«Erdgas als Batterie für Energiewende»

Erdgas-Initiative auf der IAA

«Erdgas als Batterie für Energiewende»
Timm Kehler (Mitte) und Friedrich Eichler (r.) © AG/Flehmer

Die Modellpalette von mit Erdgas angetriebenen Serienfahrzeugen wird immer größer. Trotzdem fordert die Initiative «Zukunft Erdgas» ein klares Umdenken in allen Bereichen.

Von Thomas Flehmer

Die Saat ist gelegt – nur der Ertrag lässt auf sich warten. Noch nie war das Angebot an Erdgas-Serienfahrzeugen so hoch wie aktuell, noch nie war der preisliche Abstand zu einem Dieselfahrzeug beim Erwerb so minimal. «Trotzdem haben wir einen alarmierenden Zustand», sagt Timm Kehler, Vorstand von «Zukunft Erdgas» auf der IAA in Frankfurt.

«Wir müssen stärker informieren»

Denn auch wenn mittlerweile gerade absatzstarke Modelle wie der VW Golf – auf der IAA feierten neben dem Audi A4 auch der VW Caddy Alltrack Premiere mit Erdgasantrieb – mit dem alternativen Kraftstoff gefahren werden können, bewegen sich die Zulassungen bei weit unter 10.000 Einheiten in Deutschland pro Jahr. Die Probleme, die dabei den alternativen Kraftstoff dabei begleiten, sind schon seit Jahren bekannt und erkannt.

«Wir müssen stärker informieren», sagt Kehler und erhält Unterstützung von Friedrich Eichler. Der Leiter der Aggregate-Entwicklung von VW – selbst bekennender Erdgasfan und –fahrer – fordert Lösungen, wie ein Kunde in ein Erdgas-Fahrzeug einsteigt, um es im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren.

«Erdgas ist grüner geworden»

Und natürlich fallen deutlich weniger CO2-Emissionen an. «Erdgas ist grüner geworden», so Kehler. Denn immer mehr Tankstellen bieten Bio-Erdgas an, bei dem die CO2-Ausstöße um weitere 20 Prozent gesenkt werden. Immerhin schon an 160 von rund 920 Möglichkeiten in Deutschland gibt es Bio-Erdgas.

«Und die Reise geht weiter», kündigt Kehler an, «wir wollen mit dem Erdgas-Netz zur Batterie für die Energiewende avancieren.» Das Zauberwort heißt dabei «Power-to-Gas», bei dem Abfallstoffe in Methan umgewandelt werden. 20 dieser Anlagen gibt es bereits.

«Es gibt keinen günstigeren Antrieb»

Aber auch fehlendes Vertrauen müsse ausgeglichen werden. Hier sei die Politik gefordert, so Kehler. Noch immer geistern Explosionsgefahren um das Thema Gas und auch die unglückliche Preisauszeichnung für Erdgas verhindert den Durchbruch. «Da brauchen wir ein klares Umdenken.»

Der Preis für Erdgas wird noch immer in Kilogramm angegeben und liegt somit auf dem Niveau von Diesel, besitzt aber den höheren Energiegehalt. Würde der Preis für Erdgas in Litern angegeben, müssten um die 70 Cent für einen Liter Erdgas bezahlt werden. «Es gibt keinen günstigeren Antrieb als den Erdgasantrieb», sagt Kehler einmal mehr, «und wir haben seit Jahrzehnten ein berechenbares Preisniveau.»

VW forscht am Direkteinspritzer

Angesichts einer immer kleiner werdenden Differenz zwischen Erdgas- und Dieselfahrzeugen bei der Anschaffung würden sich die höheren Kosten schnell amortisieren. Beim Golf müssen für einen TDI 24.575 Euro in der Variante Comfortline investiert werden, 1275 Euro mehr kostet die gleichstarke und identisch ausgestattete Erdgas-Variante. Hinzu kommen die Steuervorteile für Gasautos.

Trotzdem schreckt der Aufpreis noch viele ab. «VW verdient nicht viel Geld mit Erdgasfahrzeugen», sagt Eichler. Eine höhere Nachfrage würde aber auch den Preis senken, ist sich der Ingenieur bewusst. «Einer muss den Anfang machen.»

Dabei wird auch auf Herstellerseite weiter optimiert. Laut Eichler forscht VW bereits an einem Direkteinspritzer für Erdgas. Fehlt eigentlich nur noch der Händler, der für dieses Thema sensibilisiert werden müsste, um als letztes Teil der Handlungskette auch Autos zu verkaufen. Da müsste noch weitere Saat gelegt werden.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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