Das kalkulierte Risiko

Kfz-Versicherungsklassen

In ein paar Wochen beginnt das übliche Spiel des Kfz-Versicherungswechsels. Bis zum 30. November muss das erledigt sein. Ein Einblick in ein schwer verständliches System.

Von Martin Woldt

Die Kfz-Versicherung hier zu Lande gibt sich nicht gerade leicht zugänglich und gilt der Allgemeinheit als ähnlich sperrig wie das Steuersystem. Da ist es im Grunde eine beruhigende Nachricht, wenn der Gesamtverband der Versicherer jetzt meldet, dass sich für 73 Prozent der Haftpflichtversicherten (Vollkasko 63 -, Teilkasko 61 Prozent) bei der jährlichen Neubewertung nichts ändert.

13,5 Millionen Fahrzeughalter betroffen

Sie bleiben in der jeweiligen Klasse des Vorjahres eingestuft, was Anfang 2010 zumindest ähnliche Kosten wie zu Beginn diesen Jahres erwarten lässt. Andererseits, um bei der Haftpflicht zu bleiben, ändert sich für etwa 13,5 Millionen Autobesitzer eben doch etwas. Die meisten Betroffenen wechseln unverschuldet in eine Stufe nach oben oder unten. Für die restlichen zwei Prozent kann es schon etwas mehr sein. Mit den Typenklassen versucht das Versicherungssystem die Schadenshäufigkeit der 20.033 registrierten Modelle abzubilden, um letztlich risikoträchtigere von risikoärmeren Autos zu unterscheiden und mit entsprechenden Prämien zu belasten.

Beispiel: Fiat Marea

Der Fiat Marea Foto: Fiat

Nicht immer bedeutet die Abstufung eines Fahrzeuges, dass es besonders häufig in Unfälle verwickelt war. So erklärt sich die um vier Klassen verschlechterte Einordnung des Fiat Marea, das Modellen mit der größten Klassenverschiebung, dadurch, dass die Kombiversion und die Limousine ab 2010 erstmals getrennt betrachtet werden. „Die Limousine hat mit 15.700 Einheiten im Markt eine Größenordnung erreicht, um sie von den im Verhältnis eher schadensunaufälligen 70000 Kombis getrennt betrachten zu können“, erklärt Christian Lübke vom GDV. Von Bedeutung für die Einstufung ist zugleich das unterschiedliche Nutzungskonzept. So unterstellen die Versicherer dem Kombi einen eher an Ladevolumen und Familientransport orientierten verhaltenen Fahrer, bei der Limousine einen eher länger reisenden, fahrspaßorientierten Piloten.

Beispiel: Mercedes E 220 CDI

Mercedes E-Klasse Foto: Mercedes

Eine ähnliche Differenzierung steckt hinter der von Klasse 21 auf 16 verbesserten Einstufung des Mercedes E220 CDI, der bislang mangels entsprechender Zulassungszahlen mit dem 270 CDI zusammengestuft war. Die inzwischen vorhandenen 10000 Einheiten im Markt sind seltener in Schadensfälle verwickelt, und wenn, dann ist die Intensität der Schäden geringer als beim 270 CDI. Auch hier spiegle sich in der Einstufung das Nutzerverhalten, erklärt Lübke. Mit seinem größeren Fünfzylinder würde der 270 CDI wesentlich intensiver auf langen Strecken genutzt. Ihr Unfallrisiko sei geringer. Was nun auch endlich in der Prämie honoriert wird. Es ist also neben der Unfallstatistik auch etwas Fahrzeugpsychologie im Spiel.

Extreme Regionalklassen

Die Veränderungen in den ab 2010 gültigen Regionalklassen sind ähnlicher Natur, wenn auch eher auf den Wohnort und nicht auf ein bestimmtes Modell bezogen. Für gut zwei Drittel aller Fahrzeughalter hat sich nichts verändert. In der Einteilung nach 12 Klassen spiegelt sich jeweilige Häufigkeit bestimmter Schadensfälle in einer Region. Das führt dazu, dass der günstigste Zulassungsbezirk im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis liegt, der wegen seiner flachen Landschaft nur wenige Unfälle provoziert. Oder das Gegenteil eben: der teuerste Zulassungsbezirk Kaufbeueren im Alpenvorland, der wegen seiner bergigen und kurvigen Landschaft als wesentlich unfallträchtiger gilt, was die Versicherer im übertragnen Sinne auch von Berlin behaupten.

Selber informieren

Regional- und Typklassen sind nicht verbindlich, werden von den jeweiligen Versicherern aber in der Regel verwendet. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie bei jedem Versicherer mit der gleichen Prämie bedacht werden. Wer sich über die Einordnung seines Fahrzeuges informieren will, tut dies am besten im Internet und hält die Schlüsselnummer von Hersteller und Fahrzeugtyp bereit.

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