BMW: Wasserstoff hat ganz neue Bedeutung für Antriebswende

BMW: Wasserstoff hat ganz neue Bedeutung für Antriebswende
Unterwegs mit dem BMW iX5 Hydrogen im Weserbergland. © Mertens

Das Tankstellennetz ist überschaubar, das Modell-Angebot ebenso, die Nachfrage gering. Dennoch will BMW in Kooperation mit Toyota 2028 sein erstes Brennstoffzellen-Fahrzeug in Serie anbieten.

Beginnen wir mit einem Rückblick. Es war 2011, als Mercedes mit der B-Klasse Fuel-Cell 30.000 Kilometer in 125 Tagen um die Welt fuhr. Mit dieser Tour wollte der Autobauer die Leistungsfähigkeit dieses Antriebes unter Beweis zu stellen.

Die Erfahrungen waren dabei so positiv, dass der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Rückkehr in Stuttgart verkündete, dass man den Antrieb in die Serienfertigung bringen werde. Zugleich ließ der Daimler-Boss damals wissen, dass man zusammen mit Linde für den Ausbau von Wasserstofftankstellen sorgen werde. Damals wurden viele Hoffnungen verbreitet, dass nun die Ära des Wasserstoffantriebs auch in Deutschland beginne. Das war ein Trugschluss: Bis auf eine Kleinserie des GLC F-Cell in 2018 ging bei den Schwaben kein Pkw-Modell mit diesem Antrieb in die Großserie. Im Gegenteil: 2020 legte Mercedes das Thema bei den Pkws ad acta. Die Begründung: Die Batterie sei der Brennstoffzelle mit Blick auf den Massenmarkt überlegen, gerade auch wegen der geringen Anzahl der Wasserstofftankstellen.

Toyota und Hyundai mit Serienmodellen

Seiher haben nur zwei Hersteller die Technologie auch als Serienmodell im Angebot: Toyota mit dem Mirai und Hyundai mit dem Nexo. Nun hat auch BMW das Thema wiederentdeckt. Wobei: Wiederentdeckt stimmt so nicht, wendet Michael Rath ein. „Verschwunden sei das Thema bei uns von der Agenda nie“, sagt der Manager, der bei BMW die Wasserstofffahrzeuge verantwortet.

Um den Antrieb endlich aus der Nische zu bringen, kooperieren die Münchner mit Toyota, einem der Pioniere bei der Wasserstofftechnologie. Zusammen mit den Japanern soll 2028 das erste in Serie produzierte Brennstoffzellen-Elektrofahrzeug (Fuel Cell Electric Vehicle, kurz FCEV) auf den Markt kommen.

Toyota-Chef Koji Sato und BMW-Boss Oliver Zipse bei der Bekanntgabe der Kooperation in München. Foto: BMW

Mit der gemeinsamen technologischen Expertise soll es nun gelingen, was die vergangene Jahrzehnte nicht gelungen ist: die Wasserstofftechnologie nach vorn zu bringen und sie „auf das nächste Level zu heben“, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung beider Autobauer Anfang September hieß. „Das ist ein Meilenstein in der Automobilgeschichte: das erste Serienfahrzeug mit Brennstoffzelle von einem globalen Premium-Hersteller. Angetrieben mit Wasserstoff und geprägt vom Spirit unserer Zusammenarbeit wird es unterstreichen, wie technologischer Fortschritt die Mobilität der Zukunft gestaltet“, wird darin BMW-Chef Oliver Zipse zitiert.

Preise durch Skaleneffekte senken

Der BMW-Boss glaubt daran, dass damit eine „Ära mit erheblicher Nachfrage nach Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen“ eingeläutet werden kann. Toyota-Chef Koji Sato ist davon überzeugt, dass die vertiefte Zusammenarbeit mit BMW sogar dazu führen kann, „eine Wasserstoffgesellschaft aufzubauen“. Ein wichtiges Ziel der Kooperation soll dabei sein, die Kosten der Wasserstofftechnologie durch die erzielten Skaleneffekte deutlich zu senken.

Nachdem BMW gerade die weltweite Erprobung einer Pilotflotte von fast 100 Fahrzeugen des „iX5 Hydrogen“ mit positiven Erkenntnissen („Es funktioniert im Alltag“) abgeschlossen hat, bereitet der Autobauer die Serienfertigung vor. In vier Jahren soll das erste mit Toyota entwickelte Serienmodell auf den Markt kommen. Der Strategie „Power of Choice“ von BMW folgend, wird sich auch das neue Wasserstoffmodell bei den Münchnern in bestehende Baureihen einreihen, die mit verschiedenen Antrieben (Verbrenner, PHEV, Elektro) angeboten werden. „Für uns ist der Wasserstoffantrieb eine Ergänzung zu unserem bestehenden Antriebsportfolio“, sagt Rath. Er wird Teil unseres Angebots an emissionsfreien E-Autos, so der Manager. Wasserstoff sei quasi das zweite Standbein neben den sogenannten batterie-elektrischen Fahrzeugen (BEV). „Nur mit Technologieoffenheit kann man die Bedürfnisse unserer weltweiten Kundinnen und Kunden erfüllen.“

Thema Wasserstoff hat neue Bedeutung bekommen

Doch warum soll es jetzt mit dem Wasserstoffantrieb klappen, nachdem sich die Technologie schon bisher nicht in der Breite durchgesetzt hat? „Weil sich die Zeiten geändert haben und das Thema Wasserstoff eine ganz neue Bedeutung für die Antriebs- und Energiewende bekommen hat. Mittlerweile reden wir von einer Wasserstoffwirtschaft“, sagt Rath, „entsprechend wird bis 2028 Wasserstoff eine noch wichtige Rolle einnehmen als heute“.

Im Mobilitätsbereich – und gerade bei den Pkw – spielt Wasserstoff derzeit aber keine Rolle. Nach Zahlen der koreanischen Unternehmensberatung SNE Research wurden im ersten Halbjahr 2024 weltweit gerade einmal 5621 Wasserstofffahrzeuge neu zugelassen, in 2023 waren es 16.413 Fahrzeuge. In Deutschland wurde nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im September übrigens kein einziges Fahrzeug mit diesem Antrieb neu zugelassen. Im gesamten Jahr 2023 waren es gerade einmal 262 Fahrzeuge.

BMW glaubt an das richtige Timing

Michael Rath verantwortet bei BMW die Wasserstofffahrzeuge. Foto: BMW

Es sind Zahlen, die BMW und Toyota natürlich auch kennen, sie indes nicht zweifeln lassen. Im Gegenteil. „Es ist immer eine Frage des Timings, wann welche Technologie angeboten wird und erfolgreich sein kann. Wenn man die CO2-Emissionen im Verkehr senken will, dann wird Wasserstoff im Pkw-Bereich zukünftig eine wichtigere Rolle spielen“, so Rath.

Und auf welchen Märkten soll das der Fall sein? Derzeit spielt Wasserstoff primär in Japan und vor allem Südkorea eine Rolle. „Heute, im Hier und Jetzt sind es sicher die Weltregionen Japan und Korea“, sagt Rath. „Aber wir schauen uns mit unserem Partner Toyota genau an, wie sich die Wasserstoffinfrastruktur entwickelt – und versuchen das auch zu fördern, indem wir Nachfrage schaffen.“ Grundsätzlich hätte man aber alle Kernmärkte von BMW im Blick. Bei der Infrastruktur gibt es da aber noch sehr viel zu tun – in Deutschland beispielsweise gibt es gerade einmal 91 Wasserstofftankstellen. Und auch der Preis, der pro Kilo derzeit je nach Anbieter zwischen 15 und bis zu 18 Euro an der Tankstelle kostet, wird sich in Zukunft verringern, wettbewerbsfähiger werden, ist der BMW-Manager überzeugt.

Unabhängiger von globalen Lieferketten machen

Doch sind die Weichen in der Autoindustrie nicht bereits klar auf die E-Mobilität ausgerichtet? „Die Zukunft ist elektrisch, aber, wir legen uns bei BMW nicht auf einen Antrieb fest,. Warum glaubt man eigentlich, dass es nur eine Antwort auf die Dekarbonisierung des Verkehrs gibt?“, so Rath. Zudem biete Wasserstoff eine Vielzahl von Vorteilen. „Das fängt schon mit der schnelleren Betankung an. Das dauert nur unwesentlich länger als beim Verbrenner.“ Zudem bietet die Technologie noch einen weiteren, wichtigen Vorteil. „Die benötigten Ressourcen sind bei einem Wasserstoff-Auto andere als bei einem batterieelektrischen Fahrzeug, sodass wir uns unabhängiger von globalen Lieferketten machen und die Resilienz erhöhen können.“

Mit einem BMW iX5 Hydrogen an einer Tankstelle in Braunschweig. Der Kilopreis lag hier bei über 17 Euro. Foto: Mertens

So wie Rath davon ausgeht, dass mittelfristig der Preis für Wasserstoff an der Tankstelle sinkt, geht er auch davon aus, dass durch die Zusammenarbeit mit Toyota der Preis für die Technologie sinken wird. „Gehen Sie davon aus, dass unser Modell in 2028 von der Preispositionierung als auch von der Produktsubstanz sehr attraktiv sein wird“, so Rath. „Ich glaube, dass wir ab 2028 mit unserem FCEV-Modell zu einem Paradigmenwechsel beitragen werden, weil wir ein begehrliches Produkt anbieten werden.“

Und, was für ein Modell wird es zum Start sein? Ein SUV, wie der iX5 Hydrogen? Dazu will Rath momentan nichts sagen. Aber so viel sagt er doch. „Dieser Antrieb ist in einem breiten Modellangebot einsetzbar.“ BMW wird dann zwar nicht der erste Hersteller sein, der ein Wasserstofffahrzeug anbietet, aber der erste Hersteller im Premiumsegment. „Und das macht uns dann auch ein wenig stolz.“

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