VW-Chef Winterkorn erreicht Rentenalter

Vertrag bis 2016

VW-Chef Winterkorn erreicht Rentenalter
VW-Chef Martin Winterkorn rechnet mit einem Jahr der Bewährung. © dpa

Martin Winterkorn feiert am Donnerstag seinen 65. Geburtstag. Der VW-Chef hat für die kommenden Jahre noch mehrere Ziele für den Mehrmarken-Konzern.

Als Lenker des größten deutschen Industriekonzerns hat Martin Winterkorn eine Machtfülle, die sich nur mit wenigen Spitzenämtern in Wirtschaft und Politik vergleichen lässt. Der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen zeigt sich aber nicht nur in der Person des beinharten Managers, der Wettbewerber in aller Welt weiter das Fürchten lehren will. Die Belegschaft schätzt den VW-Boss als Führungsfigur, die nicht vergisst, wer eigentlich hinter den Rekordzahlen des Jahres 2011 steht. Die «Mannschaftsleistung» sei immer entscheidend, glaubt Winterkorn.

Winterkorn will VW zur Nummer eins führen

Dass der Weg nach ganz oben ohne Teamarbeit, doch vor allem ohne einflussreiche Förderer kaum gelingen kann, weiß Winterkorn nur allzu gut. Dem Ziehsohn von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch werden gute Chancen eingeräumt, in fünf Jahren oberster VW-Kontrolleur zu werden.

Bis es so weit ist, hat Winterkorn allerdings andere Ziele. Der detailversessene «Mr. Qualität», der an diesem Donnerstag seinen 65. Geburtstag feiert, will noch als Leiter des operativen Geschäfts miterleben, wie Europas größter Autobauer zur weltweiten Nummer eins aufsteigt. Das Fundament dafür hat er gelegt: 2011, vier Jahre nach seinem Antritt, lieferte der VW-Konzern mit 8,3 Millionen Wagen so viele Fahrzeuge aus wie nie. Und auch die Gewinne sprudeln.

Winterkorns Vertrag läuft bis 2016

Der Vertrag des gebürtigen Schwaben läuft bis Ende 2016. Analysten nehmen an, dass sich VW schon vor 2018, dem ursprünglichen Zieldatum, an die erste Stelle schiebt. Derzeit fährt den Wolfsburgern nur US-Konkurrent General Motors mit neun Millionen verkauften Autos voraus. Erzrivale Toyota mischt weiter mit, Hyundai prescht ebenfalls voran.

Es war bereits ausgemacht, dass Winterkorn über das normale Rentenalter hinaus den Konzern führen soll. Die Bande zu VW-Patriarch Piëch sind jedoch so stark, dass er es dem gerade für fünf Jahre wiedergewählten Chefaufseher 2017 womöglich gleichtut.

Winterkorn als Nachfolger von Pischetsrieder

Auch wenn es Kritiker einer denkbaren direkten Nachfolge gibt: Winterkorn kennt das globale Autoimperium mit seinen inzwischen elf Marken so gut wie kaum ein anderer. Nach dem Studium der Metallphysik und der Promotion begann seine Laufbahn 1977 zunächst bei Bosch. Eine entscheidende Weichenstellung war vier Jahre später der Wechsel in die Audi-Zentrale nach Ingolstadt. Früh arbeitete er im Dunstkreis von Piëch, der ihn 1988 - als frischgebackener Audi-Chef - zum Bereichsleiter für die «Zentrale Qualitätssicherung» machte.

Aus dieser Zeit stammt sein Ruf, vernarrt in hochwertige Technik und Verarbeitung zu sein - darin steht er Piëch in nichts nach. Als der autoverrückte Maschinenbauer 1993 VW-Chef wurde, übertrug er Winterkorn die Qualitätssicherung im Gesamtkonzern. Der Ruf an die Audi-Spitze folgte 2002. Zur Jahreswende 2006/2007 trat Winterkorn nach der Absetzung des glücklosen Bernd Pischetsrieder dann in die Fußstapfen des Mentors, der zuvor vom Chefsessel im VW-Vorstand in den Aufsichtsrat gewechselt war. Die Besetzung des Postens mit Ex-BMW-Mann Pischetsrieder bezeichnete Piëch nachträglich als Fehler.

Kritik an Gehalt Winterkorns

Über Details kann sich Winterkorn immer noch ereifern: Auf der Automesse IAA im vergangenen Herbst inspizierte er ein neues Modell des Rivalen Hyundai und stellte beim Verstellen des Lenkrads erstaunt und sichtlich verärgert fest: «Da scheppert nix.» Das YouTube-Video mit dem Probesitzen des VW-Chefs bei der Konkurrenz entwickelte sich zu einem Geheimtipp.

So anerkannt Winterkorn bei vielen Beschäftigten und Aktionären ist, so umstritten ist sein enormes Gehalt. Die Rekordsumme von rund 17,5 Millionen Euro, die er für das Bestjahr 2011 kassierte, heizte die Diskussion um die Vergütung von Top-Managern erneut an. Neben IG-Metall-Chef Berthold Huber verteidigte Piëch die Spitzenposition Winterkorns unter allen Dax-Vorständen: Die Verantwortung in dem Job sei immens, in den USA verdienten Kollegen noch mehr.

Hängepartie mit Porsche

Weitaus stärker als die Gehaltsdebatte dürfte den VW-Chef die nicht enden wollende Hängepartie um die Sportwagenschmiede Porsche umtreiben. Weil eine drohende Prozesslawine wegen der Übernahmeschlacht 2008 sowie offene Steuerfragen die Fusion mit der Dachgesellschaft Porsche SE verzögern, bahnt sich nun ein Kauf der restlichen Anteile an der Porsche AG an. Winterkorn, der auch Chef der Porsche SE ist, will die Integration der Stuttgarter als zwölfte Marke um jeden Preis: «Gehen Sie davon aus, es wird gut werden.»

Zu Einzelheiten eines solchen Deals, der seine Arbeit krönen könnte, hält sich der zweifache Vater bedeckt. Ins Plaudern kommt Winterkorn dagegen bei seinem Lieblingsthema Fußball. Dann macht er aus seinen Leidenschaften jenseits der Welt der Baukastenstrategien und Absatzplanungen keinen Hehl - vor allem, wenn es um «seinen» VfL Wolfsburg geht: Bei der Meisterschaft der Werkself 2009 unter Trainer Felix Magath galt er als wichtiger Architekt und Strippenzieher. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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