Porsche bei VW angekommen

Rechtsstreit dauert an

Porsche bei VW angekommen
Die Porsche Holding konnte dank VW-Beteiligung den Gewinn steigern. © dpa

Der Übernahmestreit ist beendet. Porsche wurde als zwölfte Marke bei VW integriert.

Es ist eine späte, aber umso stärkere Genugtuung für den Volkswagen-Chef. Rund vier Jahre nach dem krachend gescheiterten Versuch des damaligen Rivalen Porsche, Europas größten Autobauer mit Hilfe von Finanzgeschäften quasi durch die Hintertür zu schlucken, hat Martin Winterkorn jetzt gut Lachen: Die hochprofitable und imageträchtige Sportwagenmarke ist fortan ganz Teil seines Reichs - und nicht umgekehrt. Der am Mittwoch besiegelte Kauf der übrigen 50,1 Prozent der Porsche AG für 4,49 Milliarden Euro markiert für die Wolfsburger ein strategisches und zugleich psychologisches Ziel.

Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW wirkt nachhaltig

Nach monatelangem Ringen um den passenden Einbauplan kann VW an die Umsetzung der Porsche-Integration gehen. Doch trotz aller Erleichterung dürfte von Entspannung nach wie vor keine Rede sein. Die Großbaustelle Porsche scheint fürs Erste geschlossen. Jede Menge Detailarbeit wartet aber weiter auf die Manager beider Seiten.

Der Rechtsstreit um die angebliche Täuschung von Anlegern wird zumindest die Porsche-Dachgesellschaft (PSE) noch beschäftigen. VW vermeidet es mit dem Kauf der restlichen Porsche-AG-Aktien zwar, sich mit dem juristischen Erbe der Übernahmeschlacht 2008/2009 direkt auseinandersetzen zu müssen: Das Risiko bleibt in der PSE. Strittige Fragen wie die reale Steuerlast des Porsche-Deals oder der Zeitpunkt erster Einsparungen im Gesamtkonzern sind jedoch nicht aus der Welt.

VW spekuliert mit glänzendem China-Geschäft

"Porsche behält seine ureigene Identität und seine operative Eigenständigkeit", verspricht Winterkorn. Das in der AG gebündelte Sportwagengeschäft - bisher gehörten den Wolfsburgern 49,9 Prozent - soll das VW-Angebot weiter veredeln. Denn die nach dem Motorradbauer Ducati zwölfte Konzernmarke kann vor allem den ungebrochenen Ansturm der Chinesen und Amerikaner auf Luxusautos "made in Germany" nutzen.

Porsche hatte zuletzt glänzende Zahlen vorgelegt. Die AG fuhr im ersten Halbjahr ein Betriebsergebnis von 1,26 Milliarden Euro ein. Die kauffreudigen Asiaten und US-Kunden passen gut ins globale Wachstumskonzept der Konzernmutter, auch andere Ableger können die Schwäche auf den Krisenmärkten Süd- und Westeuropas derzeit noch mit der Stärke auf anderen Kontinenten ausgleichen. Bei der PSE beträgt der einmalige Effekt des Verkaufs an VW bis zu sieben Milliarden Euro. Sie sollen auch in die Tilgung milliardenschwerer Schulden fließen.

VW und Porsche erwarten Einsparungen in Millionenhöhe

Dennoch gibt es Unsicherheiten, die das Ende der Hängepartie um die neue Porsche-Struktur nicht ausblenden kann - etwa das Timing der Kostenminderung durch mehr Kooperation in Entwicklung, Einkauf und Produktion. Nachdem die Partner sich bisher wie externe Zulieferer behandeln und ausgetauschte Teile teuer abrechnen mussten, erhoffen sie sich nun jährliche Einsparungen von 700 Millionen Euro. Bis wann genau dies gelingt, ließ VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch offen.

Zudem hat Volkswagen eine prall gefüllte Kasse, muss allerdings zugleich den Modularen Querbaukasten (MQB) voll aufs Gleis setzen. Die Technik soll die Produktion einheitlicher und günstiger machen. Die konzernweite Premiere übernahm der Audi A3, im August läuft der neue Golf 7 auf MQB-Basis an, auch Porsche soll davon profitieren. Die Analysten der Barclays-Bank sind vorsichtig optimistisch: "Die nächsten Monate werden auch ein wenig guten Glauben erfordern."

Gewinn mit Porsche lässt auf sich warten

Und Pötsch deutete bereits an, dass die Ertragskraft von Porsche sich noch eine Zeitlang nicht sichtbar aufs Konzernergebnis auswirkt. Weil VW für den Fall einer Übernahme über Optionsgeschäfte vorsorgte, gleichen die entsprechenden Abschreibungen den Beitrag der Schwaben in diesem Jahr wohl gerade aus. Das kurzfristige "Nullsummenspiel" soll aber so bald wie möglich zur Gewinngemeinschaft beider werden.

Für die erfolgsverwöhnten Niedersachsen ist dieser Punkt keine Selbstverständlichkeit - argumentierten sie doch im Steuerstreit um den von Mitte 2014 auf Mitte 2012 vorgezogenen Porsche-Einbau mit den Geschäftsaussichten nach dem Zusammengehen: Wenn Gewinne früher und stärker sprudeln, spüle das dem Staat neue Einnahmen in die Kasse.

Prüfungen über VW-Porsche-Deal dauern an

Kritiker argwöhnen dagegen, VW spare durch geschicktes Ausnutzen eines Steuergesetzes 1,5 Milliarden Euro. Pötsch und Winterkorn konterten: "Volkswagen bleibt ein verlässlicher Steuerzahler." Betriebsratsboss Bernd Osterloh nannte die Vorwürfe "Blödsinn", eine Summe von "deutlich über 100 Millionen Euro" sei kein Pappenstiel.

Wo exakt und in welcher Form der Fiskus beteiligt wird, blieb vorerst aber unklar. Die Behörden prüfen überdies, ob der Porsche- Deal überhaupt rechtzeitig angekündigt wurde. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bemühte sich indes, die Wogen zu glätten: Bislang sei dies nur ein "routinemäßiger Vorgang". (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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