«Es wird zu wenig über Batterie-Reparaturen nachgedacht»

KBC-Berater Felix Feuerbach

«Es wird zu wenig über Batterie-Reparaturen nachgedacht»
Felix Feuerbach von der Unternehmensberatung Kemény Boehme Consultants. © KBC

Die Nachfrage nach E-Autos ist eingebrochen. Das liegt auch an der Reparaturfähigkeit der Batterie, ist Felix Feuerbach von der Unternehmensberatung Kemény Boehme Consultants überzeugt.

Die Elektromobilität erlebt in den zurückliegenden Monaten eine deutliche Kaufzurückhaltung. Das liegt vor allem am Ende der Kaufprämie – aber nicht nur. Potenzielle Kundinnen und Kunden klagen über zu hohe Anschaffungspreise, eine schlechte Ladeinfrastruktur. Zudem trauen sie der Technologie nicht: Wie lange hält die Batterie? Wie sehr nimmt deren Leistung ab?

Der Gesamtzustand des Hochvoltspeichers – auch als State of Health (SoH) bezeichnet – dürfte vor allem die interessieren, die sich für den Kauf eines E-Autos entscheiden. Wer sein Fahrzeug least, den interessiert der Zustand der Batterie eher nicht, da er sein Fahrzeug nach einer bestimmten Zeit wieder an den Händler zurückgibt. Doch für E-Autokäufer, gerade für die von Gebrauchtwagen, ist das relevant. Schließlich entfallen auf die Batterie bis zu 40 Prozent der Herstellungskosten eines Stromers. Ist sie kaputt, droht ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Umfassende Garantie auf Batterie

Das Gros der Hersteller gewährt auf die Batterie in der Regel eine Garantie von acht Jahren oder eine Laufleistung von 160.000 Kilometer. Innerhalb dieser Frist wird ein SoH von 70 Prozent garantiert. Mit Blick auf den SoH sind die Batterien indes schon heute zuverlässig. So hat der ADAC beim Batterietest eines BMW i3 des Baujahrs 2014 nach fünf Jahren und einer Laufleistung von 100.000 Kilometer einen SoH von immerhin noch 86 Prozent ermittelt.

Eine Batterie für den VW ID.3 im Werk in Zwickau. Foto: VW

Es sind Werte, die den Kundinnen und Kunden eigentlich die Sorgen vor abnehmender Leistung bzw. Batterieschäden nehmen sollten. Eigentlich – doch die Vorbehalte existieren weiter. Gerade auch deshalb, weil die Batterien nur eine eingeschränkte Reparaturmöglichkeit bieten. Genau darin sieht auch Felix Feuerbach von der Münchner Unternehmensberatung Kemény Boehme Consultants (KBC) ein Problem. „Es wird zu wenig über Batterie-Reparaturen nachgedacht“, stellt der geschäftsführende Direktor von KBC fest. Für Feuerbach könnte der „Austausch oder die Reparatur einzelner Komponenten ein Weg sein, um gebrauchte Elektroautos attraktiver zu machen“.

Kunden Angst vor Batterieschäden nehmen

So könnte der Kundschaft die Angst vor Batterieschäden genommen werden. Der KBC-Mitgründer, der sich seit Langem mit den Themen Kreislaufwirtschaft und Remanufacturing beschäftigt, kritisiert, dass bei der Entwicklung neuer Hochvoltspeicher-Generationen zu wenig über deren Reparaturmöglichkeiten nachgedacht werde. Momentan denke man vor allem an die Herstellkosten, Energiedichte und Gewicht – und fokussiere sich nicht auf die Austauschbarkeit von defekten Bauteilen. „Doch genau das ist wichtig“, so Feuerbach.

Er macht den Umstand der unzureichenden Reparaturmöglichkeit mit dafür verantwortlich, dass die Kundinnen und Kunden sich kein Elektroauto – und schon gar kein gebauchtes – zulegen. „Sie vertrauen einfach nicht in die Haltbarkeit der Batterie.“ Dabei verweist er auf die geringen Restwerte von gebrauchten E-Autos, „die in keinem Verhältnis zu den hohen Anschaffungskosten stehen würden“.

Wirtschaftliches Risiko begrenzen

Deshalb kritisiert Feuerbach auch die Autobauer, die zwar das Thema Recycling für sich entdeckt haben, aber das Thema der Reparaturfähigkeit vernachlässigen. „Das Gros der Hersteller setzt bei den Batterien auf eine Cell-to-Pack-Strategie, die eine Reparatur nahezu ausschließt“, so Feuerbach. Damit würden sich die Hersteller selbst schaden. Denn wenn statt eines kompletten Austausches der Batterie diese auch partiell repariert werden könnte, würde sich das wirtschaftliche Risiko in Grenzen halten.

In der Recyclingfabrik von Mercedes soll das Gros der in Batterien enthaltenen Materialien zurückgewonnen werden. Foto: Mercedes

Natürlich sei Recycling mit Blick auf die Nachhaltigkeit wichtig, so Feuerbach. Aber wenn heutzutage defekte Hochvoltspeicher teils verschrottet werden, widerspricht das dem Ansatz der E-Mobilität, eine umweltfreundliche Alternative zum Verbrenner zu sein. „Zu häufig werden Batterien mit defekten oder degradierten Zellen recycelt – sprich: verschrottet. An der Rückgewinnung der wertvollen Rohstoffe wie beispielsweise Kobalt, Lithium und Seltenen Erden wird geforscht, insgesamt sind die Prozesse bis heute aber nicht weit genug fortgeschritten. Von einer effektiven und effizienten Rückgewinnung der seltenen Rohstoffe aus Speichern, die 5 oder 6 Jahre alt sind, sind wir immer noch weit entfernt“, ist Feuerbach überzeugt. Deshalb ist für den KBC-Manager klar: „Wir müssen weniger recyceln, dafür mehr reparieren.“

Wie effektives Recycling aussehen kann, versucht gerade Mercedes unter Beweis zu stellen. Die Schwaben haben in Kuppenheim in Nordbaden eine Batterie-Recyclingfabrik eröffnet. Dort sollen 96 Prozent der in Altbatterien enthalten Materialien zurückgewonnen werden. Aus den dort recycelten Stoffen sollen wieder Batteriemodule entstehen. Für die Kreislaufwirtschaft ein wichtiger Aspekt.

Second-Life-Batterien nicht finale Antwort

Hersteller setzten aber nicht nur auf Recycling, sondern auch auf die Wiederverwendung als so genannte Second-Life-Batterien. Sie kommen beispielsweise nach dem Einsatz in einem E-Auto in Fabriken als Energiespeicher zum Einsatz und spielen für die Energiewende aufgrund fehlender Speicher für regenerativ erzeugten Strom eine wichtige Rolle. Für Feuerbach ist dieser Anwendungsfall – auch wenn er bei Herstellern zur gängigen Praxis zu gehören scheint – nicht die finale Antwort. So sinnvoll der Einsatz in den Fabriken auch sein mag, so stellt sich Feuerbach die Frage, „wer diese degradierten Speicher abnehmen soll, zumal sich ein Überangebot abzeichnet. „Auch wenn man alte Speicher aus Fahrzeugen lange weiterverwenden will, ist eine Reparierbarkeit doch Voraussetzung“.

Die Frage, die sich jeder stellen müsse, sei doch, wie man möglichst lange die Speicher nutzen könne, in die derart viele Investitionen geflossen sind und bei deren Produktion soviel CO2 angefallen ist. Man denke leider „nicht immer bis zum Ende des Lifecycles und viel zu wenig an eine zeitwertgerechte Instandsetzung der E-Fahrzeuge“, so Feuerbach.,
Doch für die Reparatur beziehungsweise Instandsetzung von defekten Batterien brauche es auch Konzepte für die Diagnose und die Reparatur und damit auch das entsprechend geschulte Personal für die Arbeit an einem Hochvoltspeicher, so der KBC-Manager.

Reparaturfähigkeit zukünftig mitdenken

Ein Kfz-Mechaniker bei der Wartung eines E-Autos. Foto: dpa

Ähnlich hatte sich bereits im Oktober des vergangenen Jahres der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) geäußert, der in einer Studie die hohen Reparaturkosten für E-Autos monierte. Als Gründe dafür nannte der GDV neben den hohen Kosten durch beschädigte Antriebsbatterien auch „verbesserungswürdige Tauschkriterien, Diagnose- und Reparaturmöglichkeiten“. Die Reparaturkosten eines E-Autos liegen im Schnitt um 30 bis 35 Prozent über denen vergleichbarer Autos, so die Studie.

Damit diese Entwicklung gestoppt wird, hatte der GDV an die Hersteller nicht nur appelliert, die Batterien bestmöglich vor Schäden bei Unfällen zu schützen, sondern auch „wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Anleitungen für die Reparatur und/oder den teilweisen Austausch beschädigter Batterien“ anzubieten. Der GDV forderte, vermehrt Fachkräfte für die Reparatur von Elektroautos aus- und weiterzubilden.

Felix Feuerbach von Kemény Boehme Consultants hofft, dass die Hersteller bei kommenden Batteriegenerationen die Reparaturfähigkeit mitdenken. Es könne nicht im Interesse eines Autobauers sein, dass E-Autos als Gebrauchtwagen kaum nachgefragt werden, „weil sie wie Blei auf dem Hof des Händlers stehen“. Wenn die E-Mobilität wieder Fahrt aufnehmen soll – komme dem Aspekt der Reparaturfähigkeit dabei eine wichtige Bedeutung zu, ist Feuerbach überzeugt.

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