Mit der Street Bob hat Harley-Davidson die Tradition der coolen Bikes mit hohem Lenker fortgesetzt. In Kürze kommt das Nachfolgemodell. Wir sind das alte Bike noch einmal Probe gefahren.
Von Heiko P.Wacker
Die Dyna-Baureihe hat Harley-Davidson nun schon seit 1971 im Programm. Damals hatte der Film «Easy Rider» für eine große Nachfrage nach schlanken Motorrädern mit großem V2-Motor gesorgt. Bevor Harley in Kürze ein überarbeitetes Modell der bislang 12.865 Euro teuren Street Bob auf den Markt bringt, haben wir die alte Maschine noch einmal einem Test unterzogen.
Klare Linienführung
Die Street Bob überrascht den Fahrer vor allem mit einer wunderbar klaren Linie. Kein Schnickschnack, kein Zierrat - nichts stört den puren Charakter. Angefangen von der langen Gabel über den klassischen «Apehanger»-Lenker, den mächtigen Motor bis hin zum schlanken Heck kann man das Motorrad als ein Monument der Coolness bezeichnen. Insofern genügt auch ein einzelner, knapp 66 Zentimeter tiefer Sitz. Echte Easy Rider sind eben stets auch einsame Reiter.
Langeweile kommt trotzdem keine auf. Denn der 1449 ccm große V2 sorgt für Leben unter dem Sattel. Begleitet von einem sonoren Beat liefert er eine Leistung von 54 kW/73 PS bei 5450 Touren, während das maximale Drehmoment von 106 Nm bei 4000 U/min ansteht. Das ist zwar nicht gerade rekordverdächtig, doch darum geht es dem von einer elektronischen Einspritzung befeuerten Aggregat auch gar nicht. Vielmehr steht diesem der Sinn nach souveräner Kraftentfaltung, was sich bereits beim Start offenbart. Es ist immer wieder aufs Neue eine Lehrstunde in Sachen Maschinenbau, wenn der Anlasser mit trockenem Schlag in Aktion tritt, um den luftgekühlten Motor mit einem satten metallischen Knallen in Schwung zu bringen. Harleys setzen eben auch gerne akustische Maßstäbe.
Kraftvoller Stil
Einmal in Fahrt überrascht die Street Bob mit ihrem souverän kraftvollen Stil. Ein echter Fortschritt ist hierbei das Sechsganggetriebe, dessen letzter Gang als Overdrive ausgelegt ist. Die 73 Pferdestärken ermöglichen notfalls sogar Tempo 190. Doch wirklich gern fährt man das nicht, denn für hektische Einlagen ist diese Harley nicht zu haben. Ihr Metier ist die genussorientierte Fortbewegung bei moderaten Tempi.
Selbst auf der Autobahn pendelt man sich bei 130 km/h ein; hinter dem hohen Lenker muss man sonst regelrecht gegen einen Orkan ankämpfen. Wer jedoch die nötige Gelassenheit besitzt, der wird mit der Street Bob viel Freude haben. Erst recht gilt dies an der Tankstelle, da der Verbrauch bei 5,4 Litern Superbenzin liegt. Der 17,8 Liter große, nicht abschließbare Tank erlaubt daher Distanzen von rund 330 km.
Bezüglich der technischen Rahmenbedingungen wie Fahrwerk, Riemenantrieb oder Bremsen gibt es nichts zu beanstanden. Alles funktioniert und ist der mit 305 Kilogramm Gewicht nicht gerade leichten Street Bob vollauf gewachsen. Einzig der Seitenständer könnte etwas länger sein, muss man ihn bei einem Stopp doch mühsam unter dem Motor suchen. Auch die Fußrasten dürften für groß gewachsene Zeitgenossen gerne einen Tick weiter vorne montiert sein. Spätestens in diesem Zusammenhang empfiehlt sich ein Blick in die Zubehörliste, die mehr als nur vorverlegte Rasten bietet, um die Street Bob aufzupeppen und damit den einsamen Ritt in den Sonnenuntergang noch zu versüßen.
Doch die Zeiten der alten Street Bob sind gezählt. Spätestens ab dem 2. September steht die Neue nach Angaben eines Harley-Sprechers bei den Händlern. Die Neue wird dabei über den neuen Motor «Twin Cam 96» mit dann 1584 ccm Hubraum verfügen. Er hat im Vergleich zur Vorgängerin mit 76 PS nicht nur mehr Leistung, sondern auch ein höheres Drehmoment. Es liegt bei 123 Nm. Neben einem neuen Motor erhält die Neue Street Bob auch eine neu gestylte Anzeigentafel mit erweitertem Umfang. Insgesamt wurden bei der Nachfolgerin 700 Teile modifiziert. Die alte Street Bob wird jedoch noch einge gewisse Zeit erhältlich sein.