Wegen der milliardenteuren Verzögerungen in der Entwicklung eigener Fahrzeug-Software könnte Volkswagen den Bau des neuen Werks in Wolfsburg für das künftige Kernmodell Trinity doch noch abblasen. Das Unternehmen hatte schon die Planungsrunde zu den mittelfristigen Investitionen verschoben – nun deuteten Konzernchef Oliver Blume und Markenchef Thomas Schäfer gegenüber der Belegschaft an, dass das wichtigste Vorhaben der nächsten Jahre abermals einer Bewertung unterzogen wird: „Wir nutzen aktuell die Gelegenheit, alle Projekte und Investitionen anzuschauen und auf Tragfähigkeit zu prüfen.“
Nach Informationen aus Unternehmenskreisen geht es keineswegs um eine Absage des Trinity oder der Großserien-Plattform SSP für 40 Millionen Fahrzeuge – wohl aber um eine deutliche Verschiebung. Die Rede ist vom „Ende des Jahrzehnts“ statt bisher 2026. Die Argumentation: Wenn man ohnehin noch so viel mehr Zeit brauche, lasse sich das Projekt vielleicht doch auf dem Gelände des Stammwerks unterbringen. Im März hatte der Volkswagen-Aufsichtsrat den Beschluss für einen separaten Standort im benachbarten Stadtteil Warmenau durchgewunken.
Chancen für Stammsitz Wolfsburg
Aus dem Konzernumfeld war zu hören, die zeitliche Lücke, die ein verspäteter Trinity reißen würde, könnte die Chancen des Stammsitzes auf „zusätzliche und bislang nicht vorgesehene Elektromodelle“ sogar erhöhen. Dann kämen für das alte Werk womöglich Varianten infrage, die auf dem aktuellen E-Baukasten MEB basieren. Wolfsburg war zuletzt chronisch unterausgelastet. Am Trinity hängen hier zudem weitere Teilprojekte bei den Themen Batterie, Laden und Digitalisierung.
Auch Cariad-Chef Dirk Hilgenberg wandte sich an die Beschäftigten. „An der Einheits-Software für alle Marken hält der Konzern fest, aber wir gewinnen etwas Zeit“, schrieb er. Unter lokalen Bürgerinitiativen gab es Widerstand und verschiedene Protestmahnwachen gegen den Wolfsburger Neubau. (dpa)