Starke Allianz formiert sich um Winterkorn

Machtkampf bei VW

Starke Allianz formiert sich um Winterkorn
Wusste Martin Winterkorn bereits 2015 von der Schummelsoftware? © dpa

Im Machtkampf bei Europas größtem Autobauer VW zeichnet sich keine schnelle Lösung ab. Allerdings erhielt Konzernchef Martin Winterkorn, dem von Aufsichtsratschef Ferdinand Piech das Vertrauen entzogen wurde, weitere Rückendeckung.

In der Führungskrise bei Europas größtem Autobauer Volkswagen ist keine schnelle Lösung in Sicht. Auch am dritten Tag nach der Attacke des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch auf Konzernchef Martin Winterkorn war am Montag zunächst nicht abzusehen, wie der Machtkampf ein Ende finden könnte.

So stand am Montag nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa weder eine außerplanmäßige Sitzung des Aufsichtsrats noch ein Treffen des sechsköpfigen Präsidiums im Raum, das die Machtzentrale des Kontrollgremiums ist. Indes erhielt Winterkorn immer mehr Rückendeckung von Aufsichtsratsmitgliedern.

Routinemäßiges Treffen steht bevor

Winterkorn und Piëch setzten sich demnächst an einen Tisch, berichtete das «Handelsblatt» (Montag). Demnach soll es «in den kommenden Tagen ein routinemäßiges Treffen zwischen den beiden mächtigen Managern geben». Dabei solle es auch um die Aussagen von Piëch gehen. Der hatte sich am Freitag im «Spiegel» von seinem «Ziehsohn» und langjährigen Vertrauten Winterkorn distanziert. Eine Bestätigung für das angebliche Spitzentreffen gab es zunächst nicht.

Scheinbar unbeeindruckt von der Kritik Piëchs absolvierte Winterkorn am Montag seinen Auftritt bei der Hannover Messe. Ohne erkennbare Gemütsregung präsentierte er Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Indiens Premierminister Narendra Modi einen auf dem Subkontinent gebauten Volkswagen. Es war Winterkorns zweiter öffentlicher Auftritt nach dem Eklat - am Vorabend hatte er an einem VIP-Empfang nach dem Start der Industrieschau teilgenommen.

Nachdem Merkel weitergezogen war, fragte der NDR-Hörfunk Winterkorn, ob er etwas zu seiner Zukunft sagen wolle. «Es gibt eine», antwortete Winterkorn laut NDR, lachte und verschwand. Ein Konzernsprecher bestätigte die Szene. Dass sich die Antwort auf seine Zukunft im Konzern bezieht, ist zumindest nicht unwahrscheinlich. Am Wochenende hatten mehrere Medien übereinstimmend aus Winterkorns Umfeld berichtet, er wolle sich nicht vom Hof jagen lassen.

Huber stellt sich hinter Winterkorn

Aufsichtsratsmitglied Berthold Huber stellte sich demonstrativ auf Winterkorns Seite. «Wir haben mit Herrn Winterkorn einen hervorragenden Automobilisten und Vorstandsvorsitzenden, der unser vollstes Vertrauen hat», sagte der frühere IG-Metall-Chef zu «Spiegel Online». Huber ist ebenso Mitglied im Aufsichtsratspräsidium wie auch Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), die sich bereits zuvor für Winterkorn ausgesprochen hatten.

Piëch ist Großaktionär und Aufsichtsratschef bei VW. Winterkorn galt bisher als sein enger Vertrauter. So galt er auch lange Zeit als Nachfolger Piëchs an der Spitze des Aufsichtsrates. Nach Piëchs Ansage («Ich bin auf Distanz zu Winterkorn») steht der Konzernchef nun erheblich unter Druck und alle fragen sich, wie die festgefahrene Situation gelöst werden könnte. Piëchs Motive für sein Abrücken von Winterkorn sind unklar.

Piëch-Biograf Wolfgang Fürweger sieht den VW-Patriarchen als einzig möglichen Sieger in der Machtprobe. «Es wird einer auf der Strecke bleiben - und das wird nicht Ferdinand Piëch sein», sagte der Österreicher am Montag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Er gehe davon aus, dass die Familien Porsche und Piëch eine Lösung «im Sinne von Piëch» finden, der sich bisher noch immer durchgesetzt habe.

Gewiss sein kann sich Winterkorn der Unterstützung aus Politik und Wirtschaft. «Ihm ist eine Welle der Solidarität entgegengeschwappt», sagte der Teilnehmer des VIP-Empfangs, den Winterkorn am Sonntagabend nach dem Start der Hannover Messe besucht hatte. Weitere Teilnehmer bestätigten, dass bekannte Persönlichkeiten intensiv auf Winterkorn zugingen und sich mit dem Konzern-Chef unterhielten. «Es war nicht der Hauch einer Irritation zu erkennen», sagte ein Beobachter.

Arbeitnehmer stehen hinter VW-Chef

Unter den Gesprächspartnern waren Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und Daimler-Boss Dieter Zetsche, der Aufsichtsratsquerelen um sein Amt gut kennt. Vor zwei Jahren verweigerte ihm die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat die uneingeschränkte Vertragsverlängerung, Zetsche galt als angezählt. Jetzt stehen die Kontrolleure wieder geschlossen hinter dem Daimler-Boss. Anders als Zetsche damals weiß Winterkorn die bei VW mächtige Arbeitnehmerseite allerdings hinter sich.

Aus Winterkorns Umfeld verlautete am Montag, dass der bestbezahlte Dax-Manager «gelöst» wirke. Mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat, den Vertretern des VW-Ankeraktionärs Niedersachsen und mit dem Piëch-Cousin und VW-Großaktionär Wolfgang Porsche hat sich bereits eine starke Allianz um Winterkorn formiert. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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