VW Amarok Red Rock: Breiter, tiefer, feiner

VW Amarok Red Rock: Breiter, tiefer, feiner
Red Rok heißt das spektakuläre Einzelstück vom VW Amarok. © VW

Der VW Amarok hat sich aus Europa verabschiedet. Die Hannoveraner haben zu seinem Abschied das Einzelstück Red Rock aufgelegt.

Wenn man sie in Hannover nach der Elektromobilität fragt, dann haben die VW-Leute eine geteilte Meinung. Ja, auch bei der Nutzfahrzeugsparte wissen sie, dass am Akku-Auto bei der Klimarettung offenbar kein Weg vorbeiführt.

Und weil ihr erster Stromer der ebenso knuffige wie kultige ID Buzz wird, können sie die neue Ära kaum erwarten. Doch zugleich bedeutet der Anlauf des nächsten Transporters und der Umbau der Fabrik für den elektrischen Erben des Bulli auch das Ende für ein Modell, dass ihnen als Kumpel fürs Grobe durchaus ans Herz gewachsen ist.

Karriere des Pritschenwagens endet

Denn nach bald acht Jahren ist in Hannover vor ein paar Wochen der letzte Amarok vom Band gelaufen. Während die wichtigen Märkte am anderen Ende der Welt noch weiter aus der Fabrik in Argentinien versorgt werden, endet damit in Europa die Karriere eines Pritschenwagens, der sich aus dem Stand neben Dauerbrennern wie dem Mitsubishi L200 oder dem Ford Ranger etabliert hat.

Mit diesem Schicksal sind die Niedersachsen zwar nicht allein. Schließlich hat auch Konkurrent Mercedes gerade die X-Klasse eingestampft. Doch während die Schwaben mit dem nur durch einen Stern auf der Haube vom Nissan zum Mercedes beförderten Pick-Up einmal mehr eine Kooperation in den Sand gesetzt haben und sich deshalb sang- und klanglos vom Markt verabschieden, darf VW seinen Pritschenwagen durchaus als Erfolg feiern und deshalb eine hübsche Zugabe aus dem Hut zaubern: Red Rok heißt das spektakuläre Einzelstück, das sie in Hannover zum guten Schluss auf die Bühne gerollt haben.

Abgelutschter Abenteuerlook

Und weil der Abenteuerlook bei Pick-Ups so langsam ziemlich abgelutscht ist, haben sie keinen weiteren Endzeit-Laster für Mad Max auf die Räder gestellt, sondern tatsächlich in Richtung GTI gedacht. Der Red Rok ist deshalb nicht höher, härter und heftiger als das Serienmodell, sondern breiter, tiefer und feiner als alles, was bis dato in Hannover vom Band gelaufen ist. Und obwohl man natürlich ein paar mehr Möglichkeiten hat als andere Veredler, ist der Red Rok nicht völlig aus der Welt: Zwar ist der rote Renner im Prinzip ein Einzelstück, doch wer noch einen der letzten Amarok ergattert, kann sich den Red Rok problemlos nachbauen: Bis auf ein paar stilistische Details gibt es nichts an dem Auto, was der Zubehörhandel und ein findiger Karosseriebauer nicht selbst bewerkstelligen können.

Nur dass der Spaß halt ein bisschen was kostet: 60.000 Euro für den Amarok Aventura, der dem Red Rok als Basis dient, plus 40.000 Euro für das Drum und Dran, stecken die Macher den Preisrahmen ab.

Zwar ist der Red Rok damit ein teures Vergnügen und stempelt selbst den Touareg zum Schnäppchen, doch ist das Ergebnis ein echtes Erlebnis. Schon von außen schindet der Pick-Up mächtig Eindruck: Der rote Lack, der mit viel Liebe zum Detail bis in das Innenleben der Scheinwerfer aufgetragen wurde, schimmert mit einer Glut in der Sonne, die reichlich Leidenschaft verheißt, unter den eine Handbreit weiter ausgestellten Kotflügeln quellen mächtige 295er-Schlappen auf imposanten 22-Zöllern hervor und dank der nachgerüsteten Luftfeder mit extra viel Tiefgang duckt sich der Amarok auf den Asphalt wie ein Lowrider zum Showbeginn. Dazu haben die Niedersachsen innen so viel Alcantara verteilt, dass man kein Fitzelchen Plastik mehr sieht und selbst die letzten Phaeton-Fahrer vor Neid erblassen. Ja, auch ein Laster kann Luxus!

V6 TDI mit 272 PS

Herzstück und Highlight dieses Amarok ist aber sein Motor. Nicht dass der V6-TDI mit seinen 272 PS und 580 Nm ab Werk ein Schwächling wäre. Schließlich steht der Amarok damit bereits an der Spitze des Segments und hat die X-Klasse lässig in die Schranken gewiesen. Doch weil die Entwickler freie Hand hatten, haben sie dem Diesel eine neue Software bestellt. Das Ergebnis sind 350 PS und 750 Nm und ein Fahrgefühl, wie man es allenfalls von getunten US-Modellen wie dem Ford Raptor kennt.

Denn schon beim Anlassen geht ein feines Beben durchs Blech und selbst wenn VW viel Zeit auf die Neuabstimmung von Fahrwerk und Traktionskontrolle verwandt hat, bedient man das Gaspedal besser ganz, ganz vorsichtig, damit die unbändige Kraft nicht im Rauch der Reifen aufgeht. Doch wenn die Gummis erstmal warm sind und sich das Profil mit dem Asphalt verzahnt, dann schiebt der Amarok an wie eine Dampfwalze auf Drogen – über die acht Sekunden von 0 auf 100 jedenfalls, die das bisherige Top-Modell gebraucht hat, lacht man am Steuer dieser Power-Pritsche nur. So kämpft sich der Red Rok schneller auf die linke Spur, als es GTI & Rs recht ist.

Spitze 240 km/h

Optisch eine Ansage: der VW Amarok Red Rock. Foto: VW

Und lässt sich von dort auch so schnell nicht mehr vertreiben. Denn wo dem Serienmodell bei ohnehin schon bemerkenswerten 207 km/h die Puste ausgeht, läuft der Red Rok munter weiter und entlarvt so die einzige kleine Nachlässigkeit des Tuning-Teams: Weil die Tachoskala ohne Änderung übernommen wurde, schlägt die Nadel jetzt bei 240 Sachen an und die reale Höchstgeschwindigkeit bleibt ein süßes Geheimnis.

Weil man das zwar als Fahrer mehr als eindrucksvoll spürt, die anderen davon aber außer auf der Autobahn nur wenig mitbekommen, haben die Niedersachsen auch noch einen Sound-Generator eingebaut, der dem eher verhaltenen V6-TDI ein wenig mehr Gehör verschafft. In mehreren Stufen steigert sich der Sound so auf Knopfdruck vom sonoren Brummen bis zum dumpfen Donnerwetter.

Potent, präsent und ziemlich vorlaut- als Red Rok wird der Amarok ein bisschen zur automobilen Entsprechung eines Arnold Schwarzenegger und damit zum Terminator auf Rädern. Und das passt gleich doppelt. Erstens weil dieses Schaustück zumindest für Europa die Amarok-Geschichte terminiert. Und zweitens, weil der Red Rok dem Ganzen einen optimistischen Ausklang gibt. „I’ll be back“. Genauso wie der Terminator wieder zurückkam, wird auch der Amarok in eine zweite Runde gehen: Ab 2022 gibt’s aus der Kooperation mit Ford auf Basis des neuen Ranger auch einen neuen Amarok. (SP-X)

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