VW bekennt sich zum Plug-in-Hybriden

VW bekennt sich zum Plug-in-Hybriden
Für VW ist die Hybrid-Technik wichtig für die Erreichung der CO2-Flottenziele. © VW

VW bekennt sich zum reinen E-Auto – und zum Plug-in-Hybrid. Er ist für die Erreichung der CO2-Grenzwerte wichtig. Bei der Reichweite will der Autobauer weiter zulegen – vor allem bei einem Modell.

Norwegen gilt als Musterland für alles, was mit dem elektrischen Autofahren zu tun hat. Strenges Tempolimit, gut ausgebaute Straßen auch in entlegene Gegenden, in denen zudem fast überall das mobile Internet funktioniert.

Nirgendwo ist der Anteil der reinen Elektromobile so groß wie hier im hohen Norden. Aber die Norweger lieben auch ihre Plug-in-Hybride, die mit einer Kombination aus Verbrennungsmotoren und E-Triebwerk unterwegs sind. Da ideale Terrain also für eine ganze Flotte solcher Autos aus dem fernen Wolfsburg.

16 Prozent Plug-in-Hybride beim Golf

VW und seine Doppelherz-Modelle, eine Erfolgsgeschichte? Auch die Norweger kaufen gerne Plug-in-Modelle mit VW-Logo. Den Golf GTE zum Beispiel, der im letzten Jahr immerhin Platz 5 der Zulassungshitliste des Nordlandes eroberte. Jetzt parkt er auf dem großen Platz neben einem modernen Fußballstadion in Molde. Rund 26.000 Einwohner hat die Hafenstadt. Fast die Hälfte von ihnen passt in die Arena, in der Erin Haarland zwei Jahre lang auf Torejagd ging. Jetzt also eine Tour entlang der Atlantikküste im Doppelherz-Golf. Der Teilzeitstromer im Programm des Bestsellers ist weithin bekannt, im letzten Jahr haben sich 16 Prozent der Golf-Käufer für ihn entschieden.

Die Fahrt in neuer entspannter Umgebung jedoch offenbart deutlicher als im verkehrstechnisch rasanten Deutschland, wo die Stärken des Hybrids liegen. Engmaschig überwachtes Tempolimit von 40 bzw. 50 km/h in den Ortsdurchfahren. Außerhalb pendelt die Begrenzung zwischen 60 und 80 km/h. Da das Abstandsradar des Golf mit der Verkehrsschilderkennung und den Navidaten zusammenarbeitet, ist man stets auf der sicheren Seite. Der Golf weiß schon vorher, was da gleich am Straßenrand lauert, der Tempomat geht vom Gas und schafft es jedes Mal, punktgenau beim Passieren des Schildes erscheint das korrekte Tempo auf dem Tachonadel.

3,1 Liter Verbrauch

Das hat natürlich nichts viel mit der Hybridtechnik an sich zu tun, hat aber Auswirkungen auf deren Funktionen, auf das elektronisch geregelte Zusammenspiel der beiden Antriebe zum Beispiel. Ständig schickt der Bordrechner den 1,4-Liter-Benziner in den vorläufigen Ruhestand, um ihn kurze Zeit später wiederzuerwecken. Da kann Dutzende von Malen in einer Minute geschehen, der Einfluss des Fahrers beschränkt sich auf Fußarbeit per Gaspedal. Von hier kommen die Befehle, die der GTE dann verarbeitet. Am Ende der Tour meldet der Bordcomputer 3,1 Liter Benzinverbrauch auf 100 Kilometer, auf mehr als die Hälfte der Strecke sorgte die Batterie allein für den Antrieb. Für den Hinterkopf: Dieser Golf hat eine Gesamtleistung von 245 PS.

Vorbild Norwegen? Da die ungezügelte Hatz auf der Autobahn ebenso durch die Osloer Gesetzeshüter eingebremst wird wie das Rumtoben von Kurve zu Kurve auf der Landstraße übernimmt weniger der Mensch als die beschriebene Technik das Kommando. Und die ist nun mal frei von sportlichen Ambitionen, hat keine Rambo-Gene in ihrer DNA und folgt stur der Vorgabe ihrer studierten Schöpfer nach höchster Effizienz. Das funktioniert in Norwegen, da der Mensch zwangläufig mitspielt und beflissen die staatlich auferlegten Grenzen befolgt.

Leben ohne Reichweitenangst

Ein Lernprozess, den deutsche Plug-in-Kunden noch vor sich haben. Elektrisch an den Wochentagen zur Arbeit und wieder nach Hause. Per Steckdose im Carport die Batterie bei Laune halten, und beim Ausflug zur Oma aufs weiter entferne Land muss eben der Verbrenner häufiger die Muskeln spielen lassen. Vor allem für die immer zahlreich werdenden Pendler im Umland unserer Städte passt das wie beim Golf GTE prima. Ein Leben ohne Reichweitenangst, aber trotzdem zumindest ein zumindest halbwegs reines Gewissen.

Doch neuerdings tut sich Disharmonie im lange so behutsamen Zweiklang von Staaten und Autoindustrie auf. Auf Druck der EU werden ab 2022 die Kriterien für die Förderung der Hybrid-Modelle verschärft. Geld aus dem Steuertopf gibt es nur noch dann, wenn so ein Modell entweder mindestens 60 Kilometer weit rein elektrisch unterwegs sein kann oder nicht mehr als 50 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft bläst.

Für viele Dickschiffe der teuren und starken Art ist das nicht mehr zu schaffen. Kein Problem aber für den Golf oder den identisch angetriebenen VW Tiguan eHybrid, auch nicht für den Passat GTE. Sogar die teil-verstromte Version des Designerstücks Arteon verdient sich weiterhin den Geldsegen von bis zu 7.110 Euro aus Berlin.

Sorgenkind Touareg

Beim Touareg mit PHEV muss VW noch bei der Reichweite nachlegen. Foto: VW

Das VW-Sorgenkind heißt Touareg. Mit seiner bescheidenen Reichweite von höchstens 47 Kilometern und einem CO2-Ausstoß von 63 Gramm pro Kilometer purzelt er aus der Förderung. Ärgerlich und gefährlich für VW. Immerhin ein gutes Viertel aller Touareg-Kunden wählen die Plug-in-Version. Doch Volkswagen ist zuversichtlich, die Hürde durch Feinarbeit an Motor und Abgasanlage doch noch bis Jahresende nehmen zu können. Die Interessenten des fast 73.000 Euro teuren Touareg können also aufatmen.

Für VW ist die Hybrid-Technik eine wichtige Brücke zu den reinen Elektroautos, die sogar noch weiterentwickelt werden soll. So soll die Batterie dichter und damit leistungsfähiger werden. Elektrische Reichweiten auch über 100 Kilometer hinaus sind machbar. Ein überraschendes Bekenntnis von Deutschlands Nummer 1 zum Hybrid, der ja immerhin stets auch einen Verbrennermotor an Bord haben muss. Aber vielleicht ist es doch nicht ganz so überraschend. Denn noch spielt der PHEV zur Erreichung der CO2-Grenzwerte eine wichtige Rolle.

Mercedes dagegen verkündete auf der IAA, dass das Unternehmen zwar noch lange den Plug-in-Hybrid-Antrieb anbieten wird, sich aus dessen Weiterentwicklung aber zurückzieht. Begründung: Diese Technik sei fertig entwickelt, weitere Fortschritte nicht zu erwarten. Allerdings fahren einzelne Daimler-Plug-ins auch schon 100 Kilometer weit mit Strom. In diesen Bereich müssen die Wettbewerber erst einmal kommen. Volvo nähert sich dieser Marke an. Gerade erst haben die Schweden bekannt gegeben, dass ihrer PHEVs der 6er- und 90er-Baureihe bis zu 90 Kilometer rein elektrisch fahren. (AG/SP-X)

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