VW erwägt Eintauschprämie für manipulierte Diesel

Alternative zur Nachbesserung

VW erwägt Eintauschprämie für manipulierte Diesel
Im Januar beginnt VW mit dem Rückruf © dpa

Der VW-Konzern denkt als Alternative zu einer Nachbesserung für seine manipulierten Dieselfahrzeuge über eine Eintauschprämie nach. In Deutschland sind davon 2,4 Millionen Fahrzeuge betroffen.

Der VW-Konzern erwägt für die Rückrufaktion der 2,4 Millionen Diesel hierzulande auch Eintauschprämien als Alternative zur Nachbesserung. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Konzerns und der Volkswagen -Partner.

Bei der Idee, wonach VW die Wagen in Zahlung nehmen und gleichzeitig zusätzliche Anreize für einen Neuwagenkauf setzen könnte, stehen vor allem die betroffenen Motoren mit 1,6 Liter Hubraum im Fokus. Bei dem Aggregat reicht nicht nur ein Softwareupdate aus, sondern es muss auch neue Technik her - mit entsprechenden Kosten für die Bauteile und die Arbeitsstunden.

Mehr als Gedankenspiel

Vor allem bei Dieseln mit einer sehr hohen Laufleistung könnten die Kunden profitieren, falls sie ohnehin mit einem Neukauf liebäugeln und VW sich großzügig bei der Restwertberechnung zeigt. "Entschieden ist da aber noch nichts, das ist alles noch im Fluss", sagte ein Insider. Die Überlegungen seien aber "mehr als ein Gedankenspiel". Völlig unklar sei noch, ob allen Kunden die Eintauschprämie als Alternative angeboten werden müsste oder ob sich dabei Grenzen ziehen ließen zwischen den infrage kommenden Hubräumen und Baujahren.Eine VW-Sprecher sagte nur, es sei "tägliches Geschäft", dass der Konzern und die Händler über Angebote für Bestandskunden nachdächten.

Nach dpa-Informationen sind europaweit drei Millionen Fahrzeuge mit dem betroffenen 1,6-Liter-Diesel unterwegs. Auf die größere Variante mit 2,0 Liter Hubraum entfallen 4,6 Millionen Fahrzeuge, und 340 000 haben den kleinen Motor mit 1,2 Litern Zylindervolumen. Zusätzlich zu diesen insgesamt rund acht Millionen Wagen mit Euro-5-Norm ruft VWfreiwillig 500 000 Diesel zurück, die nur Euro-3 und -4 erfüllen.

Das Modell Eintauschprämie ist etwa von der staatlichen Abwrackprämie bekannt. Dabei wurde ein Anreiz gesetzt, der den Zeitwert alter Autos klar übersteigt und so zum Neukauf animieren sollte. VW setzt - so wie andere Hersteller auch - ohnehin laufend Kaufsubventionen ein. Dazu zählen fixe Rabatte oder sehr kleine Zinsen für Ratenkauf.

In der Abgas-Affäre hatte VW eingeräumt, millionenfach Dieselwagen mit einer Software ausgestattet zu haben, die den Schadstoffausstoß auf Prüfständen der Behörden manipuliert. Die 8,5 Millionen Diesel, die nun in Europa zur Werkstatt müssen, sind laut Experten für den Kontinent der größte Rückruf überhaupt - und für VW sowieso. NebenVW-Pkw sind Audi, Seat, Skoda und die VW-Nutzfahrzeuge betroffen. Die ersten Wagen sollen von Januar nächsten Jahres an in die Werkstatt. Für die 1,6-Liter-Maschinen beginnt der Rückruf dagegen frühestens im Herbst 2016, da es hier neben der Software auch um die Bauteile geht.

1100 Auto pro Werkstatt

Mit den hierzulande 2,4 Millionen zurückgerufenen Dieseln ergeben sich nach dpa-Berechnung 1100 Fahrzeuge pro VW-Vertragswerkstatt. Branchen-Insider gehen von durchschnittlich mindestens 90 Minuten Arbeitszeit pro betroffenem Wagen aus, worin neben der eigentlichen Nachbesserung auch die Zeit für Formulare und Dokumentation steckt.

Damit ergeben sich gut 200 Arbeitstage für eine Kfz-Arbeitskraft - wenn diese sich ausschließlich mit dem Rückruf beschäftigte. Je nach Personalschlüssel und räumlichen Werkstattkapazitäten bräuchte also jeder VW-Servicepartner etliche Wochen für die Aktion. "Die muss aber neben dem ganz normalen Tagesgeschäft gewuppt werden", gibt ein Experte zu bedenken. Damit scheinen sehr lange Wartezeiten absehbar.

Auch aus diesem Grund hätten die Wolfsburger ein Interesse an dem Modell Umtausch statt Nachbesserung. Theoretisch könnte VW die alten Wagen außerhalb der EU verkaufen, etwa in der Türkei oder in Afrika. Gerade sehr alte Autos kämen aber wohl einfach in die Schrottpresse. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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