Die Zahl der Verkehrstoten ist in den ersten vier Monaten des Jahres stark angestiegen. Nach dem historischen Tiefstand im letzten Jahr scheint sich eine Trendwende anzudeuten.
Im Autoland Deutschland krachte es über zwei Millionen Mal im Jahr 2013. Jeden Tag starben im Schnitt neun Menschen bei Verkehrsunfällen. 3339 waren es insgesamt - einerseits eine schlimme Zahl, aber auch ein historischer Tiefstand. Doch jetzt scheint der positive Trend gestoppt.
Anstieg um zehn Prozent
Die Zahl der Verkehrstoten stieg in den ersten vier Monaten dieses Jahres um mehr als zehn Prozent, wie das Statistische Bundesamt sagt. Ob die Hektik im Verkehr zugenommen hat, die Autofahrer mit Reizen aus der Bordelektronik überflutet werden, und welche Rolle Smartphones spielen, ist nicht klar.
Trotz ständig wachsenden Verkehrs war die Zahl der tödlich Verletzten jahrzehntelang gesunken. Das schwärzeste Jahr in der Statistik war 1970 mit über 21.000 Verkehrstoten - heute gibt es 80 Prozent weniger Tote auf den Straßen. Daran habe die Sicherheitstechnik einen großen Anteil, sagt Unfallforscher Siegfried Brockmann: «Der Sicherheitsgurt ist nach wie vor der Lebensretter Nummer eins.»
Neue Gefahrenquelle Smartphone
Mit dem Smartphone scheint eine neue Gefahrenquelle an Bedeutung zu gewinnen - vor allem junge Leute lesen während der Fahrt Mitteilungen oder schreiben sogar selbst welche. Die Beteiligung am Unfallgeschehen wird jedoch bisher nicht erfasst. «Wir wissen darüber extrem wenig», sagt Brockmann. Und verteufeln will er die Nutzung der Medien im Auto auch nicht, im Gegenteil: «Ein gewisses Maß an Ablenkung ist erwünscht.» Der Fahrer brauche eine Nebenbeschäftigung, sonst werde er träge und schläfrig. Entscheidend sei, dass er die Hände am Lenkrad habe und die Straße im Blick behalte.
Der Auto Club Europa (ACE) dagegen sieht die zunehmenden Infotainment-Angebote im Auto als wachsendes Problem. «Geräte, die nachweislich die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, sind während der Fahrt automatisch zu deaktivieren», fordert der ACE.
Ablenkungsgefahr immer vorhanden
Von Verboten hält Unfallforscher Brockmann nichts. Die Benutzung von Smartphones sei gar nicht zu verhindern, deshalb sei es sinnvoller, die Anwendung so ins Auto zu integrieren, dass Blick und Hände frei bleiben - etwa durch Sprachsteuerung. Ablenkungsgefahr gebe es grundsätzlich immer - auch ganz ohne Elektronik.
Für den Präsidenten des Verkehrssicherheitsrats, Walter Eichendorf, ist Überwachung des Verkehrs unverzichtbar. «Sie muss flächendeckend und nicht kalkulierbar sein», sagte er kürzlich in Berlin. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält mehr Videokontrollen auf Autobahnen für sinnvoll, etwa um aggressive Fahrer ausfindig zu machen.
Dobrindt für Videokontrollen
Dobrindt will Stress reduzieren. «Zeiten der Rushhour gibt es mehrmals am Tag, nicht mehr nur zweimal», sagte er bei einer Tagung des Verkehrssicherheitsrats. Zeitdruck, dichter Verkehr und die wachsende Informationsflut für viele Fahrer steigerten die Aggressivität.
Die Hektik müsse aus dem Verkehr genommen werden, fordert WWF-Verkehrsexperte Johannes Erhard: Tempo 30 in städtischen Wohngebieten und Tempo 50 auf den Hauptachsen, gleichzeitig Ausbau der Fahrradwege und öffentlicher Verkehrsmittel könnten viel Entlastung bringen. «Man darf den Menschen aber nicht das Gefühl geben, ihnen werde die Mobilität genommen.» (dpa)