Daimler-Vorstand sieht höhere CO2-Hürden

Neuer Messzyklus WLTP

Daimler-Vorstand sieht höhere CO2-Hürden
Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber © AG/Mertens

Die Einführung des WLTP-Messzyklus wird die CO2-Ziele der Autohersteller verschärfen. Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber setzt sich zudem noch für realistische Tests auf der Straße ein.

Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber rechnet im Zuge der Einführung neuer Abgasmessungen mit einer deutlichen Anhebung der CO2-Ziele. «Der neue Testzyklus wird für uns eine zusätzliche Verschärfung von zehn bis 20 Gramm für die Zeit nach 2021 bringen», sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur.

WLTP-Messung kommt 2017

Der sogenannte WLTP-Messzyklus («Worldwide Harmonized Lights Vehicles Test Procedures») löst das bisherige Messverfahren 2017 schrittweise ab. «Das unterstützen wir aktiv», sagte Weber. Der Unterschied zwischen den zertifizierten Werten und dem realen Fahrbetrieb müsse angeglichen werden. «Die Verunsicherung bei den Kunden bezüglich dieser Werte ist derzeit groß.»

Im Zuge des VW-Abgasskandals ist die Debatte über die Überprüfung von Abgaswerten erneut aufgeflammt. 2017 soll das neue WLTP-Testverfahren eingeführt werden, das mehr Fahrsituationen abdeckt, allerdings nach wie vor auf dem Prüfstand stattfindet. Darüber hinaus wird innerhalb der EU über realistischere Tests von Dieselwagen auf der Straße diskutiert - sogenannten «Real Driving Emissions» (RDE).

Weber gegen eigene WLTP-Messungen

Daimler unterstütze diese Messungen unter realen Bedingungen, sagte Weber. «Dies wird zukünftig für deutlich mehr Klarheit sorgen», aber: Der Verbrauch hänge immer auch vom Fahrer ab. «Wenn wir heute einen Wert von 4 oder 4,5 Litern pro 100 km zertifizieren, kann ein vernünftiger Fahrer diesen Wert auch auf der Straße erreichen», sagte Weber. «Der Wert kann aber auch um cirka 20 Prozent nach oben abweichen, wenn man etwas flotter unterwegs ist.»

Die Maßgaben des WLTP vorwegnehmen will Weber noch nicht. Opel hatte angekündigt, 2016 den CO2-Ausstoß seiner Fahrzeuge gemäß des neuen Verfahrens zu veröffentlichen. Auch Volvo-Entwicklungsvorstand Peter Mertens hatte zuvor schon angekündigt, die neuen Fahrzeuge ab dem kommenden Jahr nach dem neuen Verfahren messen zu lassen. Daimler versuche seine Autos zwar schon intern nach den neuen Maßgaben zu bewerten. «Wir können das aber nicht veröffentlichen, weil die genaue Definition des Prüfzyklus' noch aussteht», sagte Weber. «Es bringt nichts, wenn jeder Hersteller jetzt seine eigenen Messungen macht, bevor das Gesetz da ist.»

VW-Skandal ohne Wirkung auf Daimlers Absatzzahlen

Der Mercedes S 500 Plugin-Hybrid soll sich mit 2,8 Litern begnügen.
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Bis 2021 müssen die Stuttgarter ihren Flottenwert auf 100 Gramm CO2 je Kilometer trimmen. In diesem Jahr habe Daimler eine Reduzierung von fünf Gramm auf 124 Gramm geschafft. «Wir haben einen überproportionalen Schritt gemacht. Jetzt wird die Kurve abflachen», sagte Weber. Die höhere Zahl von Kompaktmodellen und Spritspartechnologie in größeren Fahrzeugen habe dazu beigetragen. Auch die fünf Plug-In-Hybride, die mit Strom und Benzin fahren, zeigten Wirkung. 2011 lag der Wert noch bei 150 Gramm.

Genau wie andere Autobauer sind die Stuttgarter auf den Diesel angewiesen, um die Vorgaben beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) zu erreichen. Bei Daimler liegt der Dieselanteil in Europa bei mehr als zwei Dritteln der verkauften Fahrzeuge. «Der Diesel ist etwa zehn Prozent effizienter als der Benzin- bzw. Otto-Motor», sagte Weber. Für die neue E-Klasse sei eine neue Diesel-Motor-Generation in Vorbereitung, die die bisherige Abgasnachbehandlung weiterentwickle. «Müssten wir auf Diesel komplett verzichten, müssten wir etwa acht bis zehn Gramm CO2 zusätzlich kompensieren.» Bislang sei der VW-Abgasskandal in Daimlers Absatzzahlen aber überhaupt nicht zu spüren.

Daimler mit Wasserstoff-Fahrzeug ab 2017

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Der Mercedes GLC erhält eine Brennstoffzelle Mercedes

«Das Auto der Zukunft hat null Emissionen. Das geht aber nicht über Nacht», sagte Weber. Er rechne damit, dass sich die Energiedichte der bislang verwendeten Lithium-Ionen-Akkus verdoppeln werde, während sich die Kosten halbieren.

Für die Zukunft tüftelt Daimler wie andere Hersteller an Brennstoffzellentechnologie. «Sie bietet hohe Reichweiten, kurze Betankungszeiten und eignet sich auch für größere Fahrzeuge. Deshalb haben wir uns für ein Brennstoffzellenauto auf Basis unseres GLC entschieden», kündigte Weber an. Der sportliche Geländewagen war in diesem Jahr als Nachfolger des GLK auf den Markt gekommen. Das Wasserstoff-Fahrzeug ist für 2017 bis 2018 geplant. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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