VW ID.3: Durchstarten mit dem Facelift

VW ID.3: Durchstarten mit dem Facelift
Autogazette-Redakteur Frank Mertens konnte sich den neuen VW ID.3 vorab anschauen. © VW/Ingo Barenschee

Eines muss man Volkswagen und seinem Markenchef Thomas Schäfer lassen. Sie hören auf die Kritik der Kundschaft. Das sieht man am ID.3.

Es ist das erste Elektromodell der Wolfsburger, das auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB) des Konzerns basiert. 2020 wurde der erste ID.3 an Kunden ausgeliefert. Mit ihm wollte VW erfolgreich durchstarten ins Zeitalter der Elektromobilität.

Doch der ID.3 wurde nicht die Erfolgsgeschichte, die sich der damalige VW-Chef Herbert Diess erwartet hatte. Statt Lobeshymnen gab es gleich nach dem Marktstart Tadel am ersten MEB-Modell. Auf Kritik stieß neben der Verarbeitungsqualität die Software – und auch das Design des ID.3 unterstrich letztlich nicht den Aufbruch, den man sich von einem derart wichtigen Auto von Europas größtem Autobauer erwartet hatte.

Markenchef Schäfer zeigte sich selbstkritisch

Optisch aufgewertet: der neue ID.3 von VW. Foto VW/Ingo Barenschee

Diese Kritik hat man in Wolfsburg ernst genommen. Thomas Schäfer, der erst seit Juli vergangenen Jahres die Kernmarke leitet, räumte selbst ein, dass die Qualität des ID.3 nicht dem entspricht, was die Kundinnen und Kunden von VW erwarten dürfen. Deshalb kommt der ID.3 zweieinhalb Jahre nach der Markteinführung der ersten Generation nun früher als geplant mit einer umfangreichen Modellüberarbeitung auf den Markt. Ursprünglich war die erst für Ende dieses Jahres angedacht. Dass sie nun vorgezogen wurde, zeigt, wie unzufrieden man bei VW selbst ist.

Mit der Überarbeitung soll nun alles besser werden. So fährt der neue ID.3 nicht nur mit der neusten Software-Generation vor, sondern auch mit allen Komfort- und Assistenzsystemen, die das Konzernregal zu bieten hat. Doch auch am viel gescholtenen Innenraum und Design wurde Hand angelegt. Zu begutachten war der neue ID.3 vor der offiziellen Weltpremiere an diesem Mittwoch bereits Anfang Februar in Hannover. In einer Classic Garage präsentierte VW seinen neu gestylten Stromer ausgesuchten Medien.

Flächen hochwertiger, Design frischer

Der neue ID.3 hat auch ein größeres Display bekommen. Foto: VW/Ingo Barenschee

Die Auffrischung hat dem ID.3 augenscheinlich gut getan. Im Innenraum wurden beispielsweise die Flächen der Mittelkonsole als auch die der Türinnenverkleidung unterschäumt. Das steigert die Qualitätsanmutung deutlich. Bei den Sitzen wurden zudem neue Materialien verwendet; sie sind nun zu 70 Prozent aus recycelten Materialien. Die Neuerungen sehen nicht nur gut aus, sondern fühlen sich auch so an.

„Der neue ID.3 bestätigt unseren Anspruch an Wertigkeit, Design und Nachhaltigkeit. Das Design wird erwachsener, die Materialien im Innenraum hochwertiger“, kommentiert VW-Vertriebsvorständin Imelda Labbé die Neuerungen. „Die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden stehen bei uns im Mittelpunkt. Deswegen hören wir genau zu und richten unser Produktportfolio an ihren Anforderungen aus“, fügt sie hinzu.

Dass auch das Design einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht hat, wie Labbé sagt, sieht man dem neuen ID.3 vor allem an der Front an. Sie wurde komplett überarbeitet. „Auf die schwarze Kunststoffleiste unterhalb der Windschutzscheibe haben wir verzichtet, dadurch wirkt die Haube jetzt länger“, so Produktmanager Claas-Lennard Stöhr. Die optimierten und vergrößerten Lufteinlässe sorgen nicht nur für einen dynamischeren Auftritt, sondern auch für einen verbesserten Luftstrom um die Vorderräder. Die verbesserte Aerodynamik beschert einen cw-Wert von 0,26. Zu den Optimierungen im Windkanal gehören neben einer elektrische Kühlerjalousie auch spezielle Felgen. Leichte Modifikationen gibt es auch hinten mit den neuen und zweigeteilten Rückleuchten. Zukünftig strahlt auch deren Teil in der Heckklappe.

Bereit fürs bidirektionale Laden

Das Heck des ID.3 mit den neuen Leuchten. Foto: VW/Ingo Barenschee

Ein ebenfalls kritisiertes Thema wurde indes noch nicht verbessert: Es ist die dunkle Sliderleiste unterhalb des Touchscreens. Sie erhält eine Beleuchtung erst im Jahr 2024. Bis dahin müssen die Käufer eines ID.3 auch auf eine bessere Bedienung des Multifunktionslenkrades warten – hier bleibt es vorerst bei den nicht gut zu bedienenden sensitiven Tasten. Das neue Volant kommt zunächst im Passat und im Tiguan zum Einsatz, ehe sich ab 2024 auch Fahrerinnen und Fahrer eines ID.3 darüber freuen können. Dafür gehört in der neuen Generation ein größerer Bildschirm mit 12 Zoll zur Serienausstattung.

Und, wie sieht es mit Plug-and-Charge aus? Darauf ist der Neue vorbereitet. Wenn auch die Ladestation entsprechend ausgerüstet ist, entfällt das Zücken der Ladekarte oder die Nutzung der App. Der Vorgang startet automatisch. Für das bidirektionale Laden ist der neue ID.3 ebenfalls bereit. Dafür bedarf es indes nicht nur entsprechender Wallboxen zum Einspeisen der Energie ins Haus („Vehicle-to-Home“) sondern auch gesetzlicher Rahmenbedingungen für „Vehicle-to-Grid“, also das Einspeisen ins Stromnetz. Damit würde das E-Auto dann Teil des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems.

Von der ID-Familie wurden seit der Markteinführung weltweit mehr als 600.000 Fahrzeuge verkauft. Wie viele ID.3 darunter sind, sagt VW auf Anfrage nicht. Mit der Überarbeitung des ID.3 hoffen die Wolfsburger jedoch, dass ihr bisheriges Einstiegsmodell in die Elektro-Welt – der ID.2 kommt erst 2025 – auch Boden bei den Absatzahlen gut macht. Allerdings wird der Spaß, einen ID.3 zu fahren, mit der neuen Generation um fast 6000 Euro teurer. Der neue ID.3 startet dann in der Pro-Variante mit 58 kWh starker Batterie und einer Leistung von 204 PS bei rund 44.000 Euro – dann allerdings mit deutlich mehr Ausstattung. Über ein günstigeres Basismodell denkt man bei VW nach, entschieden ist hier aber noch nichts.

In jedem Fall wähnt man sich in Wolfsburg mit der E-Offensive auf dem richtigen Weg – und will die Erfolgsgeschichte der ID-Familie mit dem neuen ID.3 fortschreiben. „Unser Fokus ist und bleibt, dass Volkswagen die begehrenswerteste Marke für nachhaltige Mobilität wird“, sagt Labbé. Mit Blick auf die E-Mobilität hat VW seine Zielsetzung übrigens nachgeschärft. Ab 2030 soll der Absatz reiner E-Autos in Europa bei 70 Prozent liegen – und ab 2033 will man nur noch reine E-Autos anbieten.

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