Erneut versucht die EU-Kommission, das VW-Gesetz zu kippen. Dabei soll das festgeschriebene Veto-Recht des Landes Niedersachsen wegfallen.
Im Streit um das VW-Gesetz hat die EU-Kommission wie angekündigt Klage gegen Deutschland eingereicht. Das teilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg mit. Die Rechtssache ist laut Gericht bereits im Februar eingegangen und hat die Nummer C-95/12. In dem seit zehn Jahren schwelenden Streit ist die EU-Behörde nun bereits zum zweiten Mal vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Den Schritt hatte sie im November 2011 angekündigt.
EU-Kommission: VW-Gesetz schreckt Investoren ab
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums bestätigte in Berlin lediglich, dass die Klageschrift eingegangen sei. Innerhalb der Bundesregierung werde nun eine Stellungnahme erarbeitet.
Die EU-Kommission will das im VW-Gesetz festgeschriebene Veto-Recht des Landes Niedersachsen bei wichtigen Entscheidungen zu Fall bringen. Nach Ansicht der Brüsseler Wettbewerbshüter schreckt die Regelung potenzielle Investoren ab, behindert Innovationen und kann zu steigenden Preisen führen. Daher verstoße die Sperrminorität für das Land Niedersachsen gegen EU-Recht.
Schutz vor feindlichen Investoren gefährdet
Politiker und Gewerkschaften fürchten dagegen um den Schutz für den Autobauer vor feindlichen Investoren und die Mitbestimmung. Der VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh warf der Kommission Prinzipien-Reiterei vor, die sachlich unbegründet sei. Der Europäische Konzernbetriebsrat von Volkswagen werde deutlich machen, dass die Arbeitnehmervertreter aus vielen europäischen Ländern kein Verständnis für den neuen Vorstoß hätten. «Wir brauchen in Europa mehr Regelungen wie das VW-Gesetz (...), nicht weniger», betonte Osterloh.
Bundesregierung droht Millionen-Strafe
Die Klage richtet sich gegen die Bundesrepublik. Dabei geht es auch um ein millionenschweres Bußgeld. Ändert die Bundesregierung das Gesetz nicht, verlangt die Kommission vor Gericht eine Strafe von mindestens 46,5 Millionen Euro. Diesen Betrag müsste die Bundesrepublik - und nicht VW - zahlen. Die Richter könnten die Klage abweisen, sie könnten aber auch weitere Änderungen verlangen oder ein Bußgeld verhängen, das auch noch höher ausfallen kann.
Bereits 2007 hatte die EU-Kommission auf juristischem Weg Änderungen des VW-Gesetzes erzwungen. Die 20-Prozent-Sperrminorität des Landes Niedersachsen blieb aber erhalten. Politiker und Gewerkschaften fürchten um den Schutzwall für den Autobauer und die Mitbestimmung.
Gabriel spricht von verbliebenen «Marktfundamentalisten» in Brüssel
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, offensichtlich wollten die verbliebenen «Marktfundamentalisten» in Brüssel noch einmal die ideologischen Schlachten der Vergangenheit schlagen. Die Kommission scheine nur die Märkte im Blick zu haben, nicht die Menschen.
Für die SPD sei klar: «Wir stehen zu den Beschäftigten bei VW und zum bewährten VW-Gesetz.» Der SPD-Landeschef in Niedersachsen, Stephan Weil, kritisierte, die EU-Kommission treibe einen enormen Aufwand, um ein Erfolgsmodell zu beschädigen. (dpa)