Volvo hat in seiner Historie eine Vielzahl von Designjuwelen kreiiert. Dazu gehört aber nicht nur der 1800 ES „Schneewittchensarg“, sondern auch der 780 und der 480.
Der schwedische Autobauer Volvo präsentierte 1985 das Coupé 780, gebaut bei der Carrozzeria Bertone in Turin. „Das Volvo 780 Coupé den luxuriösesten Volvo aller Zeiten zu nennen, wäre pure Untertreibung“, behauptete eine Werbekampagne über den noblen 4,80 Meter langen Zweitürer, der vor allem in den USA reüssieren sollte.
„Gestylt von Bertone in Italien, der auch für den legendären Look von Ferrari und Lamborghini verantwortlich ist“, versuchte die Volvo-Werbung das Design des Spitzenmodells zu dramatisieren.
Attacke auf deutsche Dynamiker
Von der Keilcouture eines Italo-Supercars konnte bei dem maximal 125 kW/170 PS starken Gran Turismo zwar keine Rede sein, aber Bertone war es in Kooperation mit Volvo-Chefdesigner Jan Wilsgaard gelungen, die kastenförmige Limousine 760 in den harmonisch proportionierten 780 zu verwandeln. Damit attackierten die Schweden deutsche Dynamiker wie BMW 6er oder Mercedes CE (W123), aber auch den ab 1987 mit Pininfarina realisierten Cadillac Allanté.

Im Europa der 1980er traf der kostspielige, jedoch keineswegs schnelle Volvo 780 nur in wenigen Ländern den Zeitgeist, nach Deutschland kam er lediglich über inoffizielle Wege. Die Alte Welt überraschte Volvo dafür mit dem kompakten 480: Ein keilförmiger Sportkombi mit großer Glasheckklappe, der in der Tradition des ikonischen 1800 ES „Schneewittchensarg“ stand.
Mit P1800 zu Sportwagenbauern aufgestiegen
atsächlich waren es die Kultsportler Volvo P1800 von 1960 und Volvo 1800 ES von 1971, denen die Schweden ihre Aufnahme in den Club der Sportwagenproduzenten verdankten – nachdem 1956 ein Anlauf mit dem Fiberglas-Roadster P1900 scheiterte. Aber als der schwedische König Carl XVI. Gustaf einen P1800 fuhr, der Hollywood-Star Roger Moore mit einem P1800 in der TV-Serie „The Saint“ gegen das Böse kämpfte, und der P1800 schließlich noch 1971 als 1800 ES zum Pionier des modernen Shootingbrakes mutierte – da galt Volvo als Adresse für verführerisch schöne Formen.
Mindestens 35.000 Einheiten wollte Volvo jährlich vom 480 bauen, davon sollten allein 25.000 nach Nordamerika geliefert werden. Tatsächlich aber dümpelten die Verkaufszahlen des anfangs von Qualitätsdefiziten heimgesuchten Vierzylinders mit optionaler Turboaufladung (70 kW/95 PS bis 90 kW/122 PS Leistung) in den meisten Jahren bei unter 10.000 Einheiten, und so fehlte dem Konzern zum Export über den Atlantik plötzlich der Mut.
Dennoch blieb der Volvo zehn Jahre in Produktion, was zeigt, wie weit der 480 seiner Zeit voraus war: So ging bei dem Sportler die weltweit erste Motorhaube aus Fiberglas in Bienenwabenstruktur in Serie und ein futuristisches Cockpitdesign mit Druckschaltern aus dem F-16-Kampfjet. Die elektronische Kommandozentrale, das sogenannte Central Electronic Modul (CEM), steuerte bis zu 27 unterschiedlichen Funktionen. Eine schöne neue Welt, die in der Kompaktklasse erst Jahre später Standard wurde.
Geringer Absatz des Volvo 780
Sogar nur 8.518 Einheiten wurden vom Volvo 780 in fünf Jahren verkauft, der aber in Europa mit gerade einmal 105 kW/143 PS leistendem V6 so viel kostete wie ein doppelt so starker Jaguar XJ-S V12 oder Porsche 911.
Mehr Dynamik versprach der Vierzylinder-Turbo, den Volvo-CEO Pehr Gyllenhammar zu seinem 50. Geburtstag erhielt: Feuerrot lackiert – Gyllenhammars bevorzugte Farbe – und innen mit knallrotem Leder ausstaffiert brachte es das Bertone Coupé auf knapp 200 km/h. Statt eindrucksvoller Vmax zeigte der Zweitürer eine konkurrenzlos komplette Serienausstattung, die u.a. Klimaanlage, Reisecomputer, Audioanlage und elektrische Betätigung von Fenstern, Sitzen, Schiebedach und Außenspiegeln inkludierte.
Volvo ohne elitäres Coupé, das schien nun undenkbar, und so beauftragte Gyllenhammar seine Designabteilung im September 1993 mit der Finalisierung eines zweitürigen Volvo 850. Die ersten Prototypen des Fünfzylinder-Fronttrieblers waren feuerrot lackiert – aber bevor Gyllenhammar die Serie freigeben konnte, musste er im Dezember 1993 zurücktreten, und der sportive Volvo 850 verschwand in der Asservatenkammer. So lag es 1997 am Volvo C70, die schwedische Coupé-Tradition fortzuschreiben. (SP-X)
