«Wir können Entlassungen ausschließen»

Interview Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer

«Wir können Entlassungen ausschließen»
Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer © Foto: Audi

Ungeachtet der Krise hält Audi an seiner Produktoffensive fest. Im Interview mit der Autogazette spricht Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer über die Krise, Kurzarbeit, den Boommarkt China und über Probleme in den USA.

Der Ingolstädter Autobauer Audi hat trotz der Krise seine Ziele bekräftigt. «Wir wollen bis 2010 in Europa die Nummer eins werden. Dazu stehen wir», sagte Vertriebs-Vorstand Peter Schwarzenbauer im Interview mit der Autogazette. «Wir liegen im ersten Quartal in Westeuropa übrigens deutlich vor unseren Wettbewerbern. Wir sind der einzige Premiumhersteller, der an seiner Produktoffensive festhält. Bei Mitbewerbern sehe ich doch die ein oder andere Bremsspur.»

«40 Modelle bis 2015»

Wie Schwarzenbauer sagte, wolle man seinen Kunden bis zum Jahr 2015 insgesamt 40 Modelle anbieten. Bis dahin werde Audi weiter massiv in neue Produkte investieren. «Bis 2015 werden es pro Jahr durchschnittlich zwei Milliarden Euro sein», sagte der 49 Jahre alte Manager.

«Trotz der Krise gut unterwegs»

Audi A5 Cabrio Foto: Audi

Autogazette: Herr Schwarzenbauer, Daimler hat Sparmaßnahmen verkündet und schließt sogar Entlassungen nicht aus. Müssen sich auch die über 57.000 Beschäftigten von Audi Sorgen um ihren Job machen?

Peter Schwarzenbauer: Wir sind trotz der Krise gut unterwegs. Wir haben bereits reagiert, als wir im Oktober gesehen haben, dass 2009 ein schweres Jahr werden würde. Bislang gab es bei uns zwei Wochen Kurzarbeit. Damit können wir unser Geschäft so fortführen, wie wir es bei der Jahrespressekonferenz angekündigt haben.

Autogazette: Sie schließen Entlassungen also aus?

Schwarzenbauer: Ja, wir können Entlassungen ausschließen. Dazu gibt es mit dem Betriebsrat auch einen Vertrag bis 2011. Dazu stehen wir.

Autogazette: Thyssen-Chef Ekkehard Schulz sagte gerade, dass es unseriös sei, in der derzeitigen Krise, die an Heftigkeit ein Novum darstellt, einen Personalabbau auszuschließen.

Schwarzenbauer: Wir haben eine hochmotivierte und bestens qualifizierte Mannschaft, die wir brauchen, schon gar, wenn es wieder aufwärts geht. Trotz der Krise werden wir auch weiter in unsere Produkte investieren. Bis 2015 werden es pro Jahr durchschnittlich zwei Milliarden Euro sein.

«Rechnen mit Minus von zehn Prozent»

Audi TT RS Foto: Audi

Autogazette: Reicht Kurzarbeit aus, um der Krise zu begegnen?

Schwarzenbauer: Für uns reicht das, obwohl der Weltmarkt in diesem Jahr um 15 bis 20 Prozent rückläufig sein wird. Wir rechnen für Audi mit einem Minus von 10 Prozent, Wind und Wetter natürlich vorbehalten.

Autogazette: Schließen Sie auch Lohnkürzungen oder eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit aus?

Schwarzenbauer: Wir erwarten für das Gesamtjahr einen Rückgang der Auslieferungen von 10 Prozent und damit kommen wir mit den bekannten Instrumenten gut zurecht.

Autogazette: Bis 2015 wollen Sie die Modellpalette von jetzt 28 auf 40 Modelle ausweiten. Bleibt es dabei?

Schwarzenbauer: Dabei bleibt es: 2015 werden wir 40 Modelle im Angebot haben.

«Erholung Ende 2009»

Autogazette: Wann wird die Talsohle durchschritten sein?

Schwarzenbauer: Wir gehen davon aus, dass sich der Markt Ende 2009 erholen wird. Es läuft ja auch nicht alles schlecht. Ich nenne China, Australien oder Brasilien. Es gibt durchaus schon jetzt positive Signale.

Autogazette: Das Wirtschaftswachstum in China lag im ersten Quartal zwar bei 6,1 Prozent, hat sich jedoch verlangsamt. Muss man sich kurz über lang nicht darauf einstellen, sich von zwei bis sogar dreistelligen Wachstumsraten zu verabschieden?

Schwarzenbauer: In jedem anderen Markt wären wir glücklich, wenn es Wachstumsraten von fünf oder sechs Prozent gäbe. Sicher wird auch in China das Wachstum auf ein normales Maß kommen. Doch wir sprechen immer noch von einem Markt, der schon heute eine Größenordnung von fünf bis sechs Millionen Fahrzeugen jährlich hat. Das eröffnet uns hervorragende Möglichkeiten.

«Sehe Bremsspur bei Mitbewerbern»

Audi Q5 Foto: Audi

Autogazette: Obwohl Sie mit einem Absatzrückgang von 10 Prozent in diesem Jahr rechnen, wollen Sie bei den Stückzahlen bereits 2010 an Mercedes und BMW vorbeiziehen. Wie soll das gelingen?

Schwarzenbauer: Es kommt immer darauf an, was die anderen machen. Wir wollen bis 2010 in Europa die Nummer eins werden. Dazu stehen wir. Wir liegen im ersten Quartal in Westeuropa übrigens deutlich vor unseren Wettbewerbern. Wir sind der einzige Premiumhersteller, der an seiner Produktoffensive festhält. Bei Mitbewerbern sehe ich doch die ein oder andere Bremsspur.

Autogazette: In West-Europa haben Sie im ersten Quartal mit fast 153.000 Autos mehr abgesetzt als Mercedes mit 138.000 und BMW mit 131.000. Warum läuft es bei Audi derzeit besser?

Schwarzenbauer: Produkt, Markenimage und Mitarbeiter: das ist der Schlüssel unseres Erfolges. Wir haben im Vergleich zu unseren Mitbewerbern nun einmal das frischeste Produktportfolio im Angebot. Im zurückliegenden Jahr haben wir den neuen A4 und den Q5 auf den Markt gebracht, zugleich haben wir den A3 und den A6 einem Facelift unterzogen.

Autogazette: Kann Audi als Sieger unter den Premiummarken aus der Krise hervorgehen?

Schwarzenbauer: Davon bin ich fest überzeugt. Wenn wir in fünf Jahren zurückblicken, werden wir sagen, dass wir auch in der Krise aufholen konnten.

Autogazette: In Deutschland rechnet der VDA mit einem Gesamtabsatz von über 3,1 Millionen Autos? Womit rechnen Sie angesichts der Abwrackprämie?

Schwarzenbauer: Ich denke, dass 3,1 Millionen eine realistische Zahl ist.

Autogazette: Erwarten Sie nach Ende der Abwrackprämie eine Rabattschlacht unter den Herstellern?

Schwarzenbauer: Wenn Sie in die USA schauen und sich fragen, weshalb es den Autobauern dort so schlecht geht, dann ist die überzogene Rabattschlacht einer der Gründe.

«Das Thema treiben andere»

Der Audi A4 Foto: Audi

Autogazette: An der aber auch Sie sich beteiligen...

Schwarzenbauer:...das Thema treiben andere, wir halten uns sehr zurück und haben im Schnitt deutlich weniger gegeben.

Autogazette: Audi hat sein Ziel aufgegeben, bis 2015 mit 1,5 Millionen Autos erfolgreichster Premiumhersteller zu werden. Nun setzt man auf profitables Wachstum. Eine Teilnahme an einer möglichen Preisschlacht in Deutschland schließen Sie aus?

Schwarzenbauer: Wir arbeiten unvermindert an unserem Ziel, erfolgreichster Premiumhersteller zu werden. Wir werden uns dabei nicht nur am Volumen ausrichten. Eine Rabattschlacht kommt für uns schon deshalb nicht in Frage, weil wir damit nicht die angepeilte Kapitalrendite von 18 Prozent erreichen können.

Autogazette: Ärgert es Sie, dass Sie ihren Kunden nicht schon jetzt einen Kleinwagen wie den A1 anbieten können?

Schwarzenbauer: Ich bin davon überzeugt, dass der Audi A1 im kommenden Jahr genau richtig kommt.

Autogazette: Was erwarten Sie vom A1 im kommenden Jahr?

Schwarzenbauer: Durch den A1 wollen wir neue Zielgruppen für die Marke Audi erschließen. Der A1 ist ein ideales Auto für junge Menschen in Großstädten. Wenn Sie junge Leute zur Marke bringen, dann werden sie auch bei Audi bleiben und nach einem Kleinwagen später dann auf ein größeres Fahrzeug aus unserem Angebot umsteigen.

«Haben Marktanteile in USA hinzugewonnen»

Autogazette: Sie sind auch zu Audi geholt worden, um den Absatz auf dem US-Markt anzukurbeln. Das ist bislang nicht gelungen, im März gab es ein Minus von über 19 Prozent. Sehen Sie angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage in den USA eine Wende?

Schwarzenbauer: Auch wir können nicht gegen den Trend anschwimmen. Doch wir haben in den USA aktuell Marktanteile hinzugewonnen und liegen jetzt bei 7,3 Prozent.

Autogazette: Die US-Hersteller sehen eine Verbesserung der Absatzsituation. Teilen Sie diese Zuversicht?

Schwarzenbauer: Wie ich aus den Gesprächen mit unseren Händlern weiß, gibt es eine Belebung. Es kommen wieder mehr Menschen in die Showrooms. Das ist ein gutes Zeichen.

Autogazette: Der Dieselanteil ist in Deutschland durch die Abwrackprämie gesunken. Welche Zukunft hat der Diesel noch?

Schwarzenbauer: In Europa wird der Diesel weiter eine große Rolle spielen. Unser Dieselanteil ist übrigens stabil, in Deutschland aktuell bei etwa 60 Prozent. Anders sieht es aktuell noch in den USA aus. Dort hat der Diesel nach wie vor kein gutes Image, und das wollen wir ändern. Wir führen gerade den Q7 als Clean Diesel auf dem US-Markt ein. Wenn 30 Prozent der amerikanischen Flotte heute Dieselfahrzeuge wären, könnten die Amerikaner pro Tag 1,4 Millionen Barrel Rohöl sparen. Das ist ein sehr starkes Argument, und der Diesel ist damit ein wichtiger Baustein für die Energiepolitik des Landes. Wir leisten zu dieser Diskussion unseren Beitrag, und wir haben die richtigen Fahrzeuge im Angebot, um auch unsere amerikanischen Kunden von den Vorteilen eines modernen Diesel zu überzeugen.

Das Interview mit Peter Schwarzenbauer führte Frank Mertens

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