Grün ist die Hoffnung

Krise der US-Autoindustrie

Die Zukunft für die ums Überleben kämpfenden US-Autobauer ist elektrisch. Mit alternativen Antrieben und verbrauchsgünstigen Fahrzeugen wollen sie aus der Krise herauskommen.

Von Frank Mertens

Sieht so eine Totenmesse aus? Nein, ganz im Gegenteil. Statt angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise zu Tode betrübt zu sein, versuchen die ums Überleben kämpfenden US-Autobauer GM, Ford und Chrysler auf der Detroit Auto Show, dem Branchentreffen im Elend, Aufbruchstimmung zu verbreiten - und setzen dabei auf Elektroautos. Die Zukunft der Branche, die jahrzehntelang auf zu große, zu laute und spritfressende Autos gesetzt hat, scheint über Nacht grün geworden zu sein.

«Wir können auch anders»

Die Message nach den ersten beiden Pressetagen in der Cobo Hall ist klar: «Seht her, wir können auch anders. Wenn ihr uns nur lasst und uns dazu die finanziellen Möglichkeiten gebt.» Damit das auch jeder mitbekommt, hat GM am Samstag eine Show veranstaltet, in der die Mitarbeiter des Konzerns als Cheerleaders fungierten. Als die Neuheiten von GM wie der elektrisch angetriebene Cadillac Converj Concept und andere Neuheiten auf den GM-Stand fuhren, jubelten Frauen, Männer und Kinder den Produkten wie Rockstars zu und hielten Schilder mit der Aufschrift «Wir sind elektrisch» oder «Wir bleiben hier» hoch.

Der Ford Taurus Foto: dpa

Auch Ford begegnet der Krise mit Elektroautos wie dem Ford Taurus, der eine Reichweite von 100 Kilometer aufweisen soll. Er soll 2011 auf den US-Markt kommen, ein Jahr später als der Chevrolet Volt. Dessen Marktstart wurde für November 2010 angekündigt. Mittlerweile ist auch klar, wer die Batterie für dieses Projekt produzieren wird. Es wird der Elektronikonzern LG Chem. sein, wie Konzernchef Rick Wagoner bekanntgab. Zur Fertigung wird noch in diesem Jahr in Michigan eine Fabrik gebaut. Und Chrysler, der Kleinste dieses Trios, steht Ford und GM nicht nach und präsentierte unter anderem die ebenso elektrisch angetriebene Limousine 200C EV oder den Dodge Circuit EV.

Rick Wagoner auf der Detroit Auto Show Foto: AG/Mertens

Grün ist also die Hoffnung der US-Autobauer. Doch der US-Automarkt ist so fragil wie die Wirtschaft, eine schlechte Nachricht jagte im zurückliegenden Jahr die nächste. Allein im Dezember verloren in den USA 524.000 Menschen ihren Job, insgesamt waren es 2008 2,6 Millionen, so viele wie seit 1945 nicht mehr. Die Arbeitslosenquote liegt bei 7,2 Prozent. Angesichts dieser düsteren Aussichten blickt jeder gespannt auf den Amtsantritt vom neuen US-Präsidenten Barack Obama am 20. Januar. Mit einem Hunderte Milliarden Dollar umfassenden Hilfspaket will er die Wirtschaft ankurbeln - und damit auch den Autoabsatz im Land.

Absturz im 18 Prozent

Der Chevrolet Volt auf der Detroit Auto Show Foto: dpa

Der erlebte im zurückliegenden Jahr einen Absturz um 18 Prozent auf nur noch 13,2 Millionen Autos. Glaubt man einer Studie des Beratungsunternehmens JD Power, werden es 2009 sogar nur noch 11,4 Millionen sein. Nach dem Jammertal soll es aber schnell wieder aufwärts gehen. Damit rechnet zumindest das Forschungsinstitut Global Insight: Hier kalkuliert man für 2010 mit 14 Millionen verkauften Autos, für 2012 sogar schon mit 16 Millionen. Doch das ist die Zukunft - die Gegenwart sieht anders aus. Das wissen auch Wagoner und seine Kollegen von Chrysler und Ford.

Cadillac Convej Foto: dpa

Sie stehen vor Herausforderungen, die kaum zu kalkulieren sind - wie der Benzinpreis. Noch im letzten Jahr lag er bei vier Dollar pro Gallone, was den Absatz der Spritschlucker einbrechen ließ. Nun ist der Spritpreis deutlich gefallen, kostet nur noch unter zwei Dollar. Und das treibt den Autobauern die Sorgenfalten ins Gesicht, die in Detroit neben ihren Elektrofahrzeugen wie GM auch kleinere, spritsparende Fahrzeuge wie beispielsweise den Chevrolet Spark präsentierten, der 2010 in Europa verkauft werden soll. «Sollte der Spritpreis niedrig bleiben, dann sagen die Käufer, dass sie an in kleineren Fahrzeugen nicht interessiert sind und fahren länger ihre großen Fahrzeuge», ist GM-Vize Bob Lutz überzeugt.

Wenn der Kunde schon nicht mehr mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Tankstelle fahren muss, dann legt er auch keinen Wert darauf, dass beispielsweise der überarbeitete SUV Equinox 25 Prozent weniger Sprit verbrauchen soll als der Vorgänger.

40.000 Dollar für den Volt

Ohnehin dürften derzeit nur wenige bereit sein, rund 40.000 Dollar für einen Chevrolet Volt auszugeben. Denn die Neuwagenpreise befinden sich im rapiden Fall, wie man den Autoanzeigen in der Tageszeitung Detroit Free Press entnehmen kann. So wird dort beispielsweise ein Dodge Charger SE Plus statt für 23.490 Dollar für nur 12.975 Dollar angeboten - und das ist keine Ausnahme.

GM-Mitarbeiter bei der Präsentation der neuen Modelle Foto: dpa

Doch selbst diese Autos werden nicht gekauft. Die Kunden fürchten schlicht um ihren Job und sind von der Fianzkrise gebeutelt. Wer schon nicht die Hypotheken für sein Haus bezahlen kann, der kauft sich kein Auto, weder eines für 12.000 Dollar noch eines für 40.000 Dollar. Das wissen auch die Autobauer, die alles versuchen, die Kunden doch zum Autokauf zu bewegen. So wie Hyundai. Hier kann der Kunde sein Auto zurückgeben, wenn er zwölf Monate nach dem Kauf seinen Job verliert.

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