Piech und Winterkorn drehen am VW-Personalkarussell

Veränderungen auf Führungspositionen

Piech und Winterkorn drehen am VW-Personalkarussell
VW-Chef Martin Winterkorn (l.) und Ferdinand Piech © dpa

VW will mit einem kräftigen Umbau auf den Führungspositionen der Tochtergesellschaften frischen Schwung erzeugen. Der Rundumschlag soll dem Konzern schneller zur Nummer eins im Automobilmarkt verhelfen.

Von Jan-Henrik Petermann und Sebastian Raabe

Bei Volkswagen soll sich das Personalkarussell an diesem Wochenende so schnell drehen wie lange nicht mehr. Der Riesenkonzern hat allen Erfolgen zum Trotz eine Menge offener Baustellen. Vorstandschef Martin Winterkorn zieht nun die Zügel kräftig an und baut die Führung des Autogiganten so gründlich um wie nie zuvor in der Geschichte - das berichten jedenfalls mehrere Medien. Bei den Wolfsburgern werden die Meldungen zumindest nicht dementiert, am Freitag sollte zunächst der VW-Aufsichtsrat beraten.

Baustellen bei Lastwagengeschäft, Audi und in China

Die Problemliste, die die Kontrolleure bei ihrem Sondertreffen in Stuttgart beschäftigt, ist lang. Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP), der das Land im Aufsichtsrat vertritt, kam deshalb einen Tag früher von einer USA-Reise zurück. Seit Jahren erweisen sich die Pläne für ein schlagkräftiges Lastwagengeschäft als zäh und langwierig, die Eingliederung von Porsche kommt nicht wirklich voran.

Auch die Nobelmarke Audi ist noch nicht so dicht an den Rivalen BMW herangefahren wie erhofft. Und in China - seit langem Erfolgsgarant für VW - dürfte es nicht einfacher werden. Ein Rundumschlag könne dabei viele Chancen bieten, sagt der Autoexperte Willi Diez. «Erfolg kann träge machen», glaubt er. Da sei es vielleicht ganz gut, in «einem großen Aufwasch» Entscheidungen zu treffen, statt an vielen kleinen Stellschrauben zu drehen.

Asien für VW eine Problemzone

Bisher sieht es so aus, als wolle VW genau diesen großen Aufwasch angehen: Nach der Sitzung des Aufsichtsrats unter Konzernpatriarch Ferdinand Piëch könnte vieles nicht mehr so sein wie zuvor. Auf mehr als 20 Führungspositionen soll es Veränderungen geben - und für mehrere Manager geht die Karriere bei Europas größtem Autobauer wohl zu Ende. Unter ihnen könnte ein prominenter Fall sein. Der «Spiegel» schreibt, Karl-Thomas Neumann, Ex-Conti-Chef und für China zuständig, werde VW verlassen. Für viele Beobachter wäre dies eine Überraschung - nicht nur, weil Neumann als einer der Kronprinzen Winterkorns galt.

Das Reich der Mitte ist für VW enorm wichtig, ein großer Teil des Geldes wird dort verdient. Doch die Konkurrenz wächst, auch durch chinesische Hersteller. Hält das hohe Wachstum an? Das China-Geschäft soll wohl auch wegen dieser Fragen als Ressort im Konzernvorstand vertreten sein. Unterdessen muss sich VW um andere asiatische Märkte stärker kümmern, sagt Diez. Bisher sind die Projekte im Fernen Osten - etwa die Suzuki-Beteiligung - nicht eben von Erfolg gekrönt.

Beziehungspflege in China

Aus Sicht von Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive in Bergisch Gladbach, dürfen neue Strukturen kein Selbstzweck sein, sondern müssen mit Strategien gefüllt werden: «Ich glaube nicht, dass ein eigener China-Vorstand eine dramatische Veränderung wäre. China steht ja auch schon bei Winterkorn ganz oben.» Die mögliche Absetzung Neumanns wäre für ihn aber ein Paukenschlag: «Der hat in China einen guten Job gemacht. Solche Leute gibt es nicht in rauen Mengen.»

Eine enorme Herausforderung, so ist aus Eigentümerkreisen zu hören, bleibe auf dem chinesischen Markt jedoch die Pflege enger Beziehungen zu den Behörden und Händlern. Daher könne die Schaffung eines eigenen China-Vorstands - ganz unabhängig von der Personalie Neumann - eine sinnvolle Idee sein.

VW-Nutzfahrzeugsparte als konzerninternes Politikum

Daneben ist die Zukunft der Nutzfahrzeugsparte ein konzerninternes Politikum, auch weil die auf kleinere Nutzfahrzeuge spezialisierte Tochter in Hannover angesichts der Schlagkraft von Scania und MAN um Teile ihres Einflusses bangt.

«Da müssen strategische Themen umgesetzt werden» sagt Bratzel zur Debatte um die Einrichtung eines Kompetenzzentrums in Wolfsburg, von dem aus Synergien bei den Nutzfahrzeugen entschlossener umgesetzt werden könnten. «Der Geduldsfaden ist hier wohl kürzer geworden.»

Audi-Chef Stadler als möglicher Gewinner

Deutlich besser läuft es zwar bei Audi, die Oberklasse-Tochter ist der wichtigste Goldesel für VW. Doch auch hier gibt es reichlich Arbeit, weil die Ingolstädter gegenüber dem Konkurrenten BMW noch aufholen sollen. Gut möglich, dass deswegen bei Audi ebenfalls das große Stühlerücken beginnt. So sollen etwa Technikvorstand Michael Dick und Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer ausscheiden.

Audi-Chef Rupert Stadler hatte sich zu den Gerüchten immerhin mit Andeutungen vorgewagt: «Vor dem Hintergrund der Audi-Strategie 2020 wäre es fahrlässig, sich keine Gedanken über die Teamaufstellung zu machen.» Nach einem Abgang Neumanns dürfte er in den Fokus rücken - denn der Audi-Chef gilt schon von Amts wegen als möglicher VW-König. Auch Piëch und Winterkorn waren in Ingolstadt durchgestartet. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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