Der VW-Konzern beginnt zum 1. September mit seinem Umbau der Führungsmannschaft. Bei Audi treten gleich drei neue Vorstände ihren Job an. Rupert Stadler, der Chef der VW-Tochter, muss sich trotz guter Zahlen beweisen.
Eigentlich läuft es für Audi-Chef Rupert Stadler wunderbar. Audi verdient prächtig und sitzt dem Erzrivalen BMW im Nacken. Und doch ist der Chef der VW-Nobelmarke arg unter Druck. Vieles geht den Mächtigen in Wolfsburg zu langsam. Zu wenig aggressiv sei Stadler. Echte technische Innovationen müsse man lange suchen. Die Sorge ist groß, die bayerische Tochter könne den «Vorsprung durch Technik» verspielen, mit dem die Ingolstädter ihre Produkte weltweit bewerben. Die Langmut der Mutter jedenfalls scheint aufgebraucht. Stadler, sagen manche in der Konzernzentrale, sei inzwischen auf Bewährung.
Vor wenigen Monaten kündigte VW einen massiven Führungsumbau an. Mehr als 30 Top-Positionen werden getauscht. An Stadler selbst ist das große Revirement zwar vorbeigegangen - doch um ihn herum ist fast nichts mehr wie es war. Zum 1. September bekommt er gleich drei neue Vorstände. Neben VW-Marketingleiter Luca de Meo (Vertrieb) und Einkaufsexperte Bernd Martens (Beschaffung) kommt auch der bisherige Bentley- und Bugatti-Chef Wolfgang Dürheimer (Entwicklung). Alle drei gelten als Vertraute von VW-Boss Martin Winterkorn.
Audi hat Trends verpasst
Der war selbst mal Audi-Chef, genauso wie der fast allmächtige VW-Patriarch und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Stadler gilt manchen Beobachtern schon deshalb als ein Nachfolgekandidat für die Konzernspitze. «Es gibt bei uns zwar eine Tradition, aber das ist noch lange kein Brauchtum», sagte Stadler in einem Interview selbst zu dieser Nachfolge-Logik. Eine andere Tradition ist die technische Vorreiterrolle von Audi. Im Konzernverbund, aber auch im Wettbewerb mit Mercedes-Benz und dem bayerischen Erzrivalen BMW.
Dahin haben die Ingenieure Piëch und Winterkorn die VW-Tochter gebracht. Beide sind Techniker mit Leib und Seele. Sie kennen jede Schraube und sind vor allem bei Entwicklern gefürchtet. Unter der Führung des studierten Betriebswirts Stadler habe Audi aber gerade hier nachgelassen. Den Trend zum leichten Werkstoff Karbon habe Audi - einst dank der Aluminium-Karosse Vorreiter beim Leichtbau - verpasst. Bei der Elektromobilität sei sogar VW weiter, beim Thema Hybrid fahre Audi ebenfalls hinterher, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.
Dabei will Audi allen vorweg fahren. Bis 2020 möchte Stadler an Daimler und BMW vorbei. Früher einmal hatte Audi diesen Schritt schon für 2015 angepeilt. In Wolfsburg wird man nach dem Führungsumbau auch deshalb genau schauen, ob Stadler voran kommt. Denn Audi ist für den VW-Konzern enorm wichtig. Nirgends wird so viel Geld verdient. Das Image strahlt auf den gesamten Konzern. Im Rekordjahr 2011 verdiente VW unterm Strich 15,8 Milliarden Euro. Mehr als ein Viertel davon kam von Audi. Doch die glänzenden Zahlen bergen Risiken. «Wenn man zu erfolgreich ist, hat man Angst, zu viel zu verändern», sagt Dudenhöffer.
Kaum Unterschiede beim Design
Augenfällig werde das beim Design. In manchen Autotests wird schon beklagt, die neuen Varianten der Verkaufsschlager A3 und A4 unterschieden sich kaum von den Vorgängern. «Das Audi-Design hat sich totgelaufen», sagt Dudenhöffer und erwartet auch deshalb rauere Zeiten für Audi. Ab 2013 sieht er Mercedes-Benz dank der neuen A-Klasse gar wieder an Audi vorbeifahren. Stadler, sagt auch Dudenhöffer, bekomme mit dem Führungsumbau seine letzte Chance.
Eine Chance, die nicht alle VW-Manager erhalten, die hohe Erwartungen aus Wolfsburg nicht gänzlich erfüllen. Doch Stadler, der Ende der 90er Jahre das Generalsekretariat des damaligen VW-Chefs Piëch leitete, genießt beim heutigen Chefaufseher großes Vertrauen. Das muss er nun rechtfertigen. Seine Aufgabe beschrieb der Chef von rund 65 000 Mitarbeitern dabei einst so: «Aus dem Rohdiamanten Audi ein echtes Kronjuwel zu schaffen.» (dpa)