Die EU-Behörde Olaf hat die deutschen Strafverfolgungsbehörden wegen des Abgasskandals ersucht, rechtliche Schritte gegen VW zu erwägen. Das Amt für Betrugsbekämpfung sieht Hinweise auf ein Fehlverhalten von Verantwortlichen.
Wegen des Abgasskandals mit Millionen von manipulierten Volkswagen-Dieselmotoren erhöhen nun auch EU-Fahnder den Druck auf den Autobauer. Bei seinen Ermittlungen fand das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) offensichtlich konkrete Hinweise auf Fehlverhalten von Verantwortlichen des Autokonzerns.
Wie die Behörde am Dienstag in Brüssel zum Abschluss einer Untersuchung mitteilte, wurden die deutschen Strafverfolgungsbehörden ersucht, rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen. Der Staatsanwaltschaft Braunschweig sei eine sogenannte justizielle Empfehlung übermittelt worden, heißt es in der Mitteilung. Volkswagen wies die Vorwürfe zurück. Der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe bestätigte den Eingang der Unterlagen, die seit Ende vergangener Woche vorlägen und zunächst übersetzt werden müssten. Das werde voraussichtlich einige Tage dauern. Ziehe sprach von einem «Dreiklang aus Übermittlung, Übersetzung, Überprüfung».
Olaf ermittelt seit 2015
Schon seit 2015 ermittelte Olaf in der Frage, ob VW von der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Unrecht Kredite erhalten oder EU-Gelder für Forschung und Entwicklung zweckentfremdet hat. Dies könnte der Fall sein, wenn die Mittel in die Entwicklung von Motoren mit manipulierter Abgassteuerung geflossen sein sollten. Volkswagen hatte bereits im Mai 2016 vorzeitig EIB-Darlehen von 975 Millionen Euro zurückgezahlt. Ein VW-Sprecher kommentierte das damals mit den Worten, der Autobauer wolle damit «jeden Verdacht» im Zusammenhang mit den Ermittlungen ausräumen.
Nun erklärte der Konzern: «Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass sämtliche finanziellen Mittel, die Volkswagen von der Europäischen Union erhalten hat, zweckgemäß verwendet wurden. Dies gilt auch für Kredite der Europäischen Investitionsbank, die in der Vergangenheit gewährt wurden.» Zu diesem Ergebnis sei auch die Bank selbst in einer Untersuchung gekommen, die sie Anfang des Jahres abgeschlossen habe.
EU widerspricht VW
EIB-Präsident Werner Hoyer widersprach hingegen dieser Darstellung. Er ließ mitteilen, dass weiter nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Kredit in Höhe von 400 Milllionen Euro auch zur Entwicklung von Motoren mit manipulierter Abgassteuerung benutzt worden sei. «Die EIB hat ihre eigenen Ermittlungen in dem Fall noch nicht abgeschlossen», hieß es in einer Erklärung. Alle Geschäftsbeziehungen mit VW seien derzeit auf Eis gelegt.
Die Olaf-Fahner machten zu den Inhalten ihres Abschlussberichts aus Datenschutzgründen zunächst keine näheren Angaben. Laut einem Bericht des «Wall Street Journal» geht es in dem an die Staatsanwaltschaft in Braunschweig übermittelten Papieren aber ganz konkret um Vorwürfe gegen zwei VW-Mitarbeiter. Sie könnten beim Aushandeln des EIB-Kredits im Jahr 2008 bewusst verheimlicht haben, dass bei Volkswagen an der «defeat device» genannten Abschalteinrichtung der Abgasreinigung gearbeitet wurde. Einer der Mitarbeiter habe Volkswagen mittlerweile verlassen, der Verbleib des anderen sei unklar, berichtete das «Wall Street Journal».
Volkswagen hatte im September 2015 zugegeben, Stickoxid-Werte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. VW verbuchte deshalb bereits 22,6 Milliarden Euro an Rechtskosten für Vergleiche mit Klägern in Nordamerika. In Deutschland ist der Konzern ebenfalls mit zahlreichen Anleger- und Zivilklagen konfrontiert. (dpa)