der Konzern unter Strom, und so rollen nun sogar in der klassischen Transporter-Baureihe neben drei Turbodieseln (110, 150 und 170 PS) vier reine Elektro-Modelle (85 bis 210 kW) an den Start – ergänzt in etwa einem Jahr von einem Plug-in-Hybrid mit 232 PS Systemleistung, stufenlosem CVT-Getriebe und 60 Kilometern elektrischer Reichweite.
Faszination für breites Klientel

Seit 75 Jahren bewegt der Bulli die Republik. Als Kastenwagen Maler, Installateure, Lieferanten. Als Pritsche Maurer, Zimmerleute, Gärtner. Als Caravelle Familien, Sportler, Urlauber. Noch immer mit dem Design-Charme eines Ziegelsteins – und doch in der Lage, Handwerker, Manager und Camping-Freaks gleichermaßen zu faszinieren. Natürlich wissen sie bei VW um diesen Kultstatus. Und darum schmerzt es sie vermutlich, dass der Neue zumindest offiziell nicht T7 genannt wird. Genau genommen ist die künftige Generation nämlich ein Ford Transit Custom. Immerhin jedoch einer, in dessen Lastenheft sie von VW-Seite viel hineinverhandelt haben. Ein gemeinsamer Strom-Kasten also – aber mit eigenständigem Bulli-Design. Puristen indes müssen beim Begriff VW-Bus ab sofort ein bisschen schlucken.
Vorbei sind in jedem Fall die Zeiten, in denen ein Nutzfahrzeug zwanghaft unbequem, laut und spartanisch sein musste. Schließlich macht seinen Job am besten, wer sich am Arbeitsplatz wohl fühlt. Da profitiert dann auch der Firmenchef. Und so gibt es jede Menge Platz für Handy, Paketscanner, Laptop, Wasserflaschen, Kaffeebecher, Zollstock, Taschenlampe, Handschuhe und all die anderen Dinge, die man den Berufsalltag über halt so braucht.
Von praktisch bis edel
Das Interieur reicht wie gewohnt von der nasswischbaren Kunststoffbank bis zum edlen Einzelsitz mit Doppellehne. Dazu gibt es ein etwas steil stehendes Digital-Cockpit samt 13-Zoll-Touchscreen, ein abgeflachtes Multifunktionslenkrad, vor allem aber Infotainment auf modernstem Stand. Auch an USB- und 12-Volt-Dosen herrscht kein Mangel. LED-Licht, Verkehrszeichen-Erkennung und Notbrems-Assistent sind serienmäßig an Bord, auf Wunsch gibt es unter anderem Abstands-Tempomat, Totwinkel-Späher und eine Rundum-Kamera, die warnt, bevor man sich hässliche Dellen in die lange Flanke fährt.
Beim Chassis ist auch im Strom-Zeitalter Vielfalt Trumpf. Der elektrische VW-Nützling wartet mit zwei Längen und zwei Dachhöhen auf, mit Seitensicht oder verblecht, mit einer oder zwei Schiebetüren (die nicht rumpeln, sondern gleiten), Heckklappe oder Doppel-Flügel, Heckantrieb oder Allrad. In der Grundversion sind Transporter und Caravelle 5,05 Meter lang bei 3,10 Meter Radstand. Die Langversion kommt auf 5,45 Meter und 3,50 Meter Distanz zwischen den Achsen. Mit flachem Zuschnitt liegt die Höhe knapp unter zwei Metern, so dass Parkhäuser, Tiefgaragen oder Laderampen im Untergeschoss von Hallen ihren Schrecken verlieren. Das Hochdach ragt bis knapp unter 2,50 Meter auf.
Ausreichend Platz für die Ladung
Wichtig für alle, die mit Stauraum kalkulieren müssen: Kurz und flach packt der Elektro-Transporter 5,8 Kubikmeter weg, lang und hoch sind es neun. Damit schließt sich die Lücke zum größeren Crafter. Die maximale Breite zwischen den Radkästen vergrößert sich auf 1,39 Meter, die Länge des Laderaums am Boden beträgt bei kurzem Radstand 2,60 Meter, beim langen 3,0 Meter. Optional steht eine L-förmige Trennwand zur Verfügung, die sogar 3,40 Meter bietet. Die maximale Zuladung beträgt 1038 Kilogramm, achtern an den Haken dürfen sehr ordentliche 2,3 Tonnen. Die Ladefläche des Pritschenwagens, den es ausschließlich mit Doppelkabine gibt, misst innen 2,16 mal 1,94 Meter.
Auch bei den E-Motoren herrscht reichlich Auswahl. Die Versionen mit 100, 160 und 210 kW (136, 218 und 285 PS) verfügen über Akku mit 64 kWh (netto), der bei maximal Tempo 90 für 357 Kilometer Reichweite gut sein soll. Bei beherzter Fahrt oder ordentlicher Beladung lässt sich der Verbrauch allerdings schnell auf knapp das Doppelte der offiziellen 24 kWh treiben, sodass im Gegenzug der Radius auf 160 Kilometer sinkt. Für ein Einstiegsmodell mit 85 kW (115 PS) und vermutlich kleinerer Batterie liegen noch keine offiziellen Daten vor. Geladen wird an der Wallbox mit bis zu 11 kW, am Schnelllader lässt sich Saft mit bis zu 125 kWh ziehen. Von zehn auf 80 Prozent vergehen im günstigsten Fall also nicht ganz 40 Minuten.
Das Drehmoment der E-Motoren beträgt durchweg 415 Nm, Unterschiede gibt es indes beim Auftritt. Mit Tempo 150 und einem Standard-Spurt in 8,6 Sekunden geht es bei 160 kW dann doch spürbar zügiger voran als in der eher für den Stadtverkehr gedachten 100-kW-Variante mit 112 Stundenkilometern und 12,8 Sekunden. Das Top-Modell schafft ebenfalls 150 auf dem Tacho, dreistellig wird die Anzeige aber schon nach 7,4 Sekunden. Für noch mehr Performance muss unter Elektro-Bullis dann schon die GTX-Version des ID.Buzz herhalten. Apropos: Für Allrad statt Heckantrieb muss man sich bei e-Transporter und e-Caravelle bis Frühjahr 2026 gedulden.
Wunsch nach mehr Spritzigkeit
Die Probefahrt offenbart wenig Überraschendes. Außer vielleicht, dass den E-Aggregaten ein bisschen die sonst übliche Spritzigkeit fehlt. Heißt unterm Strich: Für den innerstädtischen Lieferdienst tut’s allemal eine bescheidene Version, hat man Schweres oder Eiliges im Kreuz, darf’s gerne die gehobene Motorisierung sein. Es macht eben schon einen Unterschied, ob man Gemüse zum Markt bringt, Zement auf die Baustelle, Termin-Fracht durch die Republik oder Gäste zum Flughafen. Gerade im langen Caravelle haben unterhalb des Top-Modells wohl nur mehr Sparfüchse ihren Spaß. Gut zweieinhalb Tonnen Leergewicht mit der Windschlüpfigkeit einer Schrankwand brauchen einfach ein bisschen Wumms.
Die Federung ist zweckmäßig straff und bewahrt auch in engerem Geschlängel ausreichend Haltung. Kernkompetenz eines Lade-Stromers ist nun mal nicht die heiße Hatz, sondern umbauter Raum. Druck auf die optionale Sport-Taste also allenfalls für den kleinen Kurvenhunger zwischendurch… Immerhin: So königlich wie hier thront man nicht mal in einem SUV. Die Lenkung allerdings dürfte ein wenig mehr Rückmeldung geben, dafür punktet der Transporter mit 11,9 Meter Wendekreis (13 Meter bei langem Radstand).
Der an der Lenksäule angebrachte Schalthebel und die elektronische Feststellbremse erleichtern es dem Fahrer, an engen Stellen auch mal auf der Beifahrerseite auszusteigen. Gewöhnungsbedürftig, aber bei dachhoher Ladung durchaus pfiffig: Erstmals bietet VW für Nutzfahrzeuge einen digitalen Innenspiegel an, der das Bild einer Heckkamera überträgt. Integriert ist obendrein eine Dashcam-Funktion. Kollateralnutzen der bordeigenen Hochvoltbatterie ist ein bis zu 2,3 kW starker 230-Volt-Anschluss für Maschinen oder Kühlaggregate. Dem Ford-Schwestermodell vorbehalten bleibt das waagrecht klappbare Lenkrad. Damit entfällt die zusätzliche Fläche für was auch immer – und sei es nur die mittägliche Pizza aus dem Karton.
11.000 Euro mehr als ein Diesel
Die Türen für den Strom-Kasten öffnen sich ab 54.994 Euro (46.213 Euro netto) – das sind gut 11.000 Euro über dem billigsten Diesel und gut 4000 Euro über dem ID.Buzz Cargo.
Für den e-Transporter Kombi werden ab 62.719 Euro fällig, für den e-Caravelle ruft VW mindestens 66.022 Euro auf – und nach oben ist reichlich Raum. So lieb muss einem die Mobilitätswende erst einmal sein, bevor sie einem auch so teuer ist…