Volkswagen forciert Erdgas-Antrieb

Müller bricht eine Lanze für den Diesel

Volkswagen forciert Erdgas-Antrieb
VW setzt weiter auf Diesel und Erdgas © dpa

VW-Chef Matthias Müller will mit einer übergreifenden Kampagne das derzeit schlechte Image des Selbstzünders aufbessern. Der Konzern selbst fördert künftig verstärkt den alternativen Kraftstoff Erdgas.

Volkswagen will angesichts des schlechten Rufs von Dieselmotoren den Selbstzünder retten. Gleichzeitig will Europas größter Autobauer zusammen mit mehreren Partnern Erdgas als alternativen Kraftstoff voranbringen, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. VW steht auch wegen des Skandals um manipulierte Dieselfahrzeuge unter Druck, alternative Antriebe zu entwickeln - dennoch werden nach Erwartung des Herstellers noch 2025 drei von vier Neuwagen mit Benzin oder Diesel angetrieben werden.

Zwar habe der Dieselantrieb mit starkem Gegenwind in Politik und Öffentlichkeit zu kämpfen: «Aus unserer Sicht ist der moderne Diesel aber Teil der Lösung, nicht des Problems», sagte Müller der «Automobilwoche». VW erwägt seinen Worten zufolge eine Kampagne, an der sich andere Hersteller beteiligen sollen.

Übergreifende Kampagne für den Diesel

Müller sagte dem Blatt, eine Kampagne für die Selbstzünder solle am besten übergreifend erfolgen, weil nicht nur Volkswagen betroffen sei. Auch andere Hersteller bräuchten Diesel, um die staatlichen CO2-Ziele zu erreichen. Mit Blick auf drohende Fahrverbote in Innenstädten sagte er, es sei problematisch, Euro-5-Diesel «generell zu verdammen». Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sei «durchaus offen» dafür, Dieselmotoren nachzurüsten.

Nach Ansicht des Branchenverbandes VDA sind Nachrüstungen allerdings schwer möglich: «Aus wirtschaftlicher Sicht lässt sich eine Nachrüstung auf Euro 6 kaum darstellen.» Müller betonte, dies werde intensiv geprüft.

Milliarden-Investitionen in die Antriebsforschung

Wegen der wachsenden Kritik am Dieselmotor fürchtet die Autoindustrie um Milliardeninvestitionen. Zuletzt war etwa bekanntgeworden, dass heutige Diesel-Autos laut Umweltbundesamt den EU-Grenzwert auf der Straße um ein Vielfaches übersteigen. Einer Forsa-Umfrage zufolge planen zudem nur noch zwei von fünf Diesel-Fahrern beim nächsten Autokauf die erneute Anschaffung eines Diesels.

VW erwartet aber, dass Benziner und Diesel trotz des Trends zu neuen Antrieben noch lange den Ton angeben. Moderne Verbrennungsmotoren blieben «noch mindestens 20 Jahre elementar», hatte Konzernchef Matthias Müller jüngst auf dem Wiener Motorensymposium gesagt. VW werde bis 2022 zehn Milliarden Euro in die Entwicklung des Verbrennungsmotors investieren, kündigte er an. In Elektro- und Hybridmotoren sollen bis dahin neun Milliarden Euro fließen.

Erdgas ein «wichtiger Baustein»

Bis 2025 solle zudem die Gas-Flotte hierzulande auf rund eine Million Fahrzeuge verzehnfacht werden, teilte Volkswagen mit. Die Zahl der CNG-Tankstellen - CNG steht für «Compressed Natural Gas», Erdgas oder regeneratives Gas aus Öko-Strom - solle im gleichen Zeitraum von rund 900 auf 2000 steigen. Eine entsprechende Absichtserklärung unterschrieben VW, Gasnetzanbieter und Betreiber von CNG-Tankstellen.

Bei dem Vorhaben geht es nicht nur um Personenwagen, sondern auch um Lastwagen sowie den öffentlichen Nahverkehr in Städten und Kommunen. Wegen seiner kurzfristigen Verfügbarkeit sei Erdgas ein «wichtiger Baustein» für die umweltfreundliche Mobilität der Zukunft, erklärte Ulrich Eichhorn, Leiter Forschung und Entwicklung bei Volkswagen. Wie genau das Ziel erreicht werden soll, stand zunächst nicht fest - konkrete Maßnahmen sollten gesondert vereinbart werden.

Während Pkw mit CNG betankt werden, steht für den Schwerkraftverkehr flüssiges Erdgas (LNG) zur Verfügung, dass dort auch als umweltschonendere Alternative zum Diesel gilt. In China und den USA ist der Kraftstoff bereits verbreitet. In Deutschland steckt das Projekt noch in den Kinderschuhen. Am Dienstag eröffnete in der Nähe von Berlin die erste LNG-Tankstelle. (AG/dpa/tmn)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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