Machtkampf geht in die nächste Runde

Großaktionäre scheitern mit Anträgen

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh hat auf der Hauptversammlung des Konzerns Großaktionär Porsche angegriffen. Dem Sportwagenhersteller hielt er «gefährliche Allmachtsfantasien» vor.

Im Machtkampf bei Volkswagen hat VW- Betriebsratschef Bernd Osterloh dem Großaktionär Porsche «gefährliche Allmachtsphantasien» vorgeworfen. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wolle mit der «Arroganz eines Alleinherrschers» schalten und walten, dies habe unheimliche Risiken für VW und die Beschäftigten, kritisierte Osterloh am Donnerstag bei einer Kundgebung der IG Metall vor Beginn der VW-Hauptversammlung in Hamburg. VW müsse eigenständig bleiben. Der Betriebsrat werde den Mitbestimmungsstreit «mit aller Härte» führen. In dem Konflikt droht ein langes juristisches Tauziehen.

Ton verschärft

Damit verschärfte Osterloh noch einmal den Ton in der seit Monaten schwelenden Auseinandersetzung über die Mitbestimmung in der Porsche Holding. Porsche hält derzeit rund 31 Prozent an VW und will die Mehrheit an dem Wolfsburger Autobauer übernehmen. VW wäre dann Teil der Porsche Holding. Osterloh kritisierte, Porsche fahre «Angriffe» gegen die VW-Belegschaft. Es gehe um die Sicherheit der Jobs von 360 000 VW-Beschäftigten. «Schlechter kann man eine Übernahme nicht gestalten.»

Jürgen Peters und Bernd Osterloh
Jürgen Peters und Bernd Osterloh (r.) auf dem Weg zur Hauptversammlung Foto: dpa

Auch im Streit der beiden Großaktionäre Porsche und Niedersachsen über die künftige Machtverteilung bei VW ist keine Einigung in Sicht. Bei der Hauptversammlung treffen die unterschiedlichen Interessen des größten Anteilseigners Porsche sowie des zweitgrößten Aktionärs Niedersachsen aufeinander. Porsche will den starken Einfluss Niedersachsens bei VW beschränken, dagegen wehrt sich das Land. Wie Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) sagte, sehe das Land keinen Anlass, die geltende Regelung zur 20-prozentigen Sperrminorität zu ändern. Die Regelung in der VW-Satzung entspreche dem deutschen Aktienrecht. Das Land, das knapp über 20 Prozent an VW hält, hat damit ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen.

Porsche will versuchen, als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum VW-Gesetz die Sperrminorität über eine Satzungsänderung auf 25 Prozent zu erhöhen. Niedersachsen, dass knapp über 20 Prozent an VW hält, will dagegen an der geltenden Regelung festhalten. Eine Aufsichtsratssitzung am Mittwoch hatte keine Annäherung gebracht.

Weder der Antrag von Porsche noch der des Landes dürften am Nachmittag die notwendige Mehrheit in der Hauptversammlung erreichen. Es bliebe bei der bestehenden Regelung zur Sperrminorität. Porsche könnte dann vor Gericht gehen. Eine juristische Machtprobe sieht auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) als wahrscheinlich. So sei nicht absehbar, dass einer der beiden Großaktionäre nachgeben werde. Daher werde es in der Auseinandersetzung um die Sperrminorität zu einer juristischen Klärung kommen müssen. Dies sei das gute Recht von Porsche. Aus seiner Sicht drohe dies VW aber nicht zu beschädigen. Der Autobauer sei wieder in der «Erfolgsspur», sagte Wulff mit Blick auf jüngste Absatz- und Gewinnsprünge.

Unterstützung für Niedersachsen

Ferdinand Piech auf der VW-Hauptversammlung in Hamburg Foto: dpa

Osterloh unterstützte vehement die Position Niedersachsens. Porsche dagegen wolle die Mitbestimmung schwächen und zeige keinen Willen zur Einigung. «Ich habe den Eindruck, man will mit uns nicht reden», sagte Osterloh vor rund eintausend VW-Beschäftigten. Es gehe um eine angemessene Beteiligung der VW-Belegschaft in der Porsche Holding.

Die Mitbestimmungsvereinbarung der Porsche Holding geht aus Sicht des VW-Betriebsrats zu Lasten der VW-Belegschaft. Am 29. April verhandelt das Stuttgarter Arbeitsgericht über eine Klage des VW- Betriebsrats gegen die Vereinbarung. Osterloh kündigte an, der Betriebsrat werde notfalls bis vor das Bundesarbeitsgericht und den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Osterloh griff Wiedeking auch persönlich an. Der Porsche-Chef könne nicht mit Menschen umgehen, er habe «null Fingerspitzengefühl». Wiedeking agiere nach Gutsherrenart «ohne Rücksicht auf Verluste». Bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag von Porsche bei VW stünde Volkswagen «ohne Hemd und Hose da». Porsche fehle die internationale Erfahrung, der Sportwagenbauer habe nur zwei Standorte. «Porsche braucht uns - und nicht umgekehrt.» Porsche sei ein «Mittelständler», der einen Weltkonzern führen wolle.

Winterkorn rechnet mit Bestwerten

VW-Chef Martin Winterkorn bekräftigte, er rechne trotz der Risiken in der Weltwirtschaft 2008 mit neuen Bestwerten bei Absatz und Ergebnis. Vor VW lägen große Chancen, obwohl sich die Automobilindustrie in «rauer See» bewege. VW will den Absatz in den kommenden Jahren massiv steigern und auf längere Sicht Toyota als erfolgreichsten Autobauer weltweit ablösen. Winterkorn sagte, VW stehe mit Porsche und Niedersachsen als Hauptaktionäre auf einem soliden Fundament. Beiden Anteilseignern gehe es nicht um schnelle Profite, sondern um eine langfristige Entwicklung.

Porsche-Chef und VW-Aufsichtsrat Wiedeking äußerte sich bis zum frühen Nachmittag nicht auf der Hauptversammlung. VW- Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch erklärte Fragen von Aktionären an Aufsichtsratsvertreter des Landes sowie Porsches unter Verweis auf das Aktienrecht als nicht zulässig. Viele Kleinaktionäre hatten Porsche kritisiert. Eine Schwächung der Mitbestimmung könne «fatale Folgen» haben.

Mit Anträgen gescheitert

Die VW-Großaktionäre Porsche und Niedersachsen sind im Machtkampf bei Volkswagen mit ihren Anträgen zur Änderung der VW-Satzung beide gescheitert. Der Sportwagenbauer wollte am Donnerstag auf der VW-Hauptversammlung in Hamburg den starken Einfluss Niedersachsens bei den Wolfsburger beschränken und die Sperrminorität von 20 auf 25 Prozent erhöhen. Das Land hatte im Gegenzug einen Antrag gestellt, diese Regelung beizubehalten, um seinen Einfluss bei VW als mit Abstand wichtigstem Arbeitgeber im Land zu sichern.

Beide Anträge erhielten nicht die erforderliche Mehrheit. Damit bleibt die bestehende Regelung in Kraft. Erwartet wird nun ein langes juristisches Tauziehen über das bisherige Vetorecht Niedersachsens bei wichtigen Entscheidungen. Der Sportwagenbauer hält derzeit rund 31 Prozent an VW und will die Mehrheit an dem Wolfsburger Autobauer übernehmen. Niedersachsen verfügt über knapp 20 Prozent an VW.(dpa)

Keine Beiträge vorhanden