Deutschland hat am Freitag gegen Strafzölle für chinesische E-Autos gestimmt. Damit konnte man sich in der EU aber nicht durchsetzen. Die Autoindustrie hofft jetzt weiter auf eine Verhandlungslösung.
Die EU kann gegen den Widerstand Deutschlands Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben. Es hat sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben ausgesprochen, wie mehrere EU-Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. Es gab allerdings auch kein klares Votum für die Zölle. Damit kann die EU-Kommission entscheiden, die Abgaben in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen.
Deutschland konnte sich nicht mit seiner Position durchsetzen. Das bevölkerungsreichste EU-Land stimmte in Brüssel zwar gegen die Zölle. Um diese verhindern zu können, hätte sich aber eine Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben aussprechen müssen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Zwölf Enthaltungen
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen stimmten am Ende zehn EU-Staaten für die Maßnahme und zwölf enthielten sich. Lediglich fünf sprachen sich demnach offen gegen die Zölle aus. Dabei repräsentieren die Gegner der Abgaben den Angaben zufolge gut 20 Prozent der EU-Bevölkerung. Auch die Bundesregierung war in dem EU-Zollstreit zunächst uneins, bis Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor der Abstimmung eine Entscheidung herbeigeführt und sich für ein Nein Deutschlands ausgesprochen hatte. In der Ampel-Koalition drangen die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und für Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel.
Auch Scholz äußerte sich kritisch zu möglichen Strafzöllen. Die grün geführten Wirtschafts- und Außenministerien hatten dagegen dafür plädiert, sich bei der Abstimmung in Brüssel zu enthalten, um weiter nach einer Verhandlungslösung mit China zu suchen.
Die Europäische Kommission hatte die zusätzlichen Zölle angekündigt, nachdem eine Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass Peking E-Autos mit Subventionen fördere, die den Markt in der EU verzerrten. Ob die Einfuhrzölle Anfang November in Kraft treten werden, liegt in der Hand der Kommission. Wenn aber noch rechtzeitig eine Lösung mit China am Verhandlungstisch erreicht wird, können die Zölle gestoppt werden.
Lindner warnt vor Handelskrieg
Nach der EU-Abstimmung zu EU-Zusatzzöllen auf Elektroautos aus China warnt Bundesfinanzminister Christian Lindner vor einer Verschärfung der handelspolitischen Auseinandersetzung. Die EU-Kommission von Präsidentin Ursula von der Leyen sollte trotz des Votums keinen Handelskrieg auslösen, schrieb der FDP-Politiker auf «X». «Wir brauchen eine Verhandlungslösung.» Er setze auch auf CDU-Chef Friedrich Merz, um dessen Parteifreundin zu erläutern, was auf dem Spiel stehe, schrieb Lindner.
Der Verband der Automobilindustrie hat nach der EU-Abstimmung vor negativen Auswirkungen gewarnt. Dies sei «ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit», sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller laut Mitteilung. Der potenzielle Schaden sei daher höher als der mögliche Nutzen des Instruments. Müller forderte beide Seiten auf, in Verhandlungen eine Eskalation zu verhindern, «also idealerweise die Zölle doch noch abwenden, damit wir keinen Handelskonflikt riskieren». Hier müssten in konstruktiven Gesprächen Lösungen gefunden werden, sagte die VDA-Chefin. Beide Seiten, sowohl China als auch die EU, müssten aufeinander zugehen.
Volkswagen setzt weiter eine Verhandlungslösung. „Wir appellieren an die EU-Kommission und die chinesische Regierung, die laufenden Verhandlungen für eine politische Lösung konstruktiv fortzusetzen“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. „Gemeinsames Ziel muss es sein, etwaige Schutzzölle und damit einen Handelskonflikt zu verhindern.“ Bis zur etwaigen Umsetzung der Entscheidung Ende Oktober sei eine Verhandlungslösung, die Schutzzölle vermeidet, weiterhin möglich. Volkswagen sei weiter der Meinung, „dass die vorgesehenen Zölle der falsche Ansatz sind und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie nicht verbessern würden“. (dpa)