Die alltagsuntauglichen Werte der Autos bei der CO2-Messung sind auf Gesetzeslücken zurückzuführen. Der International Council of Clean Transportation (ICCT) fordert mehr Transparenz bei den offiziellen Daten sowie regelmäßige nachträgliche Stichproben.
Die Verkehrsexperten, die den VW-Dieselskandal aufgedeckt haben, prangern Gesetzeslücken schon in den Vorbereitungen für die CO2-Messung im Labor an. Die sogenannten Ausrollversuche, mit denen die offiziellen Fahrwiderstände von Autos gemessen werden, ergäben deutlich geringere Werte, als im Alltag realistisch sei, teilte der International Council of Clean Transportation (ICCT) am Dienstag mit.
Die betreffenden Werte bestimmen, wie viel Energie ein Auto später im Labor aufbringen muss, und beeinflussen so Verbrauch und CO2-Ausstoß. Die unrealistisch niedrigen Werte erklären laut ICCT ein Drittel der Abweichung des CO2-Ausstoßes im Alltag von den Laborbedingungen.
Schlupflöcher werden voll ausgenutzt
Nach ICCT-Angaben nutzen die Autobauer Gesetzeslücken bei den Ausrollversuchen. "Da werden zum Beispiel Reifen übermäßig aufgepumpt, das Profil annähernd komplett abgerieben oder Reifen im Ofen gehärtet, damit sie weniger Rollwiderstand haben", erklärte der Geschäftsführer des ICCT in Europa, Peter Mock. Das sei zwar nicht vorgesehen - aber auch nicht explizit verboten. "Diese Schlupflöcher werden voll ausgenutzt."
Die Experten konnten für 19 Automodelle aus den Jahren 2009 bis 2012 die offiziellen Widerstandswerte mit Alltagswerten vergleichen, die unabhängige Labors gemessen hatten. In allen 19 Fällen lag der tatsächliche Widerstand demnach über dem offiziellen Wert.
Transparenz der Daten gefordert
Anders als in den USA seien die offiziellen Daten zum Fahrwiderstand in der EU nicht öffentlich, kritisierten der ICCT. "Neben der Schaffung von mehr Transparenz ist es wichtig, dass in der EU in Zukunft Gesetzeslücken in den Fahrzeug-Testprozeduren geschlossen werden." Zudem seien regelmäßige nachträgliche Stichproben durch Behörden notwendig.
Messungen des ICCT hatten im vergangenen Jahr US-Behörden auf die Spur der Abgas-Manipulationen bei VW geführt. Dabei stand zunächst der Stickoxid-Ausstoß im Mittelpunkt. Derzeit beschäftigen sich deutsche Experten im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auch mit CO2-Werten. Diese sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sondern bestimmen in Deutschland maßgeblich auch die Höhe der anfallenden Kfz-Steuer für die Autobesitzer.
Auch aufgrund der alltagsuntauglichen Messungen löst im kommenden ein neues Testverfahren den häufig kritisierten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ab. Einige Hersteller wie Volvo oder Opel werden schon in diesem Jahr nach den neuen Testverfahren ihre neuen Autos prüfen lassen. (AG/dpa)