VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh regt eine Minderheitsbeteiligung an Zulieferern an. Ähnlich agiert der Konkurrent Toyota. Die Wolfsburger haben gerade erst ein Machtkampf mit zwei Zzlieferbetrieben beendet, die die Golf-Produktion gestört hatte.
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh bringt nach dem Streit mit Zulieferern ein stärkeres Engagement bei den Partnern ins Gespräch. «Ich muss unser Management nicht verteidigen, aber die Schuld liegt hier aus meiner Sicht nicht bei Volkswagen. Dennoch brauchen wir womöglich jetzt aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen Tagen noch ein zusätzliches Warnsystem, um derartige Risiken für Volkswagen weiter zu reduzieren. Ein denkbarer Ansatz dabei sind Minderheitsbeteiligungen - oder Vorkaufsrechte», sagte Osterloh bei einem Besuch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Er denke dabei auch an die Aufstellung des japanischen Rivalen Toyota. «Toyota ist im Endeffekt an vielen seiner Zulieferer beteiligt. Ich will damit jetzt nicht sagen, dass sich VW an all seinen Zulieferern beteiligen soll. Aber an verwundbaren Schlüsselstellen wäre das vielleicht ein Weg», sagte Osterloh, der als Kontrolleur im VW-Präsidium sitzt, dem Kern des Aufsichtsrats. Ein Streit mit zwei Zulieferern hatte die Produktion bei Europas größtem Autobauer über Tage empfindlich gestört, im Stammwerk Wolfsburg kam sogar die Produktion des Verkaufsschlagers Golf zum Erliegen. Auslöser waren eine gekündigte Entwicklungskooperation und Entschädigungsforderungen daraus. Anfang der Woche hatten VW und die Teilehersteller den Konflikt mit einem Kompromiss befriedet.
Arbeitgeber beim Zukunftspakt gefragt
Beim Ringen um einen Zukunftspakt für mehr Planungssicherheit bei der kriselnden VW-Kernmarke sieht Osterloh indes die Arbeitgeberseite am Zug. Sie müsse nun strategische Leitplanken für Zukunftsprodukte, Fabrikschwerpunkte und den Personalschlüssel dazu skizzieren.
Bei dem Zukunftspakt verhandeln Betriebsrat und Unternehmen über die Aufstellung der Kernmarke VW-Pkw. Das soll bis zur nächsten Budget-Planungsrunde in diesem Herbst abgeschlossen sein. Dann sollen nach dem Willen des Betriebsrates für die deutschen VW-Werke feste Zusagen für Investitionen, Produkte und Stückzahlen feststehen. «Wir reden dabei über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren», sagte Osterloh zur Dauer der Regelungen. «Wir müssen dabei zunächst die Frage des Henne-Ei-Prinzips klären: Wir brauchen schon ein paar Aussagen des Unternehmens dazu, in welche Richtung das laufen kann. Sonst wird das schwierig mit einem Zukunftspakt.»
Der Betriebsrat hatte die Unternehmensseite im Frühjahr für den Pakt an den Verhandlungstisch gerufen. Zuvor war bekanntgeworden, dass die Kernmarke um Golf und Passat laut Plänen aus dem Management bis Ende 2017 rund jede zehnte Verwaltungsstelle abbauen soll. Das wären gut 3000 Jobs. Osterloh wähnte Sparwut nach der Rasenmähermethode.
Die Kernmarke leidet seit Jahren unter ihrer Renditeschwäche. Der milliardenteure Skandal um weltweit elf Millionen Dieselfahrzeuge verschärfte den Druck. Um einer möglichen Salamitaktik zu begegnen, forderte Osterloh den Zukunftspakt für Perspektiven im Gesamtpaket. Einen Zukunftstarifvertrag gab es zuletzt bei VW 2006. Die 120 000 VW-Haustarifmitarbeiter genießen zwar eine Beschäftigungssicherung. Doch damit ist Jobabbau dennoch möglich, etwa über Altersteilzeit.
Zukunftsmarkt E-Autos
Auch ein Beispiel für die vom Betriebsrat gewünschten Rahmendaten nannte Osterloh: «Wenn wir irgendwann eine Million Elektro-Autos pro Jahr bei der Marke VW haben wollen, dann muss ich doch sagen, wie viele davon in China gemacht werden und wie viele in Europa. Und wie unsere Werke in Deutschland und Europa an der Wertschöpfung in der Elektromobilität profitieren.» Das Reich der Mitte ist der größte VW-Markt und sehr zukunftsträchtig für E-Autos.
Auch der Elektromobilitätstrend selbst ist ein Unsicherheitsfaktor. Was machen etwa die Werker im Verbrennungsmotorenwerk in Salzgitter, wenn Diesel und Benziner bald zurückgehen? Schwerpunkte für die neue E-Mobilität könnten dann dort ein Gegengewicht bilden. Osterloh wies dabei das Argument zurück, in Europa und vor allem in Deutschland seien die Personalkosten zu hoch. «Das alles steht auch vor dem Hintergrund, wo wir mit der Marke das Geld verdienen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Europa soll dabei nicht ganz unwichtig sein.»
Mit Blick auf die Folgen der Abgas-Affäre sieht Osterloh indes nicht überall genug Sensibilität. «Beim Management muss ich manchmal schon deutlich werden und einigen erklären, dass wir vor dem Hintergrund der Milliardenbelastungen aus dem Abgas-Skandal operieren. Und dass wir für Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren weitere Milliarden für unsere Zukunft aufwenden müssen. Ich glaube, dass das im Volkswagen-Konzern noch nicht alle ausreichend verinnerlicht haben.» Konzern-Chef Matthias Müller und Finanzvorstand Frank Witter marschierten aber «genau in die richtige Richtung». (dpa)