Redselige Autos helfen Unfälle vermeiden

Schreckensszenario auf der Landstraße: Hinter einer unübersichtlichen Kurve steht ein Pannenfahrzeug, der nachfolgende Verkehr kann nicht mehr ausweichen. Die Hersteller arbeiten daran, dass so etwas künftig vermieden wird.

Von Stefan Grundhoff

Eine Baustelle hinter der nächsten Kurve, ein unachtsamer Fahrer oder ein Krankenwagen zischt in die Kreuzung an. Alles kritische Verkehrssituationen wie man sie jeden Tag erleben kann. Schon bald könnten solche prekäre Situationen, daraus resultierende Unfälle und Verletzte der Vergangenheit angehören.

Größerer Wahrnehmungsbereich

Voraussetzung ist, dass die Autos von morgen miteinander reden. Alle großen Autohersteller basteln seit Jahren an Car-to-Car-Kommunikationssystemen, um Unfälle vermeiden zu können. „Mit der Car-to-Car-Technologie erweitern wir den Wahrnehmungsbereich des Fahrers, ohne ihn abzulenken oder gar zu entmündigen“, so Hans-Georg Frischkorn, bei General Motors zuständig für die Technologie-Entwicklung.

Doch ein Auto kann nur die Informationen an den nachfolgenden Verkehr weitergeben, die es selbst verarbeitet hat. Muss ein Auto an einer Fahrbahnverengung oder einer Baustelle abbremsen oder ausweichen, gibt es die Informationen in Sekundenbruchteilen an dem Umgebungsverkehr weiter. Die anderen Autos nehmen die Informationen auf und beurteilen, ob hieraus eine Gefahr für die eigene Wegstrecke entstehen könnte.

Die genauen Informationen über die etwaige Gefahr stammen aus verschiedenen Fahrzeugsensoren wie ABS, Airbags, ESP oder Regen- / Lichterkennung. Um den genauen Standort des Fahrzeugs zu bestimmen, muss der Wagen zusätzlich mit einem GPS-Sender ausgestattet sein.

Auf Gefahren vorbereitet

Hindernisse werden erkannt und der Fahrer gewarnt Foto: Werk

„Die Kosten hierfür liegen bei 300 bis 400 Euro. Ein Navigationssystem kostet deutlich mehr“, sagt Prof. Horst Wieker von der Hochschule des Saarlandes: Drehen zum Beispiel die Räder durch und sind Scheinwerfer sowie Scheibenwischer eingeschaltet, geht die Bordelektronik von einer glatten Fahrbahnoberfläche aus und gibt das auch so weiter.

Diese Datenfusion wird ähnlich einem drahtlosen Computernetzwerk per Wireless LAN von Auto zu Auto nach hinten geschickt. Vorteil: durch die Übertragung entstehen keine operationellen Kosten. Die Systeme von Opel, Volvo, BMW oder DaimlerChrysler arbeiten dabei komplett eigenständig. So wird der Fahrer nicht unnötig durch die Übermittlung und vom Verkehr abgelenkt. Bekommt er selbst eine sicherheitsrelevante Information auf einem Display, kann er diese umsetzen und seine Fahrweise an das Gefahrenmoment anpassen.

Einheitlichkeit nötig

Die Car-to-Car-Kommunikation geht mittelfristig noch einen Schritt weiter. Macht das vorausfahrende Fahrzeug eine Vollbremsung, wird der Fahrer über Notsignale wie einen vibrierenden Sitz oder ein großes Leuchtsignal im Display gewarnt. Ist der Zusammenprall wahrscheinlich, folgt eine automatisch eingeleitete Notbremsung. Zukünftig werden Fahrzeuge nicht nur in Notfallsituationen miteinander kommunizieren. Ebenso können Informationen über Staus, Baustellen, Parkplätze oder Verkehrshindernisse schnell untereinander weitergegeben werden.

Nähert sich ein anderes Auto, wird diese Information ausgetauscht Foto: Werk

In Sekundenbruchteilen ermittelt das Navigationssystem eine Ausweichroute, weil in der zu befahrenden Straße 500 Meter entfernt gerade der Müllwagen hält und für einen Stau sorgt. Die Technik der Car-to-Car-Kommunikation dürfte innerhalb weniger Jahre Einzug in die Autos von morgen halten. Hersteller wie Opel / GM, BMW oder DaimlerChrysler sind mit ihren Entwicklungen bereits weit fortgeschritten. Sicherheit ist jedoch nur dann gegeben, wenn die Autos markenübergreifend miteinander sprechen können - durch eine einheitliche Frequenz. „Es ist wichtig, dass alle Autohersteller an einem Strang ziehen. Nur so bringt eine Kommunikation zwischen verschiedenen Fahrzeugen etwas“, so Prof. Horst Wieker.

Die Reichweiten der Informationenstränge liegen derzeit bei 300 bis 1000 Meter; sollen zukünftig jedoch noch weiter wachsen. Doch selbst geringe Reichweiten bringen einen hohen Alltags- und Sicherheitsnutzen, da jedes Fahrzeug nicht nur als Sender oder Empfänger, sondern auch als Vermittler fungiert und relevante Daten an andere Fahrzeuge weitergibt. Um eine komplette Abdeckung des Straßenverkehrs zu haben, müssten nach Aussagen von Experten rund 15 bis 20 Prozent der Fahrzeuge kommunikationsfähig sein.

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