Die Konkurrenz setzte Anfang der 1980er Jahre auf aerodynamische Modelle. Volvo nicht. Mit dem 740 und 760 präsentierten die Schweden kantige Modelle.
Treue Volvo-Kunden konnten ihre Marke kaum wiedererkennen, als im Februar 1982 zuerst das Flaggschiffmodell Volvo 760 und zwei Jahre später der Volvo 740 in einfacherer Ausstattung vorfuhren. „Seine Leistung übertrifft einige der weltbesten Sportwagen“, tönte die Werbung für den Volvo 740 Turbo Kombi.
Jedenfalls zeigte 1986 der erfolgreiche Einsatz eines 740 Kombis in der amerikanischen SCCA-Rennserie, dass Volvo alle etablierten Dynamiker überholen wollte. Und zwar mit Autos, wie sie die Welt Anfang der 1980er noch nicht gesehen hatte.
Fast vertikale Heckscheibe
Während die neuen Audi 100/200, der Ford Sierra oder der Mercedes 190 damals auf aerodynamische Formen setzten, überraschten die vom legendären Volvo-Chefdesigner Jan Wilsgaard in Form gebrachten Volvo-700-Limousinen mit eigenwilligen Kanten inklusive einer fast vertikal steilstehenden Heckscheibe.
Wer sich beim Anblick dieses Fondfensters an einen Kombi erinnert fühlte, lag nicht falsch. Tatsächlich hatte Volvo zuerst die Kombiversionen von 760 und 740 entwickelt und daraus anschließend die repräsentativen Viertürer abgeleitet. Überaus erfolgreich, wie der raketengleiche Verkaufsstart der 700er Modelle demonstrierte, der Volvo schon 1982/83 das bis dahin beste Produktionsergebnis aller Zeiten bescherte.
Am Ende der insgesamt elfjährigen Karriere der rechteckigen 700er-Reihe blieb der Produktionszähler bei stolzen 1239.222 Einheiten stehen, davon ein Drittel „Kombi-Limousinen“, wie Volvo seine vielseitigen Fünftürer für Familien und Handwerker mit bis 2.120 Liter Ladevolumen nannte. Vor allem die Amerikaner liebten den „swedish brick“ (schwedischer Ziegelstein) der 700er-Serie, der noch kastiger und eckiger gezeichnet war als sein ikonischer Vorgänger, die Modelle 240/260.
Großzügiges Raumgefühl inklusive
Dank steil stehender Scheiben vermittelte die fast 4,80 Meter lange Schweden-Limousine ein großzügigeres Raumgefühl als vom Wind geglättete Designs, und wer auf staatliche Repräsentation Wert legte, konnte werksseitig angebotene Chauffeur-Limousinen mit langem Radstand ordern. Gebaut wurde diese luxuriöse 5-Meter-Klasse beim Karossier Yngve Nilsson in Laholm, auch 6-Türer und gestreckte Volvo 740 für den Taxibetrieb entstanden dort.
Nicht nur die nordeuropäischen Königshäuser vertrauten auf die kantige Eleganz des neuen Volvo-Flaggschiffmodells, auch die DDR-Staatsführung unter Erich Honecker fühlte sich in den VIP-Versionen des Typs 760 adäquat chauffiert.
Während die Volvo 740 und 760 Limousinen in Nordamerika als „Performance & Luxury Sedan“ reüssierten, wirkten ihre strengen Konturen, die an manche Schrumpf-Straßenkreuzer von Cadillac oder Chrysler erinnerten, in der Alten Welt schrullig. Stattdessen avancierten in Europa die Volvo 740/760 Kombis zu Bestsellern, obwohl sie im Gegensatz zu den Viertürern eine raubeinige hintere Starrachse beibehielten. In Deutschland trieben die 700er Kombis die Volvo-Verkaufszahlen bis Ende der 1980er Jahre um ein Drittel nach oben, erstmals auf über 18.000 Zulassungen im Jahr. Mit einem Mix aus Sicherheitsinnovationen, Qualität, Komfort und Variabilität wussten die 700er Kombis zu gefallen. (SP-X)