«Brennstoffzellenfahrzeuge stellen keine Gefahr dar»

Interview mit Frank Seyfried

Brennstoffzellenfahrzeuge werden vor 2020 nicht in Serienproduktion auf deutschen Straßen umherfahren, sagt Frank Seyfried. Im Interview mit der Autogazette spricht der Leiter der Abteilung Brennstoffzelle und Kraftstoffe von Volkswagen nicht nur über den ab Ende Oktober stattfindenden Alltagstest.

Volkswagen testet ab Ende Oktober sechs Fahrzeuge mit Brennstoffzelle im Alltagsverkehr in Berlin. Doch trotz des Versuchs glaubt Frank Seyfried nicht an eine schnelle Einführung des alternaitven Antriebs. «Von einem Zeitalter zu sprechen wäre also verfrüht. Wir haben stets die Meinung vertreten, dass wir mit einer Kommerzialisierung der Brennstoffzellen-Fahrzeuge nicht vor 2020 rechnen», so der Leiter der Abteilung Brennstoffzelle und Kraftstoffe von Volkswagen in einem Interview mit der Autogazette.

500 Kilometer Reichweite

Im Gegensatz zum Elektroauto werden Brennstoffzellenfahrzeuge kein Reichweitenproblem haben. «Die Audi Q5 HFC und die Tiguan-HyMotion-Fahrzeuge haben eine Reichweite von etwa 250 km. Beim CaddyMaxi HyMotion konnten wir die doppelte Menge an Wasserstoff unterbringen und haben im Testbetrieb schon Reichweiten von ca. 500 km erreicht.» Allerdings ist der Aufbau einer sinnhaften Infrastruktur ein Kernpunkt, bevor eine Serienproduktion überhaupt erst starten könnte.


Autogazette: Volkswagen testet mit der Initiative Clean Energy Partnership (CEP) ab der kommenden Woche sechs Brennstoffzellenfahrzeuge in Berlin. Ist das der Beginn des Wasserstoffzeitalters?

Frank Seyfried: Volkswagen ist seit Mitte 2006 Partner in der CEP und betreibt in diesem Verbund seitdem verschiedene Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Mit der Pressemitteilung haben wir nun den offiziellen Startschuss für die Einführung der Fahrzeuge unserer neuesten Generation gegeben, nachdem wir diese erfolgreich in einer Flotte in Kalifornien betrieben haben. Die Fahrzeuge sind zwei Audi Q5 HFC, zwei CaddyMaxi HyMotion und zwei Tiguan HyMotion. Von einem Zeitalter zu sprechen wäre also verfrüht.

Nicht vor 2020

Ein Brennstoffzellenstapel auf dem Prüfstand von VW Foto: VW

Autogazette: Der Elektrohype ist derzeit präsent, obwohl es kaum Fahrzeuge gibt. Wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Wasserstoff-Serienfahrzeuge auf den Straßen fahren?

Seyfried: Zurzeit überprüfen wir die Alltagstauglichkeit der Fahrzeuge in Berlin. In der Vergangenheit sind viele Ankündigungen gemacht worden, die die Technologie zum Teil nicht unbedingt gefördert haben. Wir haben stets die Meinung vertreten, dass wir mit einer Kommerzialisierung der Brennstoffzellen-Fahrzeuge nicht vor 2020 rechnen.

Autogazette: Die Verlässlichkeit der Brennstoffzellen bei hohen Temperaturen ist bisher eine hohe Hürde. Wie kann diese umschifft werden?

Seyfried: Dies ist aus unserer Sicht eine kleinere Hürde, die schon weitgehend übersprungen wurde. Die Verlässlichkeit ist größtenteils gegeben, auch wenn das Temperaturspektrum noch nicht vollständig ausreicht, alle Fahrbereiche abzudecken. Hier ist noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf insbesondere bei Membranen erforderlich.

Autogazette: Groß ist die Angst vor der Explosionsgefahr. Inwieweit sind die Probefahrzeuge Gefahren für die übrigen Verkehrsteilnehmer?

Seyfried: Die Brennstoffzellenfahrzeuge stellen keine größere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar, als es die konventionellen Fahrzeuge tun. Im Gegenteil, der Wasserstoff ist in den 700bar-Flaschen sicher untergebracht. Die simulierten Crashuntersuchungen haben die Stabilität der Wasserstofftanks bestätigt.

Energieunternehmen gefordert

Die Brennstoffzellenflotte von VW Foto: VW

Autogazette: Bei den Elektrofahrzeugen wird eine mangelnde Reichweite bemängelt. Wie weit schaffen es die Brennstoffzellenfahrzeuge?

Seyfried: Die Audi Q5 HFC und die Tiguan-HyMotion-Fahrzeuge haben eine Reichweite von etwa 250 km. Beim CaddyMaxi HyMotion konnten wir die doppelte Menge an Wasserstoff unterbringen und haben im Testbetrieb schon Reichweiten von ca. 500 km erreicht.

Autogazette: Wie lange wird sich der Aufbau einer tragenden Infrastruktur hinziehen?

Seyfried: Die Infrastrukturfrage ist natürlich einer der Kernpunkte. Der Aufbau einer Infrastruktur hängt neben den Kosten auch von einer sinnhaften Einbindung in eine nachhaltige Energieerzeugung ab. Dies betrifft den Primärenergieträger sowie die gesamte Wirkungsgradkette von Herstellung, Speicherung, Verteilung und Antrieb. Hier sind in erster Linie die Energie- oder Kraftstoffversorgungsunternehmen gefordert.

Autogazette: Wie steht es um neue Ideen für das aufwändige Tanken und die Mitnahme des Wasserstoffs an Bord?

Seyfried: Die 700bar Tank- und Betankungstechnik ist vergleichsweise ausgereift und hat sich aus unserer Sicht als Standard etabliert. Alternativen wie etwa Hydridspeicher werden immer wieder untersucht, Entscheidende Durchbrüche hat es bislang nicht gegeben. Aktuell können in drei Minuten 5 kg Wasserstoff getankt werden, der - je nach Fahrzeug - für etwa 500 km ausreicht. Die Tankstelle selbst und deren Wartung ist natürlich erheblich aufwändiger als eine konventionelle Benzinzapfsäule.

Das Interview mit Frank Seyfried führte Thomas Flehmer

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