Volkswagen beurlaubt Cheflobbyisten Steg

Nach umstrittenen Tierversuchen

Volkswagen beurlaubt Cheflobbyisten Steg
Thomas Steg wurde auf eigenen Wunsch hin beurlaubt. © dpa

Die Debatte um umstrittene Tierversuche bei Abgastests hat bei Volkswagen zu einer ersten personellen Konsequenz geführt: Der Generalbevollmächtigte Thomas Steg wurde beurlaubt.

Der Vorstand habe ein entsprechendes Angebot des Generalbevollmächtigten für Konzern-Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit angenommen, teilte VW am Dienstag in Wolfsburg mit. Ein BMW-Sprecher sagte zu massiver Kritik an den Tierversuchen: „Wir haben umgehend interne Untersuchungen begonnen, die dauern an.“

Die EU-Kommission erwartet nach den Enthüllungen zu Diesel-Abgastests am Affen rasche Aufklärung. Volkswagen kündigte an, auf Tierversuche verzichten zu wollen. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erklärte: „Das Präsidium des Aufsichtsrats wird sich in der kommenden Woche über den Stand der Untersuchungen informieren lassen. Wir werden sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen.“

Steg übernimmt Verantwortung

Steg wird nach VW-Angaben bis zur vollständigen Aufklärung der Vorgänge von seinen Aufgaben entbunden. „Wir sind dabei, die Arbeit der 2017 aufgelösten EUGT genau zu untersuchen und alle nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen“, betonte Vorstandschef Matthias Müller der Mitteilung zufolge. „Herr Steg hat erklärt, die volle Verantwortung zu übernehmen. Dies respektiere ich.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, stellte „eine Welle der Empörung“ nach den Meldungen über Tierversuche fest: „Es ist deswegen richtig, dass der VW-Vorstand im Zusammenhang mit der vollständigen Aufklärung der Vorgänge auch prüft, wer für die Beauftragung der Studie verantwortlich war.“ Vor diesem Hintergrund halte er die Beurlaubung Stegs für „folgerichtig und unausweichlich“.

 

Wie Volkswagen am Dienstag in Wolfsburg mitteilte, hat der Vorstand in seiner heutigen Sitzung das Angebot von Steg angenommen, ihn zu beurlauben. Damit zog der Autobauer die erste Konsequenz im Zusammenhang mit den durch die Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) finanzierten Tierversuchen.

Steg übernimmt Verantwortung

„Wir sind dabei, die Arbeit der 2017 aufgelösten EUGT genau zu untersuchen und alle nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Herr Steg hat erklärt, die volle Verantwortung zu übernehmen. Dies respektiere ich“, sagte der VW-Vorstandschef Matthias Müller. Die von BMW, Daimler und VW  betriebene EUGT hatte Tests mit Affen und Menschen finanziert. Die Probanden waren Stickoxiden ausgesetzt worden. Negative Folgen sollen die Versuche für sie nicht gehabt haben. VW hat sich von den Versuchen distanziert und dafür entschuldigt.

Der Autobauer teilte mit, dass die Untersuchungen der Vorgänge weiter mit Hochdruck vorangetrieben würden. Die Aufgaben des bisherigen Generalbevollmächtigten, der die Konzernaußenbeziehungen und Nachhaltigkeit verantwortete, werden kommissarisch von Jens Hanefeld übernommen, der bei VW den Bereich Internationale und Europäische Politik leitet.

Steg wurde 2012 Generalbevollmächtigter des VW-Konzerns für Außen- und Regierungsbeziehungen – der Posten ist zwischen den Prokuristen und der Vorstandsebene angesiedelt. Er sollte für VW vor allem seine guten Kontakte in die Politik nutzen. Steg war von 2002 bis 2009 stellvertretender Sprecher der Bundesregierung.

Kritik aus Politik hält an

Die Kritik aus der Politik an den Abgastests hält an. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Was da berichtet wird, ist einfach schockierend. Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben.“

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nannte die Versuche „verantwortungslos“. Sie erinnerte in Brüssel an die Vorwürfe der vergangenen zwei Jahre gegen die Autoindustrie – von betrügerischer Software über ungeklärte Kartellabsprachen bis hin zu den „unethischen Versuchen“. Im Ergebnis bedeute dies: „Es könnte eigentlich niemand, der der Automobilindustrie bewusst schaden will, so viel Schaden anrichten, wie die es selber machen.“

Die Grünen im Bundestag forderten, die Bundesregierung müsse schnell Antworten darauf geben, seit wann sie von den Affen-Versuchen wusste und ob öffentliche Gelder an die EUGT gezahlt wurden, um diese „menschen- und tierverachtenden Methoden“ zu finanzieren.

Mitten in der Debatte kündigte der Verband der Automobilindustrie (VDA) eine Initiative zur Luftreinhaltung in Städten an. Ziel sei es, gemeinsam mit den betroffenen Städten zu prüfen, was getan werden und welchen Beitrag die Autoindustrie dabei leisten könne. VDA-Präsident Matthias Wissmann, der zum 1. März von Ex-Ford-Manager Bernhard Mattes abgelöst wird, sagte: „Dieses Engagement zeigt, Hersteller und Zulieferer nehmen ihre Verantwortung wahr.“ (AG/dpa)

 

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