VW: Keine Verletzung der Publizitätspflicht

Vorwürfe zurückgewiesen

VW: Keine Verletzung der Publizitätspflicht
Der Absatz des VW-Konzern ging zurück. © dpa

Hat Volkswagen die Öffentlichkeit zu spät über den Abgasskandal informiert? Nein, sagt der Autobauer und weist Vorwürfe von Aktionären als unbegründet zurück.

Bei der Aufklärung des Abgas-Skandals will Volkswagen aus der Defensive. In einer ungewöhnlich langen Erklärung betonte der Autobauer am Mittwoch, man habe nach Bekanntwerden des Skandals nicht zu spät die Öffentlichkeit informiert. Klagen von Aktionären wegen einer angeblich zu späten Information seien deswegen unbegründet.

VW habe am Landgericht Braunschweig eine Klageerwiderung im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten eingereicht. Nach sorgfältiger Prüfung durch interne und externe Rechtsexperten sehe sich VW in der Auffassung bestätigt, dass der Vorstand seine Publizitätspflicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Die VW-Aktie war nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals im September abgestürzt, einige Aktionäre wollen sich ihre Verluste vom Konzern ersetzen lassen. VW hätte deutlich früher über den aufkommenden Skandal informieren müssen, weil Kursverluste drohten, so der Vorwurf.

Pflichtmitteilung am 22. September

Die Publizitätspflicht für börsennotierte Firmen ist in Deutschland im Wertpapierhandelsgesetz geregelt. Danach müssen Unternehmen alle Informationen, die potenziell den Aktienkurs bewegen können, umgehend öffentlich bekanntmachen. Volkswagen hatte mit einer Software Abgas-Tests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Der Konzern bekräftigte am Mittwoch, vorläufige Ergebnisse einer Untersuchung der beauftragten Kanzlei Jones Day würden in der zweiten Aprilhälfte vorgelegt.. Der Konzern hat wegen des Skandals einige juristische Baustellen, es drohen hohe Kosten etwa durch Sammelklagen in den USA.

Daneben geht es auch um die Frage, wann genau VW die Aktionäre über den Abgas-Skandal hätte informieren müssen. Volkswagen tat dies am 22. September 2015 mit einer Pflichtmitteilung an die Börse. Anwälte und Aktionäre halten VW aber vor, der Autobauer hätte bereits zwei Wochen vorher informieren müssen.
So hatten VW-Manager nach Medienberichten bereits am 3. September hinter den Kulissen gegenüber US-Umweltbehörden Manipulationen bei Diesel-Abgastests eingeräumt. VW teilte nun mit, jede Ad-hoc-Pflicht setze voraus, "dass die für die Erfüllung dieser Pflicht verantwortlichen Personen Kenntnis eines kursrelevanten Sachverhalts erlangen und die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Information abschätzen können".

Notiz an Winterkorn

Eine Kursrelevanz habe sich aber erst am 18. September 2015 ergeben, als die Verletzung US-amerikanischer Umweltschutzrichtlinien durch US-Behörden bekannt gemacht wurde. Nachdem eine erste belastbare Zahlenbasis über die weltweiten Risiken ermittelt worden sei, sei diese vorläufige Abschätzung am 22. September 2015 unverzüglich ad-hoc gemeldet worden, teilte VW mit. In der Mitteilung bekräftigt VW, eine "Gruppe von Personen" sei für die Software-Manipulationen verantwortlich, und zwar auf Ebenen unterhalb des Konzern-Vorstands. Weiter geht VW in der Erklärung auch auf die Geschichte des Skandals ein.

So sei mit Blick auf eine Studie des Instituts ICCT im Jahr 2014 über Unregelmäßigkeiten beim Motor EA 189 am 23. Mai 2014 eine Notiz für den damaligen VW-Vorstandschef Martin Winterkorn erstellt worden. Diese sei seiner umfangreichen Wochenendpost beigelegt worden. "Ob und inwieweit Herr Winterkorn von dieser Notiz damals Kenntnis genommen hat, ist nicht dokumentiert." Am 14. November 2014 habe es eine weitere Notiz an ihn gegeben.

Eine Besprechung unter anderem zur "Diesel-Thematik" in den USA gab es dann laut VW am 27. Juli 2015, unter Anwesenheit von Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess. "Konkrete Details dieser Besprechung sind derzeit noch nicht rekonstruiert", heißt es. Ende August 2015 dann sei Juristen der VW-Rechtsabteilung von Technikern vollständig erläutert worden, welche technischen Ursachen die festgestellten Unregelmäßigkeiten beim Stickoxidausstoß in den USA hatten.

"Diese detaillierten Erläuterungen führten bei Mitgliedern des Volkswagen-Vorstands zu der Erkenntnis, dass es sich um eine Softwareveränderung handelte, die nach US-Recht als unzulässiges "Defeat Device" zu klassifizieren war." Am 3. September sei diese Erkenntnis gegenüber den US-Umweltbehörden CARB und EPA kommuniziert worden, Winterkorn sei darüber durch eine Notiz vom 4. September unterrichtet worden. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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