Volkswagen hat in Wolfsburg die Modellüberarbeitung der siebten Generation des Golf vorgestellt. Die optischen Veränderungen erkennt man indes erst auf den zweiten Blick. Warum diese Zurückhaltung? Darüber sprach die Autogazette mit VW-Designchef Klaus Bischoff.
Der VW Golf ist der Bestseller beim Wolfsburger Autobauer. An diesem Donnerstag hat der Hersteller die Modellüberarbeitung der siebten Generation seines Kompaktklasse-Modells an seinem Firmensitz vorgestellt. Dabei fielen die optischen Modifikationen beim Update des Golfindes wie gewohnt recht zurückhaltend aus.
Um sie zu erkennen, muss der Betrachter schon zweimal hinschauen. Fehlt den Designern bei Volkswagen der Mut? Nein, sagt VW-Designchef Klaus Bischoff im Interview mit der Autogazette. Es sei ungleich schwieriger eine Ikone zu pflegen, als etwas Neues zu entwerfen.
«Nee, das ist jetzt nicht cool»
Autogazette: Herr Bischoff, der neue Golf sieht wie der alte aus. Kann das Design bei einer Ikone nicht mutiger sein?
Klaus Bischoff: Natürlich ist es bis zu einem gewissen Grad einfacher, etwas Neues zu entwerfen. Doch die Aufgabe, eine Ikone zu pflegen, sie zeitgemäß neu zu definieren, ist ungleich schwerer, weil man sofort an bestimmte Grenzen stößt.
Autogazette: Welche Grenzen?
Bischoff: Verschiebe ich nur ein Element, dann ist man schnell in der Diskussion mit allen Beteiligten. Es heißt: Nee, das ist jetzt nicht cool, das bitte jetzt so nicht. Doch wir gehen im Designprozess schon recht wild vor.
Autogazette: Selbst bei einem Update wie jetzt?
Bischoff: Ja, zwar gibt es bei einem Update bestimmte Grenzen, doch die versuchen wir auszuweiten. Die sieht man beim neuen Golf auch, wenngleich erst auf den zweiten Blick. Es ist zwar nur ein feiner Unterschied, doch einer, der auf der Straße Wirkung entfalten wird.
«Der Golf hat mittlerweile eine prägende Wirkung»
Autogazette: Ärgert es Sie nicht als Designer, dass Sie sich beim Golf anhören müssen, dass man die Änderungen erst auf dem zweiten Blick sieht? Inspirierend ist das ja nicht.
Bischoff: Nun ja. Neben dem Golf machen wir ja noch viele andere neue Produkte. Da dürfen wir uns ja austoben. Das trifft besonders auf unsere neuen Elektrofahrzeuge zu. Da können wir in die Vollen gehen, mal etwas ganz anderes machen. Doch man muss eines auch einmal festhalten: Es ist doch selten, dass ein Unternehmen ein Design findet, das so mehrheitsfähig, so attraktiv ist und über einen so langen Zeitraum hält. Das Design des Golfs so weiter zu entwickeln, dass die Menschen nicht sagen: Kenne ich schon, will ich nicht mehr, ist der langweilig, das ist schon eine Leistung. Der Golf hat mittlerweile eine prägende Wirkung.
Autogazette: An dem sich auch Konkurrenten versuchen zu orientieren...
Bischoff: ...ganz viele Konkurrenten haben versucht, ihn mit allen möglichen Waffen zu schlagen: mit einem aufgeregten Design, mit allen möglichen Formen der Gestaltung – von over designed bis untergekühlt. Doch sie waren damit nie erfolgreich. Das ist der entscheidende Punkt: Einmal etwas gefunden zu haben und das auch zu erkennen.
Autogazette: Man kann aber auch schlicht sagen, dass das Design des Golf langweilig ist, es ist Mainstream.
Bischoff: Es ist doch besser Mainstream zu sein und auf Platz eins der Zulassungsstatistik zu bleiben und das Lieblingsauto von Millionen Menschen zu sein, als aus einer reinen Selbstbefriedigung heraus zu sagen: Jetzt mache ich alles anders. Dann geht es mir zwar gut, aber dem Kunden nicht mehr.
«Das Design muss für die Marke VW stehen»
Autogazette: Ist man deshalb so zurückhaltend beim Design?
Bischoff: Zurückhaltung hat auch etwas mit einer kulturellen Haltung und Markenprägung zu tun. Das Design muss für die Marke VW stehen, für die Haltung der Marke. Wie gesagt: Bei der Elektromobilität schlagen wir ein neues Buch auf, es bleibt indes auch im Wertekanon der Marke als innovativ und nachhaltig, sympathisch, puristisch.
Autogazette: Ist es bei der Elektromobilität aber nicht wichtig, dass Fahrzeug um die Batterie zu entwickeln? Beim Golf wurde dafür ein bestehendes Fahrzeugkonzept genommen.
Bischoff: Aber genau das tun wir ja. Hierzu haben wir ja bereits einen ersten Ausblick gegeben – und da erfinden wir auch jedes Detail neu – sei es nun die Proportion, Gestaltung, Grafik. Jedes Register an der Orgel wird neu eingestellt und wir spielen ein anderes Lied.
Autogazette: Was gefällt Ihnen an der Modellüberarbeitung des neuen Golf am besten?
Bischoff: Es ist die Verbindung von Scheinwerfer und Grill, dieses Element besitzt der Golf seit seiner Geburt. Und dieses Element besser zu machen, seinen Charakter zu schärfen, seine Identität herauszustellen, war das Ziel. Deshalb wurde der Scheinwerfer jetzt noch etwas breiter und stärker in den Kotflügel hineingeschnitten. Warum haben wir das gemacht? Wir wollten, dass die LED-Lichtsignatur mit ihrer 3-D-Form nicht nur von vorn, sondern auch von der Seite zu sehen ist. Das ist bei diesem Auto ein wichtiges Element, da ich auch von der Seite sehen soll, dass es sich um ein Update handelt. Das stellt man auch an der Rückleuchte fest. Ein weiteres Detail ist die neue Kante am Kotflügel, die wir Undercut nennen.
Das Interview mit Klaus Bischoff führte Frank Mertens