Eine völlig neue Speed Triple bringt Triumph wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Bis auf die Elektronik gibt’s gute Noten.
Nachdem die britische Marke Triumph in der Liga der potenten Streetfighter PS-mäßig nicht mehr so richtig mit der Konkurrenz wie Ducati (Streetfighter V4) und KTM (1290 Superduke R) mithalten konnte, hat man zur neuen Saison die Speed Triple auf die Höhe der Zeit katapultiert. Immerhin war sie das Motorrad, das diese Klasse der nackten Racer erfunden hat.
Dabei begnügte man sich nicht mit leichten Retuschen und technischen Modernisierungen, sondern stellte ein komplett neues Bike auf die Räder, inklusive Motor. Da das Potenzial des alten Dreizylinders mit einem Liter ausgeschöpft war, konstruierte man einen neuen Dreier mit 1160 Kubik, der mit 180 PS nicht nur powerseitig auf Augenhöhe ist. Er wiegt auch satte sieben Kilo weniger als der Vorgänger. Am Ende steht ein Kampfgewicht von 198 Kilo.
Kontraststarkes Display
Modernisiert wurde auch die Elektronik samt Display, das nun farbig und kontraststark über jede Menge Daten Auskunft gibt. Bedient wird es per Joystick-Hebelchen unter dem Blinker, was auch während der Fahrt gut funktioniert. Der Pilot kann aus vier voreingestellten Fahrmodi (Rain, Road, Sport, Track) wählen, zudem lässt sich auch ein individualisiertes Programm namens Rider konfigurieren.
Das alles lässt sich schnell begreifen, und so sitzen wir auf und schenken uns die Montage des Beifahrerpads, denn dort dürfte sich niemand lange wohl fühlen – immerhin sind die Streetfighter direkte Ableger der Supersportler. Die Sitzposition ist relativ aufrecht, der Kniewinkel noch gut akzeptabel. Der Drilling erwacht sonorig zum Leben, sofern man die schlüssellose Zündung richtig bedient hat. Der erste Druck auf den Schalter erweckt sie nämlich zunächst (zögerlich) zum Leben, dann muss man – Triumph-typisch – die Kupplung ziehen und nochmal drücken. Das lässt sich indes mit einer Schnellstartfunktion umgehen. Den Schlüssel kann man übrigens vor Signalklau schützen, indem man ihn einfach abschaltet – gute Idee.
Drehzahlspaß bis 11.500 Touren
Also geht´s los, und man merkt sofort: Der erste Gang ist lang übersetzt. Der serienmäßige Schaltautomat für hoch und runter arbeitet zuverlässig und ohne zu hakeln, so dass die nächsten Gänge nur so reinflutschen. Der Drehzahlspaß endet bei 11.500 Touren; der Motor stellt die Kraft indes schon recht früh bereit. Bis gut 10.000 Touren zieht er kräftig durch, klingt nach oben hin etwas heller und schafft den Sprint auf 100 km/h in 3,2 Sekunden. Er bleibt manierlich, lässt sich gut dosieren und nervt nicht mit Lastwechselruckeln. Dem Vorwärtsdrang entgegen stehen Bremsen aus dem obersten Regal von Brembo: Die Stylema-Zangen haben die immense Power jederzeit im Griff und sind klasse dosierbar, auch wenn sie im Test bisweilen mit einigen Quietschgeräuschen auffielen.
Das Fahrwerk ist ebenso erste Sahne. Das Vorderrad wird von einer Nix30 Upside-Down-Gabel von Öhlins geführt, das Hinterrad von einem Öhlins TTX36 Doppelrohr-Monoshock gefedert und gedämpft; beide Bauteile sind voll einstellbar. Dazu passt die Serienbereifung mit den supersportlichen Metzeler Racetec K3, mit denen man durchaus auch auf Rennstrecken gute Zeiten erzielen kann, die aber zunächst auf Temperatur gebracht werden wollen und sich sehr schnell abrubbeln. Normale Sportreifen sind für Turns abseits der Rennstrecke eigentlich ausreichend.
Stoische Ruhe in den Kurven
So gerüstet inspizieren wir also kurvige Landstraßen und fühlen uns pudelwohl: Alles passt, die Sitzposition lässt auch längere Etappen zu, das Handling der Triumph ist klasse. Kurven durchzieht sie stoisch ruhig, liefert immer das nötige Feedback und zeigt, dass die Summe der hochwertigen Einzelteile durchaus ein fulminantes Ganzes ergeben. Die bereits erwähnte gute Dosierbarkeit der Bremsen sowie die je nach Fahrmodus früher oder später eingreifenden Assistenten (inklusive Kurven-ABS) setzen dem Vorwärtsdrang wirkungsvoll Grenzen. Auf Autobahnetappen muss man sich freilich zusammenfalten, um – mangels Verkleidung – dem Wind nicht zu heftig ausgesetzt zu sein.
Noch ein Wort zum Funkschlüssel: Der ermöglicht nicht nur die Zündung, sondern kann auch beim Tanken in der Tasche bleiben; das umständliche Herausfrickeln aus den Taschen entfällt also. Und tanken muss man ein wenig mehr als andere, denn mit 6,4 Liter im Schnitt unserer Touren ist der charakterstarke Drilling kein Kostverächter. Immerhin begnügt er sich mit Super E10.
Bleibt noch der Blick auf den Preis: 17.500 Euro erscheinen angesichts des Gebotenen nicht übertrieben und liegen unterhalb dessen, was die Konkurrenz verlangt. In der Basis unterbietet die BMW S 1000 R diesen Betrag zwar, doch ausstattungsbereinigt liegt auch sie deutlich darüber. Erwähnenswert auch: Die Speedy muss nur alle 16.000 Kilometer (oder einmal jährlich) zur Wartung. Kleiner Wermutstropfen: Beim letzten Start vor der Rücküberführung meldete zeigte die Elektronik einen Motorfehler an und der Schaltautomat funktionierte nicht mehr. Grund waren die leicht gelängten Züge der Auspuffklappe. Dennoch ist Triumph mit der neu erschaffenen Speed Triple ein richtig großer Wurf gelungen. Und das bei niedrigeren Kosten. (SP-X)