Der VW-Konzern ist in diesem Jahr von Erfolg zu Erfolg geeilt. Diesen Weg wollen die Wolfsburger auch in diesem Jahr fortsetzen. Dabei wird es auch um die erfolgreiche Eingliederung von Porsche ins Marken-Imperium gehen.
Der Branchenriese strotzt vor Kraft, fährt Milliardengewinne ein, schiebt mächtige Investitionen an: Volkswagen hat im Rekordjahr 2010 eine Bestmarke nach der anderen gebrochen. Doch Europas größter Autobauer hat auch genug Selbstvertrauen getankt, um sich nicht überzogener Euphorie hinzugeben. Vorstandschef Martin Winterkorn mahnt seine erfolgsverwöhnten Mitarbeiter bei jeder Gelegenheit, nicht die Bodenhaftung zu verlieren. 2011 wollen die Wolfsburger ihr Marken-Imperium festigen.
Eingliederung von Porsche kommt voran
Die Eingliederung von Porsche kommt trotz juristischer Risiken und offener Steuerfragen voran, die einflussreiche Handels-Holding in Salzburg soll in den Besitz von VW übergehen. Im Lastwagengeschäft drückt der Konzern ebenfalls aufs Tempo. Der japanische Kleinwagen- Spezialist Suzuki, an dem Volkswagen ein Fünftel der Anteile hält, hat große Chancen auf dem Zukunftsmarkt Indien. Eine Kooperation mit dem malaysischen Autobauer DRB Hicom soll die Märkte in Südostasien aufmischen. Und hartnäckig halten sich Gerüchte, VW könne sich mit Alfa Romeo nach Lamborghini einen zweiten Ableger in Italien zulegen.
Zusehends komplexer wird die Architektur des riesigen Unternehmens, das Ziel indes bleibt klar: Bis spätestens 2018 will VW Toyota und General Motors von der Weltspitze verdrängen. Damit sie auf dem Weg zur angepeilten Absatzmarke von jährlich zehn Millionen Autos inmitten des Wachstumsrauschs nicht die Übersicht verliert, übt sich die Führung gleichermaßen in Vor- und Zuversicht. «Wie sonst soll die Stimmung schon sein als gut?», meint ein Sprecher. «Zugleich erinnern die Chefs immer daran, dass wir nicht abheben dürfen.»
Klagen in den USA
Nach dem gewonnenen Übernahmekampf mit Porsche ist es beschlossene Sache, die Sportwagen-Schmiede als zehnte Marke zu integrieren - auch wenn in den USA Investoren-Klagen drohen. Nicht minder spannend wird es 2011 im Geschäft mit Schwerlastern. Die Branche spekuliert über eine Stärkung der Allianz mit MAN unter dem Dach der VW-Marke Scania.
Dies wäre ganz nach dem Geschmack von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Die Vision des 73-jährigen Firmenpatriarchen ist eine Angebotspalette vom Mini-Flitzer über das Luxusmobil bis zum Großtransporter. Einstweilen hieß es aus Wolfsburg eher abwartend, man «unterstütze» Gespräche zwischen den Bayern und den Schweden.
Ein Direktkauf von MAN wäre aus Sicht des Analysten Frank Schwope von der Norddeutschen Landesbank derzeit zu teuer: «VW ist da nicht auf schnelle Schritte angewiesen.» Kollege Eric Heymann von Deutsche Bank Research glaubt, dass Volkswagen erst durch einen Mehrheits-Deal mit MAN seine Größe im Nutzfahrzeug-Segment richtig ausspielen könnte. «Auch beim Einkauf ergäben sich Vorteile.» Der Autoexperte Stefan Bratzel findet Piëchs Planspiele interessant, warnt jedoch vor einer neuen Unübersichtlichkeit: «Sie haben eine hoch komplizierte Struktur. Konflikte, die überdeckt sind, können später aufbrechen.»
Zurückhaltung beim Thema Suzuki
Verschwiegen gibt sich der derzeit drittgrößte Autohersteller der Welt auch zu der Frage, ob aus der seit Ende 2009 bestehenden Verflechtung mit Suzuki eines Tages nicht doch mehr werden könnte. Zwar sei «keine weiterreichende Beteiligung» geplant, heißt es offiziell. Winterkorn aber hatte mehrfach betont, die Partnerschaft ausbauen zu wollen.
Indien gilt als besonders zukunftsträchtig, die Japaner sind dort mit dem Gemeinschaftsunternehmen Maruti Suzuki Marktführer. Autoexperte Heymann ist überzeugt, dass die großen Drei der Autowelt sich künftig vor allem auf dem Subkontinent ein Rennen liefern: «Indien ist ein zweites China - nur mit Zeitverzögerung.»
Dass VW zumindest ein Interesse daran hat, bei Suzuki über die knapp 20 Prozent hinaus einzusteigen, hält Wissenschaftler Bratzel für wahrscheinlich. Die Geduld der Wolfsburger sei dabei genau die richtige Strategie. Denn ein vorschnelles Handeln - das hätten die Erfahrungen der gescheiterten Fusion von Daimler und Chrysler gezeigt - berge große Risiken: «Die Kulturen bleiben doch sehr verschieden. Es wird eine spannende Frage zu sehen, wie sie das hin bekommen.» (dpa)