BMW R 1250 GS Adventure: Bis ans Ende der Welt

BMW R 1250 GS Adventure: Bis ans Ende der Welt
Die BMW R 1250 GS Adventure hinterlässt auch Offroad einen guten Eindruck. © BMW

Das ist sie nun, die neue BMW R 1250 GS Adventure. Ihr Erscheinungsbild ist so respekteinflößend wie ihr Gewicht von 286 Kilogramm. Kann das im Gelände gut gehen?

Soviel vorab: es kann. Wir sind unterwegs von Granada auf möglichst direktem Weg nach Süden ans Mittelmeer. Dabei überqueren wird den fast 2000 Meter messenden Gebirgszug der Sierra de Almijar. Das bedeutet, dass mehr als ein Viertel der 190 Kilometer langen Strecke keinen Meter Asphalt aufweisen wird.

„Schon die R 1200 GS Adventure war unser ultimatives Fernreisemotorrad für Touren auch über Stock und Stein“, sagt Projektmanage Rainer Fings. „Und mit dem neuen, noch stärkeren und zugleich kultivierteren Motor macht auch das Offroadfahren noch mehr Spaß“, fügt er hinzu.

Adventure mit 96 Zentimeter Breite

Die einschüchternden Daten – in den Unterlagen ist die Rede von 268 Kilogramm Leergewicht, luftigen 89 Zentimetern Sitzhöhe und einer Gesamtbreite von fast 96 Zentimetern – in Verbindung mit der massig-muskulösen Gestalt eines Wrestlers auf Rädern lassen spontan Zweifel an diesen Worten aufkommen, heißt es doch, dass üblicherweise ein Mehr an Fahrzeuggewicht den Offroadspaß reduziert.

Fast 290 Kilogramm: die BMW R 1250 GS Adventure ist ein Schwergewicht. Foto: BMW

47.436 Fahrzeuge vom Typ R 1200 GS hat BMW Motorrad in diesem Jahr bis Ende November weltweit ausgeliefert; 20.636 oder 43,5 Prozent davon entfielen auf die wuchtige Adventure-Version, BMW-intern die „Dicke“ genannt. Auch wenn man weiß, dass viele GS nie oder nur selten Schotter unter die Räder kriegen: Die Beliebtheit dieses Modells lässt einen staunen. Freilich nur so lange, bis man in der Früh bei dürftigen 6 Grad auf der noch sonnenlosen Autobahn von Granada aus südwärts düst, den bei der HP-Version gekürzten Windschild nach oben gedreht, bei der Griffheizung genügt Stufe 1.

Boxermotor mit 136 PS

Sonor brummt der 136 PS leistende Boxermotor bei 120 km/h mit gerade mal 4.000 Touren sein unternehmungslustiges Lied von der Eroberung der Ferne. Der kaum geöffnete Gasgriff verordnet den Einlassnocken in den Zylinderköpften Arbeit auf Sparflamme, doch das geringste Zucken der rechten Hand lässt binnen nur 10 Millisekunden die Volllastnocken aktiv werden: „Feuer frei!“ schallt es aus den beiden Verbrennungsräumen, blitzartig jubelt der Boxer in den höchsten Tönen bzw. Drehzahlen. Gelassenheit einerseits und Power-ohne-Ende andererseits angesichts von 143 Nm Drehmoment – so fühlt sich der neue Boxermotor in der schweren GS-Adventure an.

Eine zweite, ebenso überzeugende Seite zeigt er nach dem Wechsel von Asphalt auf einen steilen, von losem Gestein bedeckten Karrenweg und dem Aktivieren des Fahrmodus „Enduro Pro“: Das ABS greift jetzt später, die Traktionskontrolle lässt viel Schlupf am Hinterrad zu, ohne die Leistung zu begrenzen. Je nach Gasgriffstellung fliegen die Steine mehr oder weniger weit; jede winzige Veränderung am Gasgriff wird spürbar, auch bei Drehzahlen von unter 1500 U/min. signalisiert der Boxer noch seinen Lebensdrang und löst Glücksgefühle aus.

Zuverlässig unterwegs

Obwohl der Untergrund zerfurcht und von Gestein aller Art verunstaltet ist, findet das stabile 19 Zoll-Kreuzspeichenrad stets zuverlässig seinen Weg. Ehrfurcht macht sich breit: Wie gelingt es nur den BMW-Burschen, einem solchen Zweiradbrocken dermaßen kultivierte Umgangsformen anzuerziehen? 21 Zentimeter Federweg vorne und gar deren 22 hinten, das optionale Dynamic-ESA-Fahrwerk, die bestens dosierbaren Brembo-Bremsen, die schlicht perfekte Gasannahme – alles greift so fein abgestimmt ineinander wie die -zig Kräuter in einer Gourmet-Création von Paul Bocuse selig.

Klar ist BMWs Boxer-GS seit jeher ein Motorrad, an dem jedes, wirklich jedes Detail auf kühle Funktionalität ausgelegt ist. Ist man aber, stundenlang, auf anspruchsvollem Untergrund – stufige Karrenwege, extrem kurvenreiche Asphalt-Bergstraßen und allem, was dazwischenliegt – unterwegs, offenbart die R 1250 GS Adventure ihren ganzen Charme: „Du kannst dich auf mich verlassen, ich bringe dich bis ans Ende der Welt, wenn du willst“, flüstert sie ihrem Fahrer zu und stabilisiert damit dessen mitunter doch leicht ins Wanken geratendes Selbstvertrauen.

Mindestens 17.7000 Euro werden fällig

Die BMW R 1250 GS Adventure bietet trotz ihres Gewichts ein gutes Handling. Foto: BMW

17.700 Euro muss ein Käufer für solche Zuwendung mindestens ausgeben; das prächtige TFT-Display und LED-Scheinwerfer sind mittlerweile im Serien-Lieferumfang enthalten. Das volle, auf dieser Tour empfundene Ausmaß an Fürsorglichkeit kostet allerdings einige Tausender mehr: Erst der Kauf von vier zusätzlichen Ausstattungspaketen stellt die vielen Annehmlichkeiten bereit, vom sehr feinfühlig agierenden Dynamic-ESA über das LED-Tagfahrlicht bis zum Kurven-ABS und dem an diesem Tag sehr nützlichen Fahrprogramm Enduro Pro. Gut 22.000 Euro ist man dann los, hat aber immer noch kein Navi und keine Aluboxen fürs ganz große Reisegepäck.

Es geht aber auch, zumindest für kürzere Touren, ohne das sehr hochwertige Gepäcksystem: Im hauseigenen Zubehörangebot findet sich ein wasserdichtes Softbag zum Preis von 140 Euro, das auf dem stabilen Edelstahl-Gepäckträger sicher fixiert werden kann. Es fasst immerhin die für einen Wochenendtrip nötigen persönlichen Utensilien; in Verbindung mit dem passgenauen Tankrucksack ist man bestens versorgt. Auf diese Weise bleibt die „Dicke“ relativ schlank. Sollte unterwegs eine Sozia zusteigen wollen, ist zumindest für stete Fahrsicherheit gesorgt: Die jüngste Ausbaustufe des Dynamic-ESA hält die GS bei einer Veränderung der Beladung automatisch im Lot. (SP-X)

Keine Beiträge vorhanden

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein
Bitte geben Sie Ihren Namen ein