Entscheidung vertagt: Machtkampf bei VW geht weiter

Sitzung des Aufsichtsrates

Entscheidung vertagt: Machtkampf bei VW geht weiter
VW-Chef Herbert Diess. © dpa

Beim VW-Konzern kehrt keine Ruhe ein: Der Aufsichtsrat hat keine Entscheidung zu Personalfragen getroffen – auch nicht über eine vorzeitige Vertragsverlängerung von Herbert Diess.

Das teilte das Unternehmen nach dem jüngsten Treffen der Kontrolleure am Mittwochabend mit. Das oberste Gremium des weltgrößten Autokonzerns war nach entsprechenden Vorbereitungen des Präsidiums in der vergangenen Woche zusammengekommen, um über verschiedene Themen zu beraten.

„Die Gespräche zwischen allen Beteiligten laufen konstruktiv weiter“, hieß es am Abend. „Beschlussfassungen wurden in der heutigen Sitzung erwartungsgemäß nicht getroffen.“

Neubesetzung von Vorstandsposten

Die Aufseher von Volkswagen wollen dem Vernehmen nach bald über eine Reihe wichtiger Personalien abstimmen. Die Rede ist etwa von einer Neubesetzung und einem geänderten Zuschnitt einiger zentraler Vorstandsressorts. Entscheidungen zu solchen Kernfragen wurden für den Mittwoch allerdings als unwahrscheinlich angesehen, wie bereits vorab aus Konzernkreisen zu hören gewesen war – auch dazu, ob der Vertrag mit Diess vorzeitig verlängert werden könnte.

Eigentlich hatte sich der Aufsichtsrat erst am Donnerstag zusammensetzen wollen. Dann sind im niedersächsischen Landtag jedoch wichtige Debatten angesetzt, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sitzt in dem Gremium.

Rückzug von Finanzvorstand

VW-Finanzchef Frank Witter will sich Mitte 2021 zurückziehen, außerdem wird ein Nachfolger für den vor kurzem ausgeschiedenen Chefeinkäufer Stefan Sommer gesucht. Diess soll nach Informationen aus dem Umfeld des Unternehmens schon Kandidaten für die Posten ins Spiel gebracht haben – doch vor allem eine Nominierung des aktuellen Audi-Finanzchefs Arno Antlitz stößt offenbar auf Widerstand im mächtigen Volkswagen-Betriebsrat. Auch zu einer eventuellen Umstrukturierung von Vorstandsbereichen oder zum Aufbau eines IT- und Software-Ressorts soll es Gesprächsbedarf geben.

Um Diess‘ eigene Zukunft könnte es in den weiteren Beratungen ebenfalls gehen. Er soll erneut auf eine frühzeitige Verlängerung seines bis Frühjahr 2023 laufenden Vertrags gedrungen haben, was bei einigen der 20 Kontrolleure Insidern zufolge nicht so gut ankam. In der Vorbereitung soll das Thema im engsten Zirkel bereits zur Sprache gekommen sein, eine Vorentscheidung gab es bisher jedoch nicht.

Kritik am Führungsstil

Im vollen Aufsichtsratskollegium sitzen neben Vertretern der Großaktionärsfamilien Porsche/Piëch, des Landes Niedersachsen und des Emirats Katar unter anderem auch die IG Metall und hohe Betriebsräte. Zuletzt gab es Spekulationen, Diess könnte die Vertrauensfrage stellen, nachdem es bereits im Mai und Juni heftige Kritik an seinem Führungsstil vonseiten der Arbeitnehmerbank gegeben hatte.

Der Manager hatte erklärt, „verkrustete“ Strukturen bei Volkswagen aufbrechen zu wollen, fühlt sich jedoch ausgebremst. Für sein beschleunigtes Umsteuern in Richtung E-Mobilität bekommt Diess auch viel Zuspruch. Andererseits fühlen sich insbesondere manche Gewerkschafter durch das forsche Auftreten vor den Kopf gestoßen.

Beschlüsse zu Investitionen bereits getroffen

Belegschaftsvertreter sehen zudem eine mögliche Erhöhung des Tempos beim Konzernumbau oder einen noch schärferen Sparkurs kritisch. Die Anlaufprobleme bei den Kernmodellen Golf 8 und ID.3 hatten im Frühjahr zu heftigem Krach mit dem Betriebsrat geführt.

Die wichtigsten Fragen rund um die geplanten Investitionen in den kommenden Jahren hatte das Kontrollgremium dagegen kürzlich abgeschlossen. Der weltgrößte Autokonzern steckt bis einschließlich 2025 insgesamt 150 Milliarden Euro in seine Projekte und das globale Werksnetz – davon ist fast die Hälfte für Zukunftsthemen wie alternative Antriebe und die weitere Digitalisierung vorgesehen. (dpa)

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