Hoffen und Bangen in Detroit

Die erste Automesse des Jahres kennzeichnet die Gratwanderung der Industrie tadellos. Neben ökologischen Ansätzen trumpfen die Big Cars auch in Detroit groß auf – allerdings ebenfalls grün angehaucht.

Von Michael Friedrich

Mit einer Mischung aus Hoffen und Bangen fahren die Autohersteller in diesem Jahr zur Branchenmesse nach Detroit. In der Geburtsstadt der automobilen Massenproduktion wird Anfang Januar traditionell das Autojahr eingeläutet, dieses Jahr läuft die Messe vom 18. bis 27. Januar. Doch wohin die Reise der Branche in diesem Jahr geht, ist noch ungewiss. Einerseits brummt in Schwellenländern wie China die Nachfrage, auf der anderen Seite verhageln Klimawandel, CO2-Steuer, explodierende Spritpreise und nicht zuletzt die Kreditkrise den Verbrauchern in den traditionellen Abnehmerländern die Kauflaune. Und die Lage bleibt nach Einschätzung von Experten schwierig. «Im Augenblick dominiert das Bangen», sagt Analyst Tim Schuldt von equinet.

Etablierte Märkte als Sorgenkinder

Sorgenkinder sind die etablierten Märkte. In Westeuropa und vor allem Deutschland herrsche weiter Verunsicherung über die künftige Form möglicher CO2-Strafzahlungen für die Autobauer, sagt Autoanalyst Marc-Rene Tonn von M.M. Warburg. Hinzu kämen immer strengere Umweltauflagen in den Städten und hohe Spritpreise. Immerhin sei in Europa 2008 aber mit einer stabilen Entwicklung zu rechnen. Düster sei dagegen die Lage jenseits des Atlantiks. «Gerade auf dem US-Markt sieht es schwierig aus.» Das Prognose-Instituts B&D-Forecast rechnet hier 2008 mit einem weiteren Absatzrückgang auf 15,9 Millionen Fahrzeuge. Das wäre der niedrigste Stand seit Jahren. 2007 lag der Absatz in den USA bei 16,15 Millionen Fahrzeugen.

Die drei großen US-Hersteller GM, Ford und Chrysler stecken mitten in einem schmerzhaften Umbau mit Werksschließungen, Produktionskürzungen und Stellenstreichungen. Sie haben den Trend zu sparsamen Fahrzeugen verschlafen und laufen nun der Konkurrenz aus Europa und Japan hinterher. US-Marktführer GM fuhr 2007 einen Absatzrückgang von sechs Prozent ein, Ford war mit minus 12 Prozent unterwegs und Chrysler verkaufte 3,1 Prozent weniger. Dennoch liegt ihr Marktanteil immer noch bei gut 50 Prozent. Die deutschen Hersteller dagegen schafften bis auf VW durch die Bank ein Absatzplus und auch Toyota steigerte die Verkäufe um drei Prozent.

Neue Technologien ein großes Thema

Angesichts der Klimadebatte dürften daher wie bereits auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) im Herbst in Frankfurt «neue Technologien zur Abgas- und Verbrauchsreduzierung auch in Detroit die bestimmenden Themen bleiben», sagt Analyst Tonn. Mindestens eine Studie eines neuartigen Hybrid-, Brennstoffzellen- oder Elektroautos gehört mittlerweile zum guten Ton.

Doch Detroit wäre nicht Detroit ohne das Schaulaufen dicker Geländewagen und Pickups. In diesem Jahr sind sie allenfalls ein bisschen kleiner, ein bisschen grüner. Toyota stellt den A-Bat vor, eine Mischung aus Pkw und Pickup, Mercedes den kleinen Geländewagen GLK und die Chrysler- Marke Jeep einen Öko-Floh fürs Gelände, genannt Renegade. Er soll nur zwei Passagieren Platz bieten und ökologisch korrekt von einem Elektro- und einem kleinen Dieselmotor angetrieben werden.

Boommärkte trumpfen auf

Doch unabhängig vom Schaulaufen in den USA wird die Musik nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer von B&D in den kommenden Jahren in anderen Teilen der Welt spielen. Da gerade auf den traditionellen Märkten die Luft dünner wird, ruhen die Hoffnungen der Autobauer vor allem auf den Schwellenländern. Nach Einschätzung von B&D dürften die Verkäufe in den USA, Europa und Japan in diesem Jahr weiter von 37,1 auf rund 36,9 Millionen Fahrzeuge zurückgehen. In Wachstumsregionen wie China, Russland, Brasilien und Indien dagegen legt die Nachfrage weiter rasant zu. B&D erwartet hier einen Absatz von 22,7 Millionen Fahrzeugen nach 20,8 Millionen im vergangenen Jahr. Die weltweiten Automobilverkäufe sollen von rund 58 auf den Rekordwert von 59,6 Millionen Pkw zulegen.

Gut positioniert sind vor allem Massenhersteller, die billige Fahrzeuge im Angebot haben. Laut B&D wird das Segment der Autos zu einem Preis von weniger als 7000 Dollar bis zum Jahr 2015 auf knapp zehn Millionen Fahrzeuge wachsen und das Fahrzeug-Segment mit der größten Wachstumsrate werden. Der französische Autohersteller Renault will in den nächsten ein bis zwei Jahren ein Billigauto für 3000 US- Dollar in den Schwellenländern auf den Markt werfen. Der indische Autobauer Tata will dies bereits in diesem Jahr tun. (dpa)

Keine Beiträge vorhanden